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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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ich mich verteidigen. »Kann mir jemand endlich einmal sagen, was passiert ist?«
    »Sie haben sie umgebracht!«, platzt der Junge heraus, dabei funkelt er mich anklagend an. »Und wenn Ihr es nicht wart, war es der andere Mann, und wenn der es nicht war, war es der Teufel selbst!«
    Als ich die Worte laut ausgesprochen höre, stelle ich fest, dass ich etwas Derartiges geahnt habe; das Gefühl drohenden Unheils, das mich beschlichen hatte, als mir Abigails Abwesenheit aufgefallen war, war bis zur Stunde ständig stärker geworden, dennoch erschreckt mich der schonungslose Ausbruch des Jungen. Sonach hat der Mörder doch einen Weg gefunden, um Abigail in eine Falle zu locken, denke ich benommen, während ich versuche, einen Sinn in der Geschichte des Jungen zu finden. Obwohl ich die Botschaft nicht geschickt habe, trage ich eindeutig die Verantwortung für das Geschehene.
    Leicester stößt sich ohne Eile von der Wand ab, streckt sich, nickt Walsingham zu und deutet dann mit einem kaum merklichen Nicken auf die Tür. Walsingham bedeutet ihm mit erhobenem Zeigefinger, noch etwas zu warten.
    »Du warst uns eine große Hilfe, Jem«, wendet er sich freundlich an den Jungen. »Eine Frage habe ich noch. Glaubst du, dieser Mann hat eigens auf dich gewartet, damit du die Nachricht überbringst?«
    »Nun – ja, Sir.« Der Junge zwinkert heftig, als wittere er eine neuerliche List. »Weil ich schon einmal eine Botschaft überbracht habe, seht Ihr? Ich nehme mal an, irgendwie muss er das gewusst haben.«
    »Was für eine Botschaft?« Jetzt ist Walsinghams Stimme wieder messerscharf.
    »Eine von Lady Abigail für ihn.« Er zeigt auf mich. »In die Fleet Street, Sir. Ich musste den halben Tag im Stall warten, und die französischen Jungen haben gedroht, mich zu verprügeln.« Er fletscht die Zähne, als würde die Erinnerung noch immer an ihm nagen.
    »Danke. Ich möchte, dass du jetzt mit dem Sergeant mitgehst, Jem. Vielleicht haben wir später noch Fragen an dich. Wenn du dich an weitere Einzelheiten über den Mann mit dem Hut erinnern kannst – seine Stimme, sein Gesicht, seine Statur, alles, was uns helfen könnte –, dann musst du es unbedingt sagen.«
    »Es ist meine Schuld, nicht wahr?« Der Junge blickt plötzlich zu Burghley, dessen großväterliche Ausstrahlung ihn weniger Furcht einflößend erscheinen lässt als Walsingham und mich. »Hätte ich ihr diese Botschaft nicht ausgerichtet, wäre sie jetzt nicht tot, oder? Ich bin schuld – für einen lausigen Schilling!« Er bohrt sich die Faust in den Mund und sieht aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Sie war immer nett zu mir, die Lady Abigail. Nicht so wie manche andere.«
    Burghley legt ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Schuld hat allein der verderbte Mann, der sie getötet hat. Und mit deiner Hilfe werden wir ihn finden, damit er niemandem mehr etwas zuleide tun kann.«
    Der Junge wirft mir über die Schulter hinweg einen letzten Blick zu, als der Wachposten ihn aus dem Raum geleitet.
    Nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hat, richten die drei Mitglieder des Kronrats ihre Augen fest auf mich.
    »Eine Botschaft, Bruno?« Walsingham verschränkt die Arme vor der Brust.
    So knapp wie möglich lege ich dar, was ich mit Abigail Morley zu schaffen gehabt hatte; berichte von dem Besuch des Küchenjungen sowie meinem Treffen mit Abigail am Holbeintor, wo sie mir den Beutel mit Cecily Ashes Schätzen ausgehändigt hatte und mich zum ersten Mal der Verdacht beschlich, dass wir beobachtet würden. Dann beschreibe ich die Entdeckung, die Dee und ich bezüglich des Parfüms gemacht haben, und erzähle von meiner Vermutung hinsichtlich der Bedeutung des goldenen Siegelrings, den ich aus meinem Wams nehme und Walsingham übergebe. Er dreht ihn zwischen den Fingern und nickt, während ich mit meiner Geschichte fortfahre. Als ich zum Ende komme, betrachten mich die drei Männer einen Moment schweigend. Ich kann fast sehen, wie es in ihren Köpfen arbeitet.
    »Sie werden Edward Bellamy aus dem Tower entlassen müssen.« Burghley ergreift als Erster das Wort, dabei knetet er seine dicklichen Finger.
    Walsingham macht auf dem Absatz kehrt, stapft durch den Raum und öffnet und schließt die Hände wie eine Katze, die ihre Krallen ausfährt. Ich habe ihn noch nie so beunruhigt erlebt – und noch nie so bestrebt, es sich nicht anmerken zu lassen. Endlich bleibt er stehen und fixiert mich mit einem so grimmigen Blick, dass ich zusammenzucke.
    »Euch ist es

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