Frevel: Roman (German Edition)
nichts Verdächtiges ausmachen, nur zwei Männer kommen tief in ein Gespräch verstrickt auf mich zu. Ich atme tief durch. Trotz des Regens gehen viele Londoner ihrem Tagewerk nach, und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht von Dumas’ Nervosität anstecken lasse und überall Gespenster sehe. Ich ziehe mir die Krempe meines Hutes tiefer in die Stirn und gehe weiter, aber meine Hand ruht nur für den Fall eines Falles auch weiterhin auf dem Griff meines Dolches.
Die Creed Lane verläuft westlich des Kirchhofs von St. Paul’s, und die schmale Straße wimmelt bereits von Menschen, die sich mit scharfen Beschimpfungen gegenseitig anrempeln, während sie versuchen, sich und ihre Waren vor dem Regen zu schützen. Gerade als ich die Schänke erreiche, legt sich eine Hand auf meine Schulter. Wieder zucke ich zusammen, und meine Finger schließen sich instinktiv um das Messer, als ich mich umdrehe und in das grinsende Gesicht von Archibald Douglas blicke. Sein Atem riecht bereits stark nach Bier, doch seine Augen funkeln klar und mutwillig.
»Bruno! Dachte mir doch, dass Ihr das seid. Habe Euren Hut in der Menge erkannt. Was führt Euch in diesen Teil der Stadt?«
Augenblicklich auf der Hut mustere ich ihn aus schmalen Augen argwöhnisch. Soweit ich weiß, hat mich Douglas noch nie mit Hut gesehen, außerdem ist meiner aus schwarzem Leder wie der jedes zweiten Mannes in London. Könnte es Douglas sein, der mir heimlich folgt?
»Bücher«, erwidere ich, mühsam um Fassung ringend, »ich will mir die Stände der Buchhändler vor St. Paul’s ansehen.«
»Ich glaube nicht, dass die Bücher, die Ihr bevorzugt, an öffentlichen Ständen verkauft werden.« Er blinzelt mir zu und legt mir einen Arm um die Schultern, als er die Tür aufstößt. »Kommt, ich lade Euch zu einem Humpen Bier ein.«
Sein plötzliches Auftauchen und die Jovialität, die er an den Tag legt, stimmen mich misstrauisch, aber da ich so offensichtlich auf dem Weg in die Schänke war, kann ich sein Angebot unmöglich ausschlagen, ohne Verdacht zu erregen, also lasse ich mich achselzuckend in den dampfenden Schankraum führen, wo der Geruch nach nasser Wolle mit dem von Pasteten und Bier wetteifert.
Douglas drängt sich durch das Gewühl vor Nässe triefender Menschen, die hier vor dem Wolkenbruch Schutz gesucht haben, und bestellt bei einem Schankmädchen, das in jeder Hand zwei Humpen trägt und flucht, als etwas von ihrem Inhalt überschwappt, Bier.
»Passt auf Taschendiebe auf«, warnt er mich über die Schulter hinweg, dann bleibt er stehen, blickt über meinen Kopf hinweg zur anderen Seite des Raumes hinüber, verzieht das Gesicht und murmelt: »Verdammt.« Als er einen Ecktisch erreicht, bedeutet er den anderen Gästen, auf der Bank zusammenzurücken und uns Platz zu machen, was sie leise murrend auch tun. Douglas hat etwas seltsam Zwingendes an sich; obwohl ich ihn nicht mag, möchte ich ihn nicht zum Feind haben, und da er so offenkundig zu den Verschwörern von Salisbury Court gehört, wäre es töricht, die Gelegenheit, ihm genauer auf den Zahn zu fühlen, nicht zu nutzen. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass er beschlossen hat, mir auf den Zahn zu fühlen.
Als wir sitzen und unser Bier vor uns stehen haben, beugt er sich vor. »Ihr werdet nie erraten, wen ich gerade dort hinten gesehen habe.« Ohne meine Antwort abzuwarten schnauft er Bierschaum versprühend: »William Fowler.«
»Fowler? Tatsächlich?« Ich konzentriere mich auf den Humpen vor mir. Armer Fowler, ich frage mich, ob er mich mit Douglas hat hereinkommen sehen, nachdem ich ihn über eine halbe Stunde habe warten lassen. Ich kann nur hoffen, dass er so gut wie ich weiß, dass man in unserem Geschäft seine Pläne manchmal von einem Moment zum anderen ändern muss.
»Aye. Was haltet Ihr von ihm?«
»Von wem – von Fowler?« Douglas’ Frage reißt mich aus meinen Überlegungen; er hat sich noch weiter vorgebeugt und fixiert mich scharf. Ich zucke die Achseln. »Ich kenne ihn kaum. Er scheint zu den stillen Zeitgenossen zu gehören.«
»Aye.« Douglas nickt und trinkt geräuschvoll einen großen Schluck. »Das tut er allerdings. Er hält sich ziemlich für sich.« Mit einem tintenfleckigen Zeigefinger tippt er auf den Tisch. »Lord Howard hegt den Verdacht, dass sich jemand an der Post zu schaffen macht. An der für Königin Maria, meine ich.«
»Wie kommt er denn darauf?« Ich bin gezwungen, mich ebenfalls weiter nach vorne zu lehnen, sein schottischer Akzent
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