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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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›warum, wenn wir die gleiche Charakterbasis haben, ist Sulkowsky nicht schon gefallen?‹ -- Antonie, du kennst die Lage der Dinge genau! Sulkowsky und ich stehen zur Zeit so hart aneinander, daß wir keine Waffen gebrauchen können, ohne uns selbst zu verwunden. Kennst du ein Mittel, den Polen zu besiegen? Ein Mittel aber, das mich nicht zum Banditen erniedrigt? Ich werde den Tag nie vergessen, Antonie, an dem Lichtenstein abreiste, -- vergiß auch du ihn nicht, süßes Weib, und vertraue mir!«
    »Ja, Heinrich, ich vertraue dir! Das alte, selige Gefühl der Liebesfülle lebt wieder in mir auf, die Tat ist's, die mich begeistert. Laß uns in ewigem Tatendurst vorwärts schreiten durchs Leben, wer will uns dann unser Liebesglück zertrümmern? Sulkowsky soll und muß fallen, wir haben es uns am Hochzeitstage zugeschworen!«
    »Doch wie, Antonie?!«
    »Wag' alles an seinen Sturz, Heinrich! Selbst deinen eigenen!«
    »Meinen eigenen? Und du begreifst nicht, Weib, daß du dich selber dadurch vernichtest?«
    »Gut denn! Wenn du in Sulkowskys Sturz verwickelt wirst, werd' ich mit dir ebenso stolz die Armut teilen wie Sachsens Herrschaft!« --
    Brühl blieb noch lange bei seiner Gemahlin, und als er sie endlich verließ, glühend, beseligt von ihrem Liebreiz, noch den letzten heißen Kuß auf seinen Lippen, stand ein kühner Entschluß auf seiner Stirne, das
va banque
seiner Zukunft.
    Und während Antonie noch vor dem Spiegel stand, sich selbst zunickte und sagte: »Wir sind alle Komödianten, es kommt nur darauf an, seine Rolle recht zu spielen!« -- schrieb Brühl schon folgenden Brief:
»Dem Geheimen Hof- und Ministerialrat Siepmann.
    Nr. 906. -- P.P., lassen Sie alles in Warschau stehen und liegen und reisen Sie mit beiliegendem Paß sofort nach dem Haag. Dort nehmen Sie Quartier und notifizieren mir's. Es gilt die Erwerbung des Adelstitels. -- Ihr 118, 502, 712.«
    Mit Kurierpferden reiste Siepmann Tag und Nacht, bis er an Ort und Stelle war, und bereits vierzehn Tage nach Brühls Schreiben lief Antwort ein:
»Nr. 907. -- P.P., angelangt und einlogiert, wohnhaft am Huiste Kleef. Harre auf Instruktion, die sofort realisiert wird. -- Ergebenst 313121, 515981.«
    »Der Plan ist ganz untrüglich, lieber Heinrich«, sagte an demselben Tage seine Gemahlin mit herzgewinnendem Lächeln. »Rasch, noch heute, senden Sie die Instruktion nach Holland; ich selbst werde sogleich an den Antiquar in Florenz schreiben.« Sie küßte ihn, schlug ihn leicht auf die Wange und lachte: »Was geben Sie noch für Sulkowskys Portefeuille, Premierministerchen? Ich -- nicht eine Stecknadel!«
    Ereignislos verstrichen zwei Monate; dann kam ein Brief aus dem Haag. Er trug die Nummer 908 und meldete in lakonischer Kürze: »Alles besorgt. Wann soll ich kommen?«
    »Sofort soll er kommen, Brühl, sofort! Nun geht’s an die Komödie!« rief Antonie mit leuchtenden Augen.
    Siepmann kam sogleich aus Holland zurück. Als er bei Brühl eintrat, fragte ihn der Graf hastig: »Haben Sie die Bestellung genau ausgeführt?«
    »Ja, Exzellenz!« Siepmann überreichte ein ganz kleines, schwarzes Kästchen, und Brühl betrachtete eingehend den Inhalt: »Ha, vortrefflich! Gut! Ganz vortrefflich!«
    »Ich begreife aber nicht, Exzellenz, daß Sie selbst ...«
    »Ich aber begreife, daß ein kühner Mann alles wagt, sogar sich selbst!« -- und sich Siepmanns Ohr nähernd, setzte er hinzu: »Morgen abend bin ich entweder Alleinminister oder ein Nichts von einem Menschen. Doch ich hoffe, es gelingt; denn der König, mein Lieber, hat wenigstens eine Leidenschaft: die Eitelkeit des Herrschens! -- Ich danke Ihnen, mein Freund!«
    Am Abend des folgenden Tages war der Hof zum Diner beim König versammelt. Die Königin unterhielt sich mit Pater Quarini, der Gräfin Ogilva und der Ministerin Brühl, der König stand plaudernd bei Sulkowsky und seinem natürlichen Bruder, dem Feldmarschall Graf Rutowsky. Graf Broglio, der französische Gesandte, und Kammerherr von Lenke machten der Gräfin Morsinska Komplimente. In einer Fensternische besprachen sich der preußische, österreichische und russische Gesandte, und der alte Klenzel erzählte einigen Generalen und einem Flor von schönen Damen ein pikantes Histörchen.
    Brühl und Hennicke befanden sich dem Eingang zum Speisesaal zunächst und ganz abgesondert. »Ich muß Ihnen gestehen, lieber Graf«, sagte Brühl, »daß mir die Lage der Dinge auf die Dauer unerträglich wird. Ich sehe mit jedem Tag mehr ein, wie wenig ich

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