Friedemann Bach
habe gegen Sulkowsky intrigiert, soweit ich es tun konnte, ohne den reinen Namen zu verletzen, den ich der Dame meines Herzens als bestes Gut zubringen muß. Ich habe verloren, weil ich liebte und diese Liebe selbst mir gewisse Schranken im Handeln setzte, die ich nicht überschreiten durfte, ohne gegen Sie zu fehlen. Sulkowsky kennt diese Schranken nicht, ihm ist der Ehrgeiz alles im Leben; mir ist der Ehrgeiz nur Mittel zur Erfüllung meines Liebesglückes. Kein Wunder, daß er weiter kam als ich!«
»Und wie wollen Sie das beweisen, Herr Graf?«
»Der Beweis ist einfach! Das, was ich geworden bin, wurde ich durch die Liebe. Daher habe ich mich in allen Dingen durch Sie, Antonie, leiten lassen. Sie beherrschten mich. Sie sind für jetzt der Königin alliiert, ich tat desgleichen und habe gerade dadurch vielleicht die größte Klugheitsmaßregel verabsäumt. Ich habe Ihnen aber dadurch den Beweis gegeben, daß, ich mag steigen wie ich will, Sie stets Herrscherin meiner Gefühle und Handlungen, Sie, wenn ich Alleinminister bin, die Beherrscherin Sachsens sein werden. -- Sulkowsky aber wurde das, was er geworden, nicht durch die Liebe, sondern durch den Egoismus und den bequemen Vorteil seiner Nationalität. Obwohl Sie auf der Seite der Königin stehen, ist er auf die des Königs getreten, -- um jeden Preis, nur um die Geschäfte allein zu leiten. Er benutzte alles, um zu herrschen, ich alles, um zu lieben. Oder glauben Sie, Antonie, daß Sulkowsky die ganze Summe der Gewalt zusammengerafft hat, um sie Ihnen schließlich in den Schoß zu legen? Sind Sie dessen ganz sicher? -- Reden Sie, es ist ja nur mein Todesurteil!«
Antonie war sichtlich betroffen. In ihrem Kopf wälzten plötzlich alle möglichen Zweifel, ihr ehrgeiziges Herz zitterte und stand dem Verdacht offen. »Aber gesetzt, Sie hätten mit Ihrer Anschauung nicht ganz unrecht, Graf: woher wissen Sie, daß Sulkowskys Liebe nicht alles um meinen Besitz hingeben würde? Seine Versicherungen sind so glühend wie die Ihrigen, und ... und ...«
»Sie zögern Antonie! Seine Versicherungen: ja! Aber seine Handlungen?«
»Was meinen Sie damit, Graf?«
»Daß ... wer das Höchste im Leben erringt um seiner Liebe willen, diese Liebe als höchstes Gut allein in sich tragen muß, nicht daß er sein Herz teilt! Das ist der Moment, Antonie, wo die Liebe, die schon der Knabe fühlte, die komisch-treue, ehrwürdig wird.«
»Graf!« rief die Gräfin in flammendem Zorn, »Sie behaupten, Sulkowsky liebe eine andere neben mir? Sie begreifen doch, daß Sie das beweisen müssen?«
»Sulkowsky besucht dreimal in der Woche die Valeria Gliphi, die kleine Tänzerin unserer Oper. Übermorgen hat er mit ihr ein Rendezvous, und die Schöne liebt das Gold so sehr, daß sie sich herabgelassen hat, für ein honettes Geschenk zwei Männer in ihrem Kabinett zu verstecken, ehe der Liebhaber kommt. Der eine der beiden werde ich sein.«
Die schöne Frau stand blaß und regungslos. Alle Dämonen wüteten in ihrer Brust, ihre Stirn umwölkte sich, krampfhaft zuckte es um ihren Mund. Brühl trat zu ihr und faßte ihre Hand. Laut weinend sank sie in seine Arme. »Heinrich, ich bin dein! Dein, ohne Rückhalt und Bedingung! Aber den Beweis schaffe mir! Übermorgen im Kabinett der Tänzerin! Du bist der eine Mann, ich der andere!«
Sie trocknete ihre Tränen, nicht geweint aus gekränkter Liebe, sondern einem aufs tiefste verwundeten Ehrgeiz, einer geschwundenen stolzen Hoffnung, einem aus Scham und Zorn gemischten Empfinden tödlich beleidigter Frauenehre.
»Und wenn Sie sich von der Tatsache überzeugt haben, Antonie, darf ich dann wagen, die Königin um die Genehmigung zu unserer Verbindung zu bitten?«
»Ich selbst will es tun, Heinrich, und wenn ich dein bin, so sei versichert, daß du den Polen stürzen sollst!«
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Auf schwellendem Diwan, Leckereien und Wein vor sich, saßen in seliger Umarmung Sulkowsky und die lachende Valeria.
»Und wollen Sie wirklich die langweilige Kollowrat heiraten?« fragte die kleine Tänzerin.
»Ach, ich muß ... ich muß ja, Kind! Teils um meinen Gegner Brühl zu stürzen, teils um die Anhängerschaft der Königin nicht aufzuhetzen. Es wird eine diplomatische Ehe werden!«
»Du Grausamer! Hast du mir nicht versprochen, du wolltest nie heiraten und mich später in dein Haus nehmen?«
»Jawohl, Valeria, das hab’ ich. Aber soll ich denn damit meinen Sturz erkaufen? -- Sieh, ich möbliere dich ganz neu und brillant aus, du bewohnst ein Haus in meiner
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