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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Wenige Stunden später überschritt Lichtenstein damit die Grenze.
    Nach diesem Verrat glich Brühl einem Menschen, dem keine Wahl mehr blieb, als auf dem Wege, den er selbst erkoren, weiterzuschreiten. Er tat es mit vollem Bewußtsein. -- Antonie fühlte sich wohl. Sie erkannte, daß die Liebe ihren Gatten zu dem allen getrieben hatte, und betrachtete ihn als eine Staffel für ihren Ehrgeiz. Er hatte schon zu viel gewagt, um nicht noch mehr zu wagen, und wenn Sulkowskys eiserne Konsequenz ihm abging, so konnte sie mit ihrem flammenden Geiste nachhelfen; denn daß er sonst in jeder Beziehung ungleich geschickter war als sein Gegner, davon hatte sie die mannigfachsten Beweise.
    Obgleich nun aber Wien, die Königin, die Geistlichkeit den Sockel geschäftig unterminierten, auf dem Sulkowsky stand, war ihm nicht leicht beizukommen; zumal nicht jetzt, wo er die Seele des Polenkrieges war. August III. hielt Sulkowsky fester denn je, hatte ihn sogar zum Fürsten gemacht und ließ sich manches von ihm gefallen; immer noch liebte er die Ruhe über alles und trennte sich von seinen Gewohnheiten nur mit äußerstem Widerstreben. Er hatte nur einen Dämon in der Brust, der, einmal geweckt, ihn wild emporstachelte: den Dämon verletzter Herrschereitelkeit. Welcher Unsinnige hätte den aber wecken wollen?
    Solchermaßen hatte inzwischen das neue Kriegsdrama eingesetzt: Stanislaus Leszczynski , heimlich nach Warschau gekommen, war am 21. September 1733 von der nationalen Partei Polens zum König ausgerufen worden. Aber seine Regentschaft blieb nur ein kurzer Traum. Vor einem russischen Interventionsheer nach Danzig flüchtend, traf fast zugleich mit ihm die Nachricht dort ein, daß bereits am 5. Oktober August III., sein von Österreich und Rußland begünstigter Nebenbuhler, zum König gewählt worden war. Am 17. Januar des folgenden Jahres wurde er zu Krakau feierlich gekrönt.
    Allerdings war der Thronfolgekrieg damit noch nicht zu Ende. Frankreich, Spanien und Sardinien traten mit den Waffen für Stanislaus ein, und der Hauptschauplatz des Krieges verlagerte sich nach Italien. Hier wurde den Österreichern von den Franzosen Mailand, von den Spaniern Neapel und Sizilien weggenommen, und nur Mantua verblieb ihnen. Auch der alt gewordene Prinz Eugen kämpfte am Oberrhein mit wenig Glück, und bescheidene Erfolge des Herzogs Franz Stephan von Lothringen konnten nicht hindern, daß sein Land von den Franzosen besetzt wurde. Schließlich und endlich mußte sich Karl glücklich schätzen, das siegreiche Frankreich zur Verständigung geneigt zu finden. August III. wurde als König von Polen anerkannt, Stanislaus erhielt Lothringen und Bar, auch die übrigen Beteiligten nahmen und gaben, wechselten Besitzungen aus, schoben Landeskinder hin und her. Das war der Frieden.
    Die polnische Nation fand sich mit den unabänderlichen Tatsachen ab und sah nunmehr mit Gespanntheit und Erregung den festlichen Tagen entgegen, die anläßlich des Pazifikationsreichstages der Dresdener Hof nach Warschau zu bringen versprach. Ein feierlicher Gottesdienst in der Schloßkirche, wo August als legitimer König nochmals proklamiert, eine darauffolgende Reichstagssitzung, in der der Treueid noch einmal geleistet werden würde, und ein Ball, dem Adel des Landes gegeben, waren als Höhepunkte der Feierlichkeiten vorgesehen.
    Endlich war es so weit! Warschau hatte sich geschmückt wie eine Braut. Volksmassen in Nationaltrachten drängten sich fröhlich auf den Straßen und um die Paläste, aus denen der konstitutionsstolze Adel brillantenfunkelnd nach dem Schlosse zog, um im Reichssaale sich zu sammeln.
    Brühl war eben mit seiner Toilette beschäftigt, als Siepmann sich dringend melden ließ. »Mein Gott, was haben Sie denn?« rief er dem hastig Eintretenden entgegen.
    »Ich komme mit der Nachricht, Exzellenz, daß heute in der Schloßkirche auf Seine Majestät geschossen werden wird.«
    »Siepmann!«, schrie Brühl und taumelte entsetzt zurück, »Siepmann, das ist nicht möglich!«
    »Verlassen sich Euer Exzellenz fest darauf! Ich kenne die Verschwörer, bin genau unterrichtet, und alle Beweise liegen in meiner Hand. -- Geben Sie mir Vollmacht an den Kommandeur der Garde, daß mir zwei Kompanien zur Verfügung stehen, eine für die Sakristei, die andere zur Besetzung des Hauptportals. Zwei Zeilen von Euer Exzellenz an den Polizeimeister genügen, um mir außerdem die Polizeisergeanten in Zivil zur Hilfe zu geben. -- Wir werden ein prächtiges Geschäft bei

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