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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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können als in Berlin, der kunstfreudigen Hauptstadt eines musikbegeisterten Königs?! Auf also nach Berlin! ... Astrua? -- Nun, man hatte über die Liebe in des Daimons Schule anders denken gelernt! Man würde der Stolzen höchstens zu zeigen haben, wie gleichgültig einem die Weiber waren! Nicht ausgeschlossen jene andere Zerstörerin seines Lebensglückes, Antonie! ... Wie es ihr wohl ergehen mochte, der Treulosen? ... Na ja, vollkommen gleichgültig war auch das, -- aber schließlich kam es nicht darauf an, einen Umweg zu machen und über Dresden zu fahren!
    So rollte denn bei herrlichstem Reisewetter, das die Übergangstage vom August in den September bescherten, das Fuhrwerk gemächlich auf der Landstraße dahin. Naumburg wohlweislich vermeidend, nahm es seinen Weg über Jena und Gera nach Chemnitz, dann weiter über Freiberg und Tharandt. In den Orten, die man unterwegs berührte, vernahm man mancherlei Bedenkliches von einem Vormarsch der Preußen. Friedemann war das Gemunkel gleichgültig, den Kutscher aber erfüllte es doch mit Besorgnis; in Chemnitz konnte er nur noch durch das Versprechen einer besonderen Vergütung zur Weiterfahrt bewogen werden, in Freiberg streikte er endgültig. Die wildesten Gerüchte schwirrten durch die Luft, und jeder, der sie hörte, trug sie, von der eigenen Angst noch um eine Schattierung schwärzer gefärbt, dem Nachbarn zu. Nur soviel schien gewiß, daß Dresden noch frei, der Hof aber schon geflüchtet war und jede Stunde die feindliche Besetzung bringen konnte. »Bravo!« -- Friedemann vermochte die Äußerung nicht zu unterdrücken -- »dann ist die Alte mit ihrer Tochter gewiß noch dort, und wenn der preußische Fritz in der Residenz aufräumt, wird der frühere Musiklehrer den Kehraus dazu spielen!«
    Die fürstliche Entlohnung, die Friedemann für eine sofortige Fahrt nach Dresden ausgesetzt hatte, bewog einen armen Teufel von Fuhrmann, seinen elenden Karren anzuspannen und aus dem Pferd herauszuholen, was an Kräften in ihm war. Am frühen Nachmittag hatten sie bereits Tharandt hinter sich gelassen, und es stand nun fest, daß man Dresden noch vor Anbruch der Dunkelheit erreichen würde. Je mehr sie sich aber der Stadt näherten, desto stiller, merkwürdig still, wurde es um sie her; kein Militär begegnete ihnen, keine Flüchtlinge kreuzten mehr ihren Weg. Sollte der Feind schon ...? Friedemann trieb den Kutscher zu noch größerer Eile an.
    Die Straße durchschnitt ein Gehölz. Und wie aus dem Boden gewachsen, stand plötzlich die Gestalt eines zerlumpten Buben da, trabte neben dem Wagen her und streckte bettelnd die Hand aus. Friedemann warf ihm ein Geldstück zu. Sofort bekamen die Bäume Leben. Hier tauchten zwei Männer, dort eine Frau, ein paar Kinder hinter ihnen hervor und jammerten laut um ein Almosen.
    »Geben Sie nichts, Herr!« warnte der Kutscher, »Sie werden sonst das Teufelsvolk nicht mehr los. Es sind Zigeuner, und wo die sind, ist der Feind nicht mehr weit.«
    Aber schon war eine Handvoll kleiner Münzen unter die Bettlerschar geworfen. »Mehr, mehr! Gib uns mehr!« tönte es ihm als Dank entgegen, und ein Haufe weiteren Gesindels gesellte sich dem ersten zu. »Du bist reich! Her mit deinem Gelde!« Der Wagen wurde angehalten.
    Friedemann zog mit erheuchelter Ruhe seinen Degen: »Diese Silberstücke noch, dann ist's genug! Wer mir zu nahe kommt, mag sich vorsehen!«
    Ein kurzes Signal, aus einem Kuhhorn ausgestoßen, erschallte, und unversehens wie sie erschienen waren, verschwanden die halbnackten Gesellen wieder. Nur ein junges Frauenzimmer stand noch beim Wagen und sah den Reisenden mit einem brennenden Blick aus den dunklen Augen an: »Mir auch, schöner Herr!«
    Friedemann griff in die Tasche, gab ihr, was seine Hand gerade faßte; es waren drei Goldstücke. Erstaunt wechselten die Blicke der Zigeunerin von dem Geld zu dem großzügigen Spender: »Schmeißt du so damit um dich? Wirst's noch einmal bitter brauchen können!« Und auch sie war im Gebüsch untergetaucht.
    Als der Abend dämmerte, fuhr Friedemann Bach durch das Leipziger Tor unbehelligt in dem außer Rand und Band geratenen Dresden ein; in einer Ausspannung in der Kleinen Meißnergasse nahm er Quartier. Er hielt sich jedoch nur solange darin auf, als es brauchte, seine geleerte Geldbörse aus der Brusttasche wieder aufzufüllen; es drängte ihn ins Stadtinnere.
    Dort war alles mutlos, alles atmete Verteidigung. Die Elbebrücke hatte einen Verhau erhalten, zwischen dem sich die

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