Friedemann Bach
werden begann, entzog er ihr kurzerhand die monatlichen Gelder, die sie für sich und ihren Hofstaat benötigte. Josepha legte Verwährung dagegen ein, aber Friedrich ließ ihr sagen, sie möchte sich an ihren Herrn Gemahl wenden. Der Königin blieb nichts anderes übrig, als ihre Residenz zu verlassen. Sie verweilte einige Zeit in München und trat dann, an Leib und Seele gebrochen, die Reise nach Polen an. Aber unweit ihres Zieles starb sie, ohne den Gatten wiedergesehen zu haben.
Zur gleichen Zeit wurden von Friedrich sämtliche Güter des Ministerregenten (im Wert von acht Millionen) zugunsten das Staates beschlagnahmt, und die Gräfin Brühl, die das Unglück ihrer Familie aufzuhalten vermeinte, wenn sie auf eigene Hand intrigierte, wurde durch eine Kabinettsorder zu ihrem Manne nach Polen ausgewiesen. Ehe sie aber zu ihm reisen konnte, erlag auch sie ihren vielfachen Leiden.
Im Jahre 1762 begann endlich die Friedenssonne ihre ersten matten Strahlen über das verödete Sachsen zu ergießen. Kurprinz Christian und seine Gemahlin Antonie kehrten zurück und trugen sofort Sorge, durch Ankauf von Lebensmitteln aus Böhmen der furchtbaren Hungersnot abzuhelfen. Die Bewohner Dresdens strömten vor die Tore, ihrem geliebten Prinzen entgegen, von dem sie eine bessere Gestaltung der Zukunft erhofften. Zum erstenmal seit langer Zeit hielten wieder Freude und Zuversicht ihren Einzug in die Herzen der Menschen.
Sobald als angängig richtete denn auch im Namen des Kurprinzen der Etatsminister von Fritsch an den in Meißen weilenden preußischen König die Anfrage, ob er zum Frieden geneigt sei, und Friedrich, der Christian persönlich sehr hoch schätzte, ging willig darauf ein. Die Verhandlungen begannen und führten am 15. Februar 1763 zum Frieden von Hubertusburg, einem Jagdschloß in der Nähe Grimmas.
Der Friedensschluß brachte auch König August III. und Brühl, den Unzerstörbaren, nach Dresden zurück. Der Regent war alt und wunderlich geworden, und seine Josepha, die er sonst stets vernachlässigt hatte, fehlte ihm überall. Gebückt und finster schritt der Minister, einst so strahlend und siegesstolz, einher; seine Gemahlin war tot, sein Palast zerstört, sein Vermögen mußte er erst wieder von der Konfiskation befreien. Vollkommen passiv der eine, unlustig der andere: so begannen August und Brühl die Zügel des Regiments wieder zu ergreifen.
Am 5. Oktober, gerade als man die Vorbereitungen zur Namenstagsfeier des Königs traf, wurde August III., während er sich beim Diner mit Brühl unterhielt, vom Schlag gerührt. Man brachte ihn sofort in seine Gemächer -- er war tot.
Des Ministers Antlitz wurde aschfarben, seine Augen umflorten sich; er taumelte, seinen Wagen verschmähend, zu Fuß nach Hause. Tränenlos saß er die Nacht über in einem Sessel und stierte vor sich hin. So fand ihn der Oberhofmeister des Kurprinzen, Baron von Wackerbarth, am anderen Morgen.
»Ich weiß, was Sie mir bringen, Herr Baron«, begrüßte ihn Brühl mit einem matten Lächeln, »bitte, reden Sie!«
»Herr Graf von Brühl! Im Namen unseres Durchlauchtigsten jetzt regierenden Kurfürsten habe ich Ihnen zu eröffnen, daß Sie mit dem heutigen Tage Ihrer sämtlichen Bedienstungen enthoben sind. Ich bitte, mich der unangenehmen Pflicht zu entbinden, Ihnen die Gründe anzugeben. Da der hochselige Monarch Sie aber solange seines Vertrauens würdigte, wünscht der Durchlauchtigste Kurfürst, Ihnen das Peinliche einer offiziellen Entlassung zu ersparen und gibt Ihnen anheim, Ihre Demission aus Gesundheitsrücksichten zu erbitten. Ihr Gehalt bleibt Ihnen auf Lebenszeit, doch kann ich Ihnen die Mitteilung nicht ersparen, daß Sie noch im Laufe des Tages Ihr Privatvermögen dem bestellten Kommissarius zu übergeben haben!«
»Also Sequestration!« erwiderte Brühl höhnisch und präsentierte die Kabinettsorder Augusts, die jede Verfügung des Staates über sein Vermögen ausschloß. Der Baron zuckte nur die Achseln.
»Ich danke Ihnen, Herr Baron, und bin überzeugt, daß der heutige Tag Ihnen große Freude macht. Grüßen Sie alle meine Feinde und sagen Sie ihnen, daß ich ihnen nicht mehr lange Gelegenheit geben werde, mich zu bespötteln!«
»Von jetzt an haben Sie keinen Feind mehr, Herr Graf!«
Am 28. Oktober 1763, dreiundzwanzig Tage nach dem Tode seines Herrn, starb Heinrich Graf von Brühl.
Unter dem Volk, das neugierig die Stätte umlagerte, an der der Weniggeliebte, aber Vielgehaßte zur letzten Ruhe gebettet wurde, trieb
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