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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Kasten.
    »Versiegeln Sie den Kasten, hier mit meinem Siegel! ... Brühl, ich nehme heute schon von Ihnen Abschied. Morgen überlassen Sie mich Gott und den übrigen. Ihre Treue ist das einzige, was mir jetzt wohl tut; und wenn mir der Tod leichter wird, als ich es verdiene, so ist es nur, weil ich überzeugt bin, daß Sie meinen letzten Willen vollführen werden!« -- »So wahr mir Gott helfe, Majestät!« -- »Fort damit! Adieu, lieber Brühl! ... Die Ärzte!«
    Brühl, der sein bleiches Gesicht von der feuchtkalten Hand des Monarchen erhob, setzte den Kasten in eine dunkle Ecke des Zimmers unter einen Stuhl, auf den er ein Tafeltuch warf. Die Ärzte kamen.
    In der Frühe des 1. Februar lag der König in den letzten Zügen. Er hatte das Abendmahl genommen. Sulkowsky, Lubomirsky, die Ärzte, die polnischen Grafen und alle, die von Dresden mit ihm gekommen waren, umstanden sein Bett in düsterer Stille. Brühl hielt Wache am Stuhl, auf dem das Tafeltuch lag, und wich nicht. Er konnte hinab auf den beschneiten Hof des Schlosses sehen. Unter dem Fenster standen zwei vierspännige Wagen und warteten. In dem ersten saß Siepmann und sah starr empor.
    Ein krampfhaftes Wimmern ... ein kurzes Aufstöhnen ... »Der König ist tot!« sagten leise die Ärzte.
    Brühl erhob die Hand zum Fenster, Siepmann fuhr ab; und wenig später rollte auch der zweite Wagen zum Tor hinaus. In ihm saß Brühl, in der rechten Hand ein gespanntes Pistol, in der linken die polnische Krone. »Nach Dresden«-- -- --
    Dort war der Hof in Trauer. Den Tag vorher hatte Siepmann die Gewißheit gebracht, war aber am nächsten Tage geräuschlos nach Petersburg weitergegangen. Nun erwartete man den offiziellen Kurier von Sulkowsky mit umfassenden Berichten und einem Memorandum über die Lage der Dinge.
    Düster lagerte das Gerücht von Augusts des Starken Hinscheiden auf Dresden, flatterte durch ganz Sachsen. Jeder dachte an die Möglichkeit einer bevorstehenden gänzlichen Veränderung der Verhältnisse, jeder sprach seine Hoffnungen und Befürchtungen über den neuen Herrscher aus. Frankreich jubelte und rüstete seine Regimenter, um in Polen einzufallen und den Schwiegervater seines Regenten auf den erledigten Thron zu setzen. Der Prinzregent, nunmehr Kurfürst August III., wußte, was alles auf dem Spiele stand ...
    Endlich sprengte ein Reiter in den Schloßhof. Es war nicht der erwartete Bote Sulkowskys. Er meldete atemlos, daß Brühl dicht hinter ihm folge.
    Der Hof versammelte sich auf Wunsch Augusts III. im Salon der verstorbenen Königin Eberhardine. General Klenzel empfing Brühl an der Rampe. Blaß vor innerer Bewegung eilte der Ankömmling die Stufen hinan.
    Die Wände des Saales waren schwarz verhangen, der Hof in tiefer Trauer. Nur Brühl nicht; er trug noch das Reisekleid, unter dem Arm den Maroquinkasten. August III. stand in der Mitte des Saals, neben ihm seine Gemahlin, rings im Kreise der Hofstaat.
    »Majestät wollen mir das Unglück verzeihen, der Überbringer der furchtbaren Gewißheit zu sein! Seine Königliche Majestät August II. ist tot. -- In der Nacht vor seinem Ende hat er Euer Majestät treuen Diener zum Überbringer des Letzten, Teuersten erkoren, was ihm auf Erden verblieb, seines letzten königlichen Willens!«
    Obwohl man darauf vorbereitet war, löste diese Nachricht doch die tiefste Bewegung aus.
    »Und unser hochseliger königlicher Vater hatte noch die Kraft und den klaren Willen dazu?«
    »Das kann ich beeiden, Majestät! Er ist wie ein Löwe und bei vollem Bewußtsein gestorben. Empfangen denn Euer Majestät dieses Vermächtnis und das königliche Siegel, mit dem es verschlossen ward.« Knieend überreichte Brühl dem Herrscher den Maroquinkasten. Ein Schauer lief durch den Saal. Der Kurfürst öffnete den Kasten, und ein krampfhaftes Zittern durchschüttelte ihn. Der Sohn hielt Polens Krone in den Händen; zwischen den Spangen hing das Testament. -- Der Kurfürst brach fast zusammen und mußte sich auf Brühl stützen, der die tief ergriffene, heftig atmende Kollowrat ansah.
    »Sie haben mir die Krone so lange behütet, halten Sie das Kleinod noch einmal,
Graf
Brühl, damit ich den Willen meines erhabenen Vaters lesen kann.«
    »Er ist Graf!« flüsterten sich die Höflinge in der langen Pause zu, die der mit den Tränen Kämpfende zum Lesen des Testaments benötigte. Dann griff er wiederum zur Krone und sagte: »So wahr ich dieses mein Erbteil in den Händen halte, will ich’s bewahren und den Willen meines

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