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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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komponierte. Friedemann ging in seine Kammer und studierte für sich oder brachte mit Doles, Altnikol und Krebs ein Quartett zustande, wobei er die Violine spielte. Abends fand sich die Familie wieder zusammen, musizierte, plauderte, ging im Sommer spazieren; abends durfte nämlich nicht mehr gearbeitet werden.
    Friedemann, der in der Nacht am besten seiner Phantasie Audienz zu geben vermochte und mit der alten Hanne, die ihn närrisch liebte, einen geheimen Pakt wegen Lieferung von Lichten geschlossen hatte, setzte sich dann oft noch in seine Stube und schrieb bis spät in die Nacht hinein. Selten hörte er auf, ehe nicht die alte Hanne noch einmal aufstand, auf den Socken hereinkam, das Licht ausblies und mit sich nahm.
    So verstrich ein Werktag nach dem anderen. Sonntags aber feierte Sebastian, und in ihm die Kunst, den höchsten Triumph. Da erschien er, festlich geschmückt, mit all den Seinen in der Kirche. Magdalena und die Töchter setzten sich unten ins Schiff, der Kanzel gegenüber, Sebastian und Friedemann gingen auf den Chor, wo die Kunstjünger die Orgel bereits umstanden. Die Schüler der Thomasschule mit ihren Heften und die Stadtmusici warteten seiner. Alles war lautlos, wenn er kam. Sebastian trat vor die Orgel, faltete die Hände und betete still ein Vaterunser; dann schloß er das Instrument auf, der Balgtreter sprang auf seinen Tritt, und die Introduktion des Kirchenliedes rauschte wie ein süßer Schauer voll und warm herab auf die Gemeinde. Friedemann und Altnikol stimmten das Lied an, und der Gottesdienst hatte begonnen. -- Wenn der Pastor geendet hatte, das Schlußlied gesungen war, und die Gemeinde unter dem Geläute der Glocken und dem Nachspiel, das gewöhnlich Friedemann bestritt, die Kirche verließ, begann das Fest erst recht; denn nun gab Sebastian seinen Schülern einen sogenannten »Orgelschmaus«, ein Konzert, in dem alle Geister seines Innern in den Tonwellen wogten. Nach ihm kamen Friedemann und dann die anderen an die Reihe. Jeder mußte eine Orgelkomposition, eine Variation über ein gegebenes Thema oder eine Art Extempore vortragen, über das die anderen richteten. Danach ging's ans Mittagsmahl, und der übrige Teil des Tages war dem geselligen Vergnügen gewidmet.
    An einem solchen Sonntag, gerade als Sebastian den Feiertagsrock anlegen wollte, kam ein kurfürstlicher Bote aus Dresden und brachte einen großen Brief vom Herrn Minister von Brühl:
»Lieber Meister Sebastian! -- Ihr werdet mich gewiß für einen lauen Freund gehalten und gemeint haben, daß ich Eurer in meinem Herzen vergessen. Dem ist aber nicht so, denn ich entsinne mich gar wohl noch alles dessen, was ich Euch damals, als Marchand das Hasenpanier ergriffen, sagte. Darüber ist eine geraume Zeit vergangen; aber es hat sich bis jetzt noch keine Gelegenheit geboten, Euch was Rechtes anzutragen. Jetzt ist sie aber da, und weil Ihr bei unserm Allerdurchlauchtigsten König und Herrn gut angeschrieben steht, hat er sich gemüßigt gesehen, Euch in dem beiliegenden Handbillett höchstselbst die Organistenstelle an unsrer Hofkirche zu St. Sophien allhier anzutragen. Hoffentlich nehmt Ihr sie an, damit mein Gewissen des Vorwurfs ledig werde, daß ich Euch Wind vorgemacht und mein Wort nicht gehalten hätte.
    Euer guter Freund Heinrich von Brühl.«
    »Hol's der Teixel!« rief Sebastian überrascht, »das hätte ich nicht gedacht vom Brühl. Laßt sehen, was der König schreibt.« Und lautlos hörte die Familie zu, als Sebastian mit bewegter Stimme den Brief vorlas, in dem der König ihm mit herzgewinnender Freundlichkeit die Oberorganistenstelle antrug. »Solltet Ihr aber«, so schloß das Schreiben, »plausible Gründe haben, meinen Antrag auszuschlagen und in Leipzig zu verbleiben, so ersuche ich, obwohl ich die Stelle mit Euch selbst am liebsten besetzt hätte, mir an Eurer Statt einen geschickten Musikus zu empfehlen, der meiner Kirche in Dresden sowie Eurer Rekommandation zur Ehre gereicht.«
    Eine minutenlange Pause folgte. Die Blicke der Seinen hingen an Sebastians Mund. »Nein, Kinder, nein! Ich tu's nicht! Von meinem lieben Leipzig geh' ich nicht wieder weg. Hier ist mir wohl und warm, ich hab' die besten Freunde, den schönsten Wirkungskreis hier, -- was will ich mehr? Ich bin nicht mehr jung genug, um mich in die neuen Verhältnisse zu schicken. Die Thomasschule würde mir auch fehlen, und ich müßte mich aus allem herausreißen. Nein, nein! Sebastian Bach ist hier ein freier Mann, der tun und lassen kann,

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