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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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herauszufinden, ob die Zentrale mich über die Mikropen sehen konnte. Meine Rufe blieben unbeantwortet, also sind die Mikropen wohl wieder vernichtet worden, und so weiß man in der Agentur nicht, was aus dem Sendling geworden ist. Man weiß nur, daß ich kurz darauf selber gelandet und zurückgekehrt bin. Der Rest ist nur Vermutung. Was meinst du?«
    »Ich habe, wie gesagt, nur Indizien. Der einzige, der mehr wissen könnte, ist der Erfinder des Dispersanten. Wie heißt er?«
    »Lax. Er gehört aber zur Agentur.«
    »Er hat dir diesen Sendling nicht geben wollen.«
    »Er hat die Entscheidung mir überlassen.«
    »Das ist auch ein Indiz.«
    »Glaubst du?«
    »Ja. Er hegte Befürchtungen.«
    »Was? Etwa, daß der Mond …«
    »Es gibt keine Technologie, die nicht zu knacken wäre. Das mag ihm Furcht bereitet haben.«
    »Und dann ist es passiert?«
    »Sicherlich. Nur anders, als er vermutet hatte.«
    »Woher kannst du das wissen?«
    »Weil immer alles anders kommt, als man denkt.«
    »Ich weiß schon«, sagte ich nach lang währendem Schweigen. »Das war keine ›Machtübernahme‹, sondern eine Hybridisierung! Das DORT Entstandene hat sich mit dem verbunden, was HIER, im Labor von Lax, entstanden ist. Ja, das ist nicht auszuschließen. Eine dispergierte Elektronik hat sich in eine andere, ebenfalls zu Dispersion und vielfältiger Metamorphose fähige Elektronik eingeschaltet. Der molekulare Sendling hatte ja teilweise ein eigenes Gedächtnis: die Programme der Verwandlungen. Genau wie Eiskristalle, die sich zu Millionen verschiedener Schneeflocken verbinden können. Zwar bildet sich jedesmal eine Hexagonalsymmetrie, aber sie ist immer anders. Ja, ich hatte mit ihm Verbindung und war in gewissem Sinne immer ER. Zugleich aber lieferte ich ihm nur die Impulse, wie er sich zu verwandeln hatte, und er tat das an Ort und Stelle, von sich aus, auf und unter dem Mondboden.«
    »Besaß er Intelligenz?«
    »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Um ein Auto zu fahren, braucht man nicht zu wissen, wie es gebaut ist. Ich wußte, wie ich ihn zu steuern hatte, und ich bemerkte, was er bemerkte, wußte aber nichts von seiner Konstruktion. Falls er sich übrigens nicht als normaler Sendung, als hohle Hülle, sondern wie ein Roboter bewegen konnte, so weiß ich davon nichts.«
    »Aber Lax weiß es.«
    »Sicher. Ich möchte mich dennoch nicht an ihn wenden, jedenfalls nicht direkt.«
    »Dann schreib ihm doch.«
    »Bist du verrückt geworden?«
    »Schreib so, daß nur er es versteht.«
    »Jeder Brief wird abgefangen. Auch das Telefon entfällt.«
    »Du läßt den Brief ohne Unterschrift.«
    »Und die Handschrift?«
    »Ich werde schreiben, du diktierst mir die Buchstaben.«
    »Das bringt nur Krakeleien.«
    »Na und? Jetzt habe ich erst mal Hunger, ich will zum Frühstück ein Omelett mit Konfitüre. Danach fassen wir den Brief ab.«
    »Und wer schickt ihn ab? Und wie?«
    »Das klären wir nach dem Frühstück.«
     
    Der Brief erschien als eine von vornherein unlösbare Aufgabe. Die geringste Schwierigkeit war noch, daß ich die Privatanschrift von Lax nicht kannte. Ich mußte so schreiben, daß er verstand, daß ich mich mit ihm treffen wollte, außer ihm aber niemand dahinterkam. Sämtliche eingehende Post wurde von den besten Fachleuten untersucht, sie alle mußten überlistet werden. Chiffren kamen gar nicht in Frage. Außerdem sah ich niemanden, dem ich auch nur das Abschicken des Briefes anvertrauen konnte. Vielleicht arbeitete Lax auch schon gar nicht mehr bei der Agentur, und selbst wenn der Brief wie durch ein Wunder in seine Hände käme und er mit mir Kontakt aufzunehmen wünschte, würde er von ganzen Horden von Agenten und Geheimdiensten überwacht. Es sollte ja sogar Spezialsatelliten geben, die von einer stationären Erdumlaufbahn unablässig meinen Aufenthaltsort beobachteten. Zu Hous hatte ich gerade soviel Vertrauen wie zu Gramer. Auch an Tarantoga konnte ich mich nicht wenden. Ich traute ihm zwar wie mir selbst, wußte aber nicht, wie ich ihn von meinem (oder unserem) Plan unterrichten konnte, ohne die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Sicher zielte ohnehin auf jedes seiner Fenster ein ultraempfindliches Lasermikrofon, und wenn er im Supermarkt Cornflakes und Joghurt kaufte, war beides durchleuchtet, ehe er es vom Einkaufswagen in den Kofferraum gepackt hatte. Mir war beinahe schon alles egal, und so fuhr ich gleich nach dem Frühstück in die Stadt, mit dem gleichen Autobus wie beim ersten Mal.
    Vor dem Eingang zum

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