Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
Vom Netzwerk:
kommen! Mit den Sandalenriemen peitscht der Herr in die Massen, der Mammon rollt klirrend zur Erde; mit übermenschlicher Hand reißt der Messias den Opferaltar nieder und den Götzenprunk. Heulend fliehen die Priester, das Volk steht starr und bleich. »Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es zur Mördergrube gemacht!« -- Er sinkt betend auf die Knie, geht von dannen, und das Volk weicht scheu von ihm, denn es hat ihn nicht verstanden, -- hat nicht begriffen, daß soeben die alte Welt zusammenbrach, um eine neue Zeit zu gebären: die Zeit der Befreiung, der Bruderliebe, der Hoffnung auf ein Jenseits im Schoße des ewigen Vaters. -- Vor die Stadt hinaus schreitet der Herr, und sein Herz ist schwer, sein Auge weint, er verzagt an seinem eigenen Werke, denn er zagt als ein Mensch. Im Garten zu Gethsemane wirft er sich nieder und vertraut seinem Vater sein tiefstes Leid und die Jünger schlafen im Grunde. »Vater ist's möglich, daß dieser Kelch an mir vorübergehe?«
    Aus den seligen Höhen der Freude taut's hernieder wie Engelsgesang, Gottes Seraph bringt ihm den Labetrunk, zeigt ihm in der Ferne das große Reich, das sich aus alter, wüster Zeit erbaut, die Himmel öffnen sich, und der Ewige streckt ihm seine Arme entgegen. Die Verheißung der Liebe, die in Milliarden Bronnen durch Welten und Himmel dringt, deckt ihn mit seligem Kusse zu, läßt ihn Erdentäuschung, Erdenlust und Erdentod vergessen. Und wie er beglückt und gestärkt daliegt in brünstiger Danksagung, allein im Dunkel der Nacht, da ... da schleicht's heran ... kommt näher ... Judas ...
    Schlich nicht eben wirklich etwas? Knarrte nicht die Treppe? ...
    Aber da ist's schon über ihm. Die Kerzen verlöschen, die Bibel fällt polternd zur Erde, die beschriebenen Blätter fegen davon ... Friedemanns Schrei erstirbt in einem Röcheln.
    Vier Männer schaffen einen schweren Gegenstand die Stiege hinab, heben ihn in einen bereitstehenden Wagen. Der Schlag klappt zu. Im knirschenden Schnee erstickt das Rasseln der Räder ...
    Als das grämliche Frühlicht des Karsamstags heraufdämmerte und die alte Hanne die Arbeitsstube Friedemanns betrat, traf sie auf Unordnung und Zerstörung, -- ihren Herrn fand sie nicht. Sie eilte zu Doles und Merperger, die die übertriebene Ängstlichkeit der Alten zwar weidlich verspotteten, aber doch mit ihr kamen und bald auch die deutlichen Spuren einer gewaltsamen Entführung entdeckten.
    Man forschte nach, wo nur immer es möglich war, man benachrichtigte die Polizei, man wartete ... Friedemann Bach blieb verschwunden.
     
     

Kapitel XIII
     
    Draußen läuteten die Osterglocken.
    Minister von Brühl stand von seinem Schreibtisch auf, schloß das Fenster und wandte sich wieder seinem Besucher zu, einem schlanken, etwas blassen Herrn in einem schwarzen, advokatenartigen Gewand: »Also, lieber Saul, dann erzählen Sie mir einmal die Affäre!«
    »Ihro Exzellenz Befehl zufolge hatte ich einen Mietwagen am Pirnaschen Platze postiert. Zur bestimmten Zeit begab ich mich nach der großen Brüderstraße und strich an bewußter Kutsche vorbei. Sie waren noch oben. Ich trat hinter die Kirche und wartete. Siepmann und drei andere brachten ihn und stiegen ein. Ich ging langsam zurück und fand den Kutscher meiner harrend. ›Die Kutsche ist schon weit voraus‹, sagte er, und wir fuhren, in einem Abstand von vielleicht einer Viertelstunde, hinterher. -- Wir kamen an. Ich ward auf meine Order eingelassen und kam zum Kommandanten. Siepmann und die andern waren bei ihm; sie schienen ihr Geschäft abgetan zu haben. Siepmann schrie mich an: ›Teufel, was sollen Sie hier?‹ -- ›Ich habe auch Geschäfte‹, antwortete ich und gab Euer Exzellenz Brief dem Kommandanten. Er erbrach ihn, sah mich an und kingelte: ›Führen Sie diese vier Delinquenten hier nach Nummer zwölf, morgen werden sie eingekleidet und in die Bausektion gesteckt.‹ Siepmann sprang wie ein Besessener empor, doch die Stockknechte warfen sich auf ihn, und eine Minute später war die Gesellschaft im Käfig!«
    »Danke, ich bin mit Ihnen zufrieden! Sie haben Siepmanns Stelle. Sehen Sie aber zu, daß nicht Ihr Hintermann dereinst auch in Ihre Lücke tritt. Meine Justiz ist rasch!«
    Damit entließ er Saul und suchte seine Gemahlin auf. Sie saß am Putztisch, als er eintrat, und er führte mit unnachahmlicher Grazie ihre Hand an die Lippen.
    »Ah, lieber Heinrich, Sie bringen mir den Ostergruß?«
    »Gewiß, teure Antonie! Sie haben mich aus langem Schlaf befreit, und

Weitere Kostenlose Bücher