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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Nähe, und ich werde so oft bei dir sein, daß du bald vergessen sollst, daß ich verheiratet bin!« -- und der leidenschaftliche Pole preßte sie verlangend an sich und berauschte sich an ihren Küssen ...
    In diesem Augenblick verließen zwei Gestalten in Männerkleidung die Wohnung der Tänzerin.
    Einige Tage später hielten Brühl und Antonie in einer Privataudienz bei der Königin um die Einwilligung zu ihrer Vermählung an. Josepha war höchst betroffen, lächelte dann aber und machte ihr Jawort von einer geheimen Klausel abhängig, die sie dem Grafen in einem Nebenkabinett mitteilte. Brühl kam sehr ernst zu Antonie zurück, die Königin gab ihren Konsens und versprach in liebenswürdigster Bereitschaft ihre Verwendung beim König und ihre fernere dauernde Gnade.
    Kurze Zeit darauf erfuhr Sulkowsky, daß er Antonie verloren habe. Er wurde krank vor Wut und schwur bitterste Rache; er hatte Antonie ernstlich geliebt und in der kleinen Valerie nur eine flüchtige Liebelei gesehen.
    Brühl und Sulkowsky waren weiterhin Feinde, aber keine »intimen Feinde« mehr.
     

Kapitel VII
     
    Brühl hatte Antonies Besitz errungen und im ersten Rausch der Flitterwochen vergessen, durch welche Mittel er dazu gelangt, wieviel ihm von seinem inneren Menschen verlorengegangen war. Sein Blick war vorwärts gerichtet, und wenn er hinter sich blickte, die Sprossen der Leiter hinab, tief hinunter in das Dunkel, dem er entklommen, fuhr ihm ein heimliches Frösteln über den Leib; denn er war trotz aller Religionslosigkeit und Zweifelsucht höchst abergläubig.
    Wir sind Christen; wir vertrauen unsere Schicksale getrost unserer eigenen Tüchtigkeit und der Liebe über den Sternen an. Aber neben diesem Vertrauen haben wir doch meist alle noch ein Ding, vor dem wir einen ganz anständigen Respekt, vor dem wir immer Furcht haben, es könne sich gegen uns wenden. Es ist das, was wir unser »gutes Glück« nennen, und der Glaube daran, den wir schlechthin »Aberglauben« nennen dürfen und der so überaus lächerlich werden kann, ist oft das Erbteil gerade der bedeutendsten Männer. Gibt es eine mystischere Formel als den allgemein gültigen Satz: »Es gibt einen Augenblick in jedes Menschen Leben, in dem ihm das Glück die Hand reicht. Ist er ungenützt vorbei, nie kommt er wieder!«?
    Ein solcher Moment war's, da Brühl sich erinnerte, wie er als Page mit Bach Freundschaft geschlossen hatte. »Hautevolée ... Brühl und Bach ... Namen passen zusammen!« ...
    Wer steht, sehe zu, daß er nicht falle! Wer steht, sehe zu, daß er das Glück nicht herausfordere! -- Ja, er hätte wohl eher an die Bachs denken müssen ... »Die Namen gehören zusammen!« ... Bach, Bach! Man sollte doch schauen, durch Einlösung seines Versprechens des Geschickes parteiische Gunst an sich zu fesseln! ... Seit drei Jahren schon war die Organistenstelle an der Sophienkirche zu Dresden erledigt ... Und das war's: Er würde alles für Bach tun, er würde sich mit Bitten an Josepha, an den König, an Quarini, an Hennicke wenden; er würde nichts verabsäumen, um sein Wort einzulösen und einer Ehrenpflicht gerecht zu werden.
    Er wurde ihr gerecht ...
    Die Bachsche Familie hatte davon keine Ahnung. In der Woche wurde sie Tag um Tag von demselben Ebenmaß der Geschäfte in Anspruch genommen. Früh vereinigte der nun schon ältlich gewordene Sebastian die Seinen in der großen Wohnstube ums Klavier, und jung und alt sang dem Schöpfer ein fröhliches Morgenlied. Auch die alte Hanne, die Köchin, brummte leise mit; laut wagte sie's nicht, weil Sebastian meinte, sie sei das einzige Geschöpf im Hause, dem der liebe Gott jede Spur von Harmonie versagt hätte. War das Morgenlied zu Ende, so wünschten sich alle einen »Guten Tag«, und unter wechselndem Gespräch wurde der Kaffee eingenommen. Entweder ging Sebastian dann nach der Thomasschule und erteilte Unterricht, oder er gab, wenn seine Stunden auf den Nachmittag fielen, im Hause seinen eigentlichen Kunstjüngern in der Fuge und dem Generalbaß Lektion. Unter ihnen waren seine beiden Söhne Friedemann und Emanuel, Doles, Vogler als sein ältester, Homilius, Franschel, Krebs, Altnikol, Agricola, Kirnberger und Kittel die besten Schüler. Die jüngeren Kinder gingen zur Schule, die beiden älteren Schwestern, besonders die sanfte Friederike, halfen der Mutter in der Küche, bis das Mittagessen alle wieder vereinte. Nach Tisch ging Sebastian mit Friedemann gewöhnlich eine Stunde vors Tor; später schloß er sich ein und

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