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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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draußen neben dem Stuhl lag, quäkte weiter die Stimme. Lax zog hinter seinem Rücken zwei dicke schwarze Halsbänder hervor, eines zog er sich über den Kopf und legte es um wie einen Kragen, das andere reichte er mir, damit ich es ihm nachtat. Dann steckte er sich einen Kontakt von der Form einer kleinen Olive ins Ohr. Auch darin folgte ich ihm. Der Recorder quasselte laut, ich aber hörte im Ohr, was der Professor sagte.
    »Jetzt können wir reden. Sie dürfen Fragen stellen, aber sie müssen intelligent sein. Niemand kann uns zuhören, wir sind abgeschirmt. Sie brauchen sich über nichts zu wundern. Selbst Vertraute genießen kein Vertrauen, und das mit Recht.«
    Wir saßen auf dem Boden des Käfigs, so eng voreinander, daß unsere Knie sich fast berührten. Draußen lief nach wie vor der Recorder.
    »Darf ich reden?« fragte ich.
    »Sie dürfen. Elektronik hilft immer gegen Elektronik. Sie sind mir durch Ihre Bücher bekannt. Das alles hier ist nur Gerümpel, Dekoration. Sie haben die Beförderung zum Heros erhalten. Die Mission zur Monderkundung. Sie werden fliegen.«
    »Ja«, sagte ich. Er bewegte beim Sprechen kaum die Lippen, aber ich verstand ihn über den Hörer im Ohr vorzüglich. Das Ganze war sonderbar, keine Frage, aber ich beschloß, mich an die mir aufgezwungenen Spielregeln zu halten.
    »Es ist bekannt, daß Sie fliegen werden. Tausend Leute werden Sie von der Erde aus unterstützen. Die hochzuverlässige Lunar Agency. Nur daß diese im Innern zerrissen ist.«
    »Die Agentur?«
    »Jawohl. Man wird Sie mit einer Serie neuer Sendlinge ausrüsten, aber nur einer taugt wirklich etwas: der meine. Eine völlig neue Technologie. ›Denn du bist Staub und sollst zu Staub werden und wieder erstehen.‹ Ich werde es Ihnen vorführen, aber zuvor erhalten Sie von mir ein Viatikum, eine heilsame Lehre für die Reise.«
    Er hob den Finger. Seine Augen, klein und rund hinter den dicken Gläsern, lächelten gutmütig-verschlagen.
    »Sie werden hören, was man von Ihnen wollte, erst einmal aber das, was man nicht wollte. Ich tue das, weil ich es so will. Ich bin ein Mann von altmodischen Grundsätzen. Bitte hören Sie zu. Die Agentur ist eine internationale Einrichtung, aber sie kann keine Engel aufbieten. Auf weitere Entfernung, beispielsweise auf dem Mars, hätten Sie selbst handeln müssen. Einer allein gegen Theben. Auf dem Mond hingegen werden Sie nur die äußerste Spitze einer Pyramide sein. Sie werden ein Team zur strategischen Unterstützung hinter sich haben. Wissen Sie, wer diesem Team angehört?«
    »Nicht ganz. Die meisten kenne ich: die Brüder Cybbilkis, Tottentanz, Doktor Lopez … Außerdem noch Sultzer und die anderen … Aber was soll das, worum geht es denn?«
    Er wiegte schwermütig den Kopf. Wir mußten ziemlich lächerlich aussehen – in diesem hohen Käfig sitzend, unter dem an das Summen von Insekten erinnernden Dauerton, in den sich von draußen die Stimme des Recorders mischte.
    »Alle diese Burschen vertreten vielfältige, entgegengesetzte Interessen. Anders kann es nicht sein.«
    »Darf ich alles sagen?« fragte ich, weil ich schon ahnte, worauf der Sonderling hinauswollte.
    »Ja. Demzufolge, was Sie von mir hören werden, sollten Sie niemandem über den Weg trauen, also auch mir nicht. Jemandem müssen Sie am Ende aber doch vertrauen. Die ganze Idee mit diesem Umzug« – er wies mit dem Finger zur Decke – »war natürlich auch mit der Doktrin der Unkenntnis ohne jeden Sinn. Das mußte ganz einfach so enden – falls es schon zu Ende ist. Man hat sich die Suppe selber eingebrockt. Allerdings war es auch gar nicht anders möglich. Der Direktor hat Ihnen von den vier verwirklichten Unmöglichkeiten erzählt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Es gibt noch eine fünfte. Man will die Wahrheit wissen, will es aber auch nicht. Das heißt, nicht jede Wahrheit. Und nicht jeder dieselbe. Verstehen Sie?«
    »Nein.«
    So unterhielten wir uns. Wir saßen uns zwar gegenüber, sprachen aber miteinander wie übers Telefon. Der Summton hielt an, der Recorder redete. Lax hielt die Arme auf die Knie gestützt, seine Augen blinzelten hinter der starken Brille.
    »Ich habe mich so eingerichtet, um die Abhörkanäle zu verstopfen«, sagte er ohne Eile. »Ganz gleich, wem sie gehören und für wen sie arbeiten. Ich will tun, was ich kann, weil ich meine, daß es sich so gehört. Normaler Anstand. Dank ist überflüssig. Man wird Sie unterstützen, aber es wird der Gesundheit zuträglicher sein, gewisse

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