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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Puppe.«
    »Warum ist sie dann geflohen?«
    »Weil die Untersuchung des Produkts Rückschlüsse auf die Produzenten zulassen könnte. In diesem Fall war es wenig wahrscheinlich, aber sie hatten vor, sämtliche Segel zu reffen, damit keine einzige Spur zurückblieb. So, Herr Tichy, es ist gleich um drei, man sollte sich Schonung auferlegen. Nehmen Sie es nicht übel, aber Ihre Empfindungen sind stark vom vergangenen Jahrhundert geprägt. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht und angenehme Träume.«
     
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Sonntags hatten wir frei. Ich rasierte mich, denn ein Bote hatte mir einen Brief gebracht. Professor Lax-Gugliborc wünschte mich zu sehen. Ich hatte schon von ihm gehört, er war Nachrichtentechniker, Spezialist für Telematik, und hatte auf dem Gelände des Stützpunkts eine eigene Arbeitsstätte. Ich kleidete mich an und machte mich Punkt zehn Uhr auf den Weg. Den hatte mir der Professor auf die Rückseite des Briefumschlags gezeichnet. Zwischen den Gebäuden, die alle nur ein Erdgeschoß hatten, fand ich zu einem hohen Drahtzaun, der einen Garten mit einem langgestreckten, leichtgebauten Haus umschloß. Ich drückte den Klingelknopf, einmal und noch einmal. Erst erschien die Leuchtschrift ICH BIN FÜR NIEMANDEN ZU SPRECHEN, dann schnarrte etwas im Schloß, und die Pforte öffnete sich. Ein schmaler Kiesweg führte zu einer Metalltür. Sie war geschlossen, eine Klinke besaß sie nicht. Ich klopfte. Drinnen rührte sich nichts. Ich klopfte noch einmal. Als ich mich schon zum Gehen wenden wollte, öffnete sich ein Türflügel, und ein hochgewachsener, hagerer Mann in fleckigem, bekleckertem blauem Kittel sah dahinter hervor. Er war fast völlig kahlköpfig, nur an den Schläfen hielt sich noch kurzgeschorenes graues Haar. Eine starke Brille mit Bifokalgläsern gab ihm einen Ausdruck, als blicke er ewig verwundert mit runden Fischaugen in die Welt. Er hatte eine lange, witternde Nase und eine massive Stirn.
    Wortlos ließ er mich ein und schloß hinter mir ab, und das nicht nur einmal. Der Flur lag im Dunkel, mein Gastgeber ging voran. Mich an der Wand entlangtastend, folgte ich ihm. Das war alles so verschwörerisch und kauzig. In der warmen, trockenen Luft hing der Geruch von Chemikalien. Eine Schiebetür ging auf, er ließ mir den Vortritt.
    Ich stand in einem großen Arbeitsraum, der auf eine geradezu unwahrscheinliche Weise einer Rumpelkammer glich. Überall stapelten sich Apparate aus brüniertem Metall, durch Kabel verbunden, die sich auf dem Fußboden knäuelten. In der Mitte ein Labortisch, ebenfalls voller Geräte, Papiere und Instrumente, daneben ein Käfig, ein richtiger Papageienkäfig aus dünnem Draht, allerdings so groß, daß ein Gorilla hineingepaßt hätte. Am merkwürdigsten waren Figuren, die reihenweise an den Wänden lagen und an nackte Schaufensterpuppen erinnerten, manche ganz ohne Kopf, andere mit geöffneter Schädeldecke, wieder andere mit einem Brustkorb, der aufgeklappt war wie eine kleine Tür. Ihr Inneres steckte voller Strippen und Platten, und unter dem Tisch lagen auf einem Haufen für sich zahlreiche Arme und Beine.
    Dieser vollgepfropfte Raum besaß keinerlei Fenster. Der Professor fegte Kabelrollen und Elektronikbauteile von einem Stuhl und bewegte sich mit einer Behendigkeit, die ich ihm nicht zugetraut hätte. Schließlich kroch er auf allen vieren unter den Tisch, zog einen Recorder hervor und schaltete ihn ein. In der Hocke verharrend, sah er mir von unten in die Augen und legte einen Finger auf den Mund, während aus dem Gerät seine quäkende Stimme drang.
    »Ich habe Sie zu einer Lektion hergebeten, Tichy. Es wird Zeit, Ihnen das Notwendigste über die Nachrichtentechnik mitzuteilen. Bitte nehmen Sie Platz und hören Sie zu. Sie dürfen sich keinerlei Notizen machen …«
    Während die Stimme weitersprach, öffnete der Professor den großen Drahtkäfig und forderte mich mit einer Geste zum Eintreten auf. Als ich zauderte, stieß er mich ohne Umstände hinein und folgte mir. Drinnen nahm er mich bei der Hand und zerrte daran zum Zeichen, daß ich mich auf den Boden setzen sollte. Ich gehorchte. Er selbst ließ sich mir gegenüber nieder, mit gekreuzten Beinen, deren spitze Knie unter dem Kittel hervorstarrten. Es war wie in einer Filmklamotte mit einem übergeschnappten Gelehrten. Auch durch den Käfig schlängelten sich nach allen Seiten Drähte, der Professor steckte zwei zusammen, und ein monotones Summen ertönte. Aus dem Recorder, der

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