Friedemann Bach
fanden sich ein; es kam die Elite der Dresdener Musiker, an ihrer Spitze Hasse mit Faustina, und es fehlte überdies nicht an einem höchst gewählten Publikum.
Der König und die Königin stellten die Themata, um die heiß und mit allem Aufwand von Kunst gestritten wurde.
Unter allen denen, die bis jetzt gespielt hatten, waren Altnikol und Krebs die entschieden Befähigsten; als aber nun Friedemann auftrat und mit seiner Glut, Innigkeit und Melodienfülle eine wahre Begeisterung hervorrief, stand der König auf und sagte: »Ja, Bach hat recht, der Friedemann ist der echte Sohn seines Vaters, der muß die Stelle haben!«
Das Konzert war beendet. Brühl führte Sebastian und Friedemann zum König, der dem Sieger im edlen Wettstreit, unter Anerkennung und Dank für den gebotenen Genuß, die Stelle verlieh und befahl, ihn in Besitz der Amtswohnung zu setzen.
Johann Sebastian Bach mit seinen mächtigen und doch edlen Zügen, mit der stillen Majestät eines bedeutenden Kopfes, war ein Mann von jener erhabenen Schönheit, die sich um so seltener findet, als sie ebenso rein geistiger als vollendet körperlicher Natur war. Friedemann hatte denselben Kopf, aber von allen Grazien der Jugend umspielt, von schwarzen Haarlocken umwallt; in seinen schwarzen Augen schwelte eine dunkle, unersättliche Glut, die zündend und verzehrend, schmachtend und drohend, geistig und sinnlich zugleich in Bann zog. Was ihn aber noch vor dem Vater auszeichnen mochte, war die vollendete Noblesse seines biegsamen Wesens, die Keckheit der Bewegung, die weder aufdringlich noch nachlässig, die ganz ursprünglich war. Ein gewisses sorglos-feuriges Hervortreten nahm für ihn ein und bestach.
Der neue Organist sollte nach einem Urlaub von sechs Wochen seine neue Stellung antreten, und er brannte darauf, mit den für seine Übersiedelung nach Dresden notwendigen Vorbereitungen gleich an Ort und Stelle zu beginnen. Nach einem festlichen Mahl, zu dem Hasse und Faustina den glücklichen Sieger und seine besiegten, aber keineswegs neidischen Freunde geladen hatten und bei dem auch das Patronat der Sophienkirche vertreten war, führte Sebastian seinen Erstgeborenen im Triumph in die neue Amtswohnung.
Unermüdlich lief dort der alte Sebastian durch alle Räume, überschlug und berechnete die Summe, die er zur Einrichtung seines Lieblings brauchte, des treuen Genossen seines bisherigen Denkens und Fühlens, den er entbehren lernen mußte. »Ich werd' dir die Hanne als Wirtschafterin hergeben. Sie hat dich lieb, Friede, und wird dir das Deinige ehrlich zurate halten, bis du dir einmal eine brave Frau nimmst.« Friedemann sagte im Rausche seines Stolzes, seiner Freude zu allem ja. Ihm ging die Zukunft in lichtem Glanze auf, -- eine lange Bahn der Ehre, der schöpferischen Freiheit und Größe ...
Gerade waren sie zu den Freunden, die neugierig alles beschauten, in die Wohnstube zurückgekehrt, als der Läufer des Grafen Brühl ein Billett brachte, in dem Sebastian Bach mit seinem Sohne zur Soiree geladen wurde. Die Ministerin Brühl hatte die beiden Bachs, namentlich Friedemann, in ihr besonderes Wohlwollen genommen: »Dem jungen Bach fehlt, auf Ehre, nur ein Titel, um vollendeter Edelmann zu sein, so weltmännisch und fein, so geistreich ist sein ganzes Auftreten. Ich glaube, daß er es wert ist, ihn in unser Haus zu ziehen, unsere Soiree kann nur gewinnen.« -- Brühl war ein zu gefälliger Gatte, um einen derartigen Wunsch zu versagen; auch schmeichelte es seiner Eitelkeit, den Mäzen zu spielen. Daher wurden die Bachs mit der größten Freundlichkeit aufgenommen, und da die Gräfin Friedemann viel Aufmerksamkeit erwies, folgte ihr die Gesellschaft um so williger, als sie den neuen Organisten in der Tat höchst liebenswürdig fand. Sein Spiel auf dem Klavier entzückte dermaßen, daß man voraussehen konnte, der junge Bach werde in den hohen Zirkeln Dresdens bald eine sehr gesuchte Person sein.
Kein Herz konnte froher erzittern als das des Vaters, der alle die stolzen Wünsche, die für sich zu hegen er in seinem Leben nie gewagt hatte, auf seinen Herzenssohn übertrug: möchte dieser seinen Namen vergrößern, den Geist seiner Werke verewigen und seine alten Tage mit geistigen und leiblichen Enkeln verschönern helfen!
Von der Augustusstraße, an der Brühls Palais lag, wanderten Vater und Sohn spät abends hinunter zu ihrer Wohnung in Hasses Haus. Jeder träumte, jeder hoffte, jeder war reich im Gedanken an die Zukunft ... Plötzlich umarmte
Weitere Kostenlose Bücher