Friedemann Bach
was er will, und nicht zu katzbuckeln braucht. Ich bleibe hier, nicht wahr, Magdalena?« Und er küßte sein Weib herzlich.
»Mir ist's gewiß recht, Bastian! Unsere Familie und der Haushalt kosten in Dresden mehr als hier, und wenn du dein ganzes Einkommen berechnest, stehst du dich am Ende ebenso gut wie dort.« -- »Ei, besser, Frau, besser! Es wäre bloß der leidigen Ehre wegen, -- na, wer will wohl einem Künstler größere Ehre antun als er sich selber. Ich bleibe, basta!«
Friedemann schüttelte den Kopf, und Sebastian setzte sich nieder, um dem König sogleich zu antworten. »Dir ist's nicht recht, Friedemann?« fragte er, sich an diesen wendend. »Nun, laß nur gut sein, du sollst drum nicht zu kurz kommen. Geh voraus in die Kirche und fange statt meiner einmal das Lied an! Unser Herrgott wird's wohl ausnahmsweise erlauben; will ihm ja auch zeigen, daß ich demütig sein kann, und in Leipzig bleiben.«
Friedemann ging, Sebastian aber schrieb dem König einen ganz ergebenen Absagebrief, in dem er alle Gründe, die ihn zur Nichtannahme bewegen, vortrug. »Wenn nun Euer Majestät gnädigst meinen Rat befehlen, mit wem an meiner Statt die besagte Stelle am würdigsten zu besetzen sei, so sage ich ganz offen, daß ich unter allen mir bis dato bekannten Musikern meinen Sohn Friedemann, dessen sich Euer Majestät allergnädigst entsinnen werden, als den Geschicktesten dazu halten muß. Euer Majestät werden denken, daß mich hierzu meine väterliche Liebe und Eitelkeit verleiten, aber wenn ich mich anders auf Musik verstehe, kann ich meinem Sohn Friedemann das Zeugnis geben, daß er mein bester Schüler ist und er einstmals gar leichtlich seinen eigenen Vater übertreffen mag, so ihm Gott Leben und Kraft schenket. -- Damit nun aber Euer Majestät nicht durch mich, wenn auch in der redlichsten Meinung, hintergangen werden, so mache ich in aller Devotion den Vorschlag, zwischen Friedemann und allen meinen übrigen Schülern, sowie zwischen allen denen, die sich in Dresden für die Stelle als Kandidaten qualifizieren, einen Wettstreit auf der Orgel anzustellen und den Würdigsten mit dieser Stelle zu belohnen.«
Sebastians Antwort war dem König unangenehm. Brühl zuckte die Achseln; sein Gewissen war beruhigt, er war nun quitt mit Bach, und wenn es diesen später gereuen sollte, die Stelle ausgeschlagen zu haben, so war es des Meisters eigene Schuld. -- Der König aber, dem Bach nun einmal aus dem Nebel der Erinnerung heraufbeschworen war und der sich des damaligen Kunstgenusses entsann, ging trotz seines Ärgers auf Sebastians Vorschlag ein. Brühl erhielt Befehl, Bach und seine Schüler zu besagtem Orgelwettstreit einzuladen.
Am nächsten Sonntag, als der Gottesdienst beendet war, eröffnete Sebastian seinen Schülern die erhaltene Einladung. Alle waren Feuer und Flamme; denn jeder hoffte, er könne den Preis, den der König selber verteilen wollte, möglicherweise davontragen. Friedemanns Augen glühten vor Ehrgeiz und Dankbarkeit, und als er mit dem Vater allein nach Hause ging, bat er ihn um Verzeihung, daß er ihn durch sein Schmollen betrübt habe; er habe wirklich nicht an sich gedacht, sondern nur gemeint, es sei unrecht vom Vater. den besten Moment, um zu Ehre zu gelangen, unbenutzt zu lassen.
»Die Ehre kommt etwas zu spät, mein Sohn. Ich bin in einem Alter, wo einem äußerer Glanz und Ruhm nicht mehr viel anhaben können, und wo alles Sinnen und Trachten darauf hinausgeht, sich in seinem Sohne fortgesetzt zu sehen und auf ihn alle Ehre zu häufen; noch jung an Jahren, frei und unabhängig, mag er sie für sich und die Welt ausnützen. Du wirst, hoffe ich, den Preis erlangen, Friedemann, und die Stelle kriegen. Ich hätte dich ganz allein vorschlagen können, aber ich will, daß du dir die Stellung allein schuldig sein sollst; auch hätte der König glauben können, daß es mir bloß um Versorgung meiner Familie zu tun sei, und nicht um einen guten Organisten für ihn.«
Den Mittwoch darauf fuhren Meister und Schüler nach Dresden, und Brühl, den Sebastian sogleich aufsuchte, konnte beim Diner August III. melden, daß die Eingeladenen angelangt seien.
Schon der nächste Tag wurde für das Konzert bestimmt. Der Hof sollte sich in der Sophienkirche auf dem der Orgel zunächst gelegenen Seitenchor einfinden. Der König und die Königin, die Gräfinnen Ogilva und Morsinska, Minister Sulkowsky, Hennicke und Brühl nebst Gemahlin, die Generale Klenzel, Rutowsky und eine Schar von Damen und Kavalieren
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