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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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geschmacklose und geruchlose – Mittel reagierst. Wir haben keine Gewißheit, ob Du nicht schon leichte Dosen erhalten hast. Der einzige Mensch, dem Du Dich außer mir anvertrauen kannst, ist Dein Arzt. Die Schnecke.«
    Diese Unterschrift wies darauf hin, daß die Nachricht von Gramer stammte. Sie konnte Wahrheit so gut wie Lüge enthalten. Ich suchte mir genau zu vergegenwärtigen, was Shapiro und was Gramer gesagt hatten. Beide stimmten darin überein, daß das gesamte Mondprojekt gescheitert war, aber sie gingen in dem auseinander, wozu sie mich zu bereden suchten. Der Professor wollte, daß ich mich untersuchen ließ, Gramer riet mir zum Warten, ich weiß nicht, worauf. Shapiro repräsentierte – jedenfalls nach eigener Aussage – die Lunar Agency, Gramer hatte über seine Brötchengeber nichts verlauten lassen. Warum aber hatte er mich nicht gleich vor Narkotika gewarnt, sondern lediglich den Brief hinterlassen? Sollte noch eine andere, dritte Seite im Spiele sein? Beide hatten mir viel erzählt, aber ich hatte nicht erfahren, warum das, was in meinem rechten Gehirn steckte, eigentlich so wichtig war. Vielleicht hatte ich etwas geschluckt, was die arme, beinahe stumme Hälfte meines Kopfes so eingeschläfert hatte, daß sie sich nicht melden konnte? Aber von welchem Zeitpunkt an? Nehmen wir an, seit dem Vortage. Zu welchem Zweck? Es sah ganz so aus, als ob alle, die Jagd auf Tichy machten, selber nicht wußten, wie es weitergehen sollte, und daher auf Zeit spielten. Ich war in diesem Spiel eine Karte von unbekannter Schlagkraft, vielleicht ein As, vielleicht auch nur eine Lusche. Eine Seite suchte die andere daran zu hindern, herauszufinden, wie es sich mit mir verhielt. Sollte man meine rechte Halbkugel eingeschläfert haben, damit ich mich nicht mit mir selber verständigen konnte? Das jedenfalls ließ sich sogleich nachprüfen. Ich nahm die linke Hand in die rechte und befragte sie in der bereits bekannten Weise.
    »Wie geht es?« fragte ich mit den Fingern. Daumen und kleiner Finger zuckten kaum merklich.
    »Hallo, hörst du mich?« signalisierte ich.
    Der Ringfinger legte sich auf die Daumenkuppe und bildete mit dieser einen Kreis. »Grüß dich«, bedeutete das.
    »Ja, ja, schon gut, grüß dich, aber wie geht es dir?«
    »Laß mich in Ruhe.«
    »Willst du wohl sofort sagen, wie es dir geht? Versteh doch, wir sitzen in einem Boot!«
    »Ich habe Kopfschmerzen.«
    Tatsache, in diesem Moment merkte ich, daß auch mir der Schädel brummte. Ich war auf neurologischem Gebiet inzwischen belesen genug, um zu wissen, daß ich in emotionaler Hinsicht nicht halbiert war, denn Sitz der Affekte ist das von der Kallotomie unversehrte Zwischenhirn.
    »Auch mir tut der Kopf weh. UNS tut er weh, verstehst du?«
    »Nein.«
    »Wieso nein?«
    »Eben so.«
    Ich kam von diesem schweigenden Dialog ins Schwitzen, wollte aber nicht lockerlassen, um herauszukriegen, was nur möglich war. Plötzlich erleuchtete mich ein ganz neuer Gedanke: Die Gestensprache der Taubstummen verlangte große Fingerfertigkeit, aber ich beherrschte doch seit undenklichen Zeiten das Morsealphabet! Ich öffnete also meine Linke und zeichnete ihr mit dem Zeigefinger der Rechten Punkte und Striche auf den Handteller – als erstes die Buchstaben SOS – SAVE OUR SOULS. Die Linke ließ sich das einige Zeit gefallen, dann ballte sie sich zur Faust und versetzte mir einen Schlag, daß ich in die Höhe fuhr. Schon hielt ich den Versuch für gescheitert, als sie den Finger ausstreckte und mir Punkte und Striche auf die rechte Wange zeichnete. Ja, so wahr ich lebe, sie gab Antwort, sie morste zurück!
    »Kitzel nicht, sonst gibt es Schläge.«
    Das war der erste Satz, den ich von ihr zu hören oder vielmehr zu fühlen bekam. Reglos wie eine Statue saß ich auf der Bettkante, denn es folgten weitere Zeichen.
    »Trottel.«
    »Wer? Ich?«
    »Jawohl. So hätte es von Anfang an gehen müssen.«
    »Und du hast nichts davon verlauten lassen!«
    »Hundertmal, du Idiot. Du hast es nicht gemerkt.«
    Wirklich erinnerte ich mich jetzt, daß sie mich schon Dutzende Male auf verschiedene Weise gekratzt hatte, aber mir war nie in meine Gehirnhälfte gekommen, das könnten Morsezeichen sein.
    »Du lieber Himmel«, kratzte ich auf die Hand, »du kannst also sprechen?«
    »Besser als du.«
    »Dann sprich! Du rettest mich, das heißt uns.«
    Ich weiß nicht, wer in Übung kam, jedenfalls lief die stumme Zwiesprache immer schneller.
    »Was ist auf dem Mond

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