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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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behüten.
    Ihr Weggehen hatte Friedemann die Besinnung wiedergegeben. Die Ministerin aber, das vergessene Tuch der Tochter segnend, trat hastig zu ihm, packte krampfhaft seine Hand und wollte den schönen Sänger eben zur Erleichterung seines Herzens ermuntern, als Antonie wieder eintrat und einen fragenden Blick auf beide warf. Die Ministerin fuhr zurück.
    Friedemann war ernüchtert. Er begann zu ahnen, an welcher Doppelklippe er stand. Er faßte sich, machte eine Verbeugung und ging.
     

Kapitel XII
     
    Es war Nacht, als Friedemann Bach, in einen weiten Mantel gehüllt, aus seinem Hause schlich. Er eilte über den knisternden Schnee, auf den sacht und lautlos noch vereinzelte Flocken niedersanken. Er wollte zum Hotel Brühl, das er zwei Tage gemieden hatte, heute aber doch wohl aufsuchen mußte, weil von der Ministerin eine besondere Einladung zu einem »Schäferfest« an ihn ergangen war, das Brühl dem Hofe gab. Der Karneval war zwar eigentlich längst vorüber, die großen Redouten und Maskenbälle des Hofes beendet, aber die Sucht nach Vergnügen dehnte die Festlichkeiten doch immer wieder bis zum »Grünen Donnerstag« aus; und da man sich aus Pietät nicht öffentlich zum Tanze vereinigen durfte, so gab man Opern mit Karussells, Bauernwirtschaften, Schäferfeste, bei denen dann eben so nebenbei ein bißchen getanzt wurde. Heute war nun endgültig der Kehraus der Karnevalsfreuden, und nach dieser fröhlichen Nacht im Brühlschen Hause durfte man nicht mehr zögern, ein ernstes Gesicht zu machen; denn dahinter stand schon der stille Karfreitag mit seiner Dornenkrone.
    Friedemann übersann seine Lage. Es waren ihm im Hinschreiten doch Bedenken gekommen, ob es richtig sei, der gräflichen Einladung Folge zu leisten. Die Ministerin war in ihn verliebt, darin konnte kein Zweifel bestehen, und sie würde ihn bei dem Fest nicht aus den Augen verlieren und alles daransetzen, ein Alleinsein in irgendeinem verschwiegenen Winkel herbeizuführen. Wie ihr entgehen und seinerseits ein Alleinsein mit Antonie zuwege bringen? Zudem war Brühl im Hause ...
    Zögernd blieb er stehen. Um die Ecke des Prinzenpalais fuhr ein kalter Windstoß und blähte seinen Mantel auseinander; er griff fröstelnd zu und zog das Tuch wieder über sein amarantfarbenes Schäferkostüm. Da war's ihm, als ob er Stimmen vernähme, und eine, die die Klangfarbe seines Vaters hatte, sprach: »Was tust du hier? Du, der Sänger des Herrn, in den bunten Lappen der Narrheit, und übermorgen ist der Tag, da der Heiland gekreuzigt ward?!« -- Er fuhr sich über die Stirn. Blödsinnige Halluzination! ... Aber die Stimmen blieben. Sie kamen näher, und bald sickerte auch der trübe Lichtschein eines kleinen Laternchens, mit dem eine ältere Frau von stattlichem Umfang einem Manne den Weg erhellte, durch die Dunkelheit.
    Friedemann drückte sich in eine Nische des Palastes; er hatte die Vorüberschreitenden erkannt.
    »Heute ist der zweite Tag, das Fieber ist weggeblieben«, hörte er die männliche Stimme sagen, »und wenn mich meine ärztliche Erfahrung nicht täuscht, ist die Patientin nun außer Gefahr.«
    »Gott sei Dank!« erwiderte erleichtert die Köchin des Oberpredigers Merperger, »die arme Ulrike! Stellen Sie sich die Angst vor, Herr Doktor, die wir um sie ausstanden! Und wer ist schuld daran? Kein anderer, als der Bach, der schlechte Kerl!«
    Die Schritte verhallten ...
    Auch Friedemann ging weiter. Den Weg zurück, den er gekommen war.
    Plötzlich stockte sein Fuß. Er drehte wieder um, er hastete am Taschenberg vorbei, eilte um die alte, baufällige Hofkirche und erblickte das prangende Portal des Brühlschen Hauses, vor dem eine lange Reihe glänzender Karossen stand.
    »Der Hof ist da, gottlob!« sprach er vor sich hin. »Brühl und die Ministerin können sich so weit vom Herrscherpaar nicht entfernen, daß ich nicht einen Moment unbeachtet mit Antonie reden könnte. Sowie ich das getan habe, gehe ich wieder!«
    Er betrat das Hotel, dessen Vorhalle mit Blumen geschmückt und mit Teppichen belegt war, und gab seinen Mantel ab. Von einem als Faun mit Bocksohren und Thyrsus geschmückten Zeremonienmeister wurde er in die zweite Halle gewiesen. Sie war in eine ungeheure Laube, einen künstlichen Blütenwald verwandelt, der durch bunte Lampen magisch erhellt war und sich nach hinten gegen den großen Hof des Hotels öffnete. Über dem Eingang hing eine Transparentschrift:
    »Wenn meine Wirtschaft ist auch klein,
Kommt all ihr Schäfer nur

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