Frieden auf Erden
wenn in meiner Vermutung auch nur ein Körnchen Wahrheit steckte, waren andere Minen zu erwarten, die nicht mehr auf Menschen, sondern auf Automaten lauerten. Ich ging also langsamer und setzte meine Schritte sehr vorsichtig, ließ Düne um Düne hinter mir, immer die Sonne im Rücken. Hin und wieder stieß ich auf größere und kleinere Steine, die ich jedoch nicht mehr spaltete oder trat, denn wenn es tatsächlich jene zwei Arten gab, konnte das ein schlimmes Ende nehmen.
Ich hatte an die drei Meilen zurückgelegt, vielleicht auch etwas darüber – ich besaß zwar einen Schrittmesser, aber er steckte tief in der äußeren Beintasche, die so eng war, daß ich mit dem Handschuh nur mühsam hineinkam und es daher lieber unterließ –, als ich im Süden etwas erblickte, was nach Ruinen aussah. Ich war davon nicht besonders beeindruckt, denn auf dem Mond gibt es viele vom Zufall übereinandergetürmte Felsstücke, die von weitem wie verfallene Gebäude aussehen, und man merkt erst im Nähertreten, daß man einer Täuschung verfallen ist. Dennoch änderte ich die Richtung und wartete, durch immer tieferen Sand watend, darauf, daß die Felsengruppe ihr wirkliches, chaotisches Aussehen offenbarte. Sie tat es aber nicht, im Gegenteil, je näher ich kam, desto deutlicher wurden die ramponierten und verrußten Fassaden flacher Gebäude. Die schwarzen Flecken waren keine gewöhnlichen Schatten, sondern gähnende Fensteröffnungen, nicht ganz regelmäßig, aber immerhin geordneter, als es bei Felslöchern solcher Größe auf dem Mond jemals anzutreffen gewesen wäre.
Unter meinen Sohlen rutschte kein Sand mehr weg, die Stiefel traten auf einen dicken, holprigen Schmelz wie geronnene Lava, aber Lava war das nicht, sondern Sand, der einer sehr hohen Temperatur ausgesetzt, darunter geschmolzen und im Abkühlen wieder erstarrt war. Ich hatte mich darin nicht geirrt, diese Kruste glänzte stark im Sonnenlicht und zog sich über den ganzen sanften Abhang, den ich zu bewältigen hatte. Von den Ruinen trennte mich nur noch diese ziemlich hohe Düne, die die ganze Gegend überragte und mir von ihrem Gipfel aus die Erklärung lieferte, weshalb die Ruinen vom Raumschiff aus nicht zu erkennen waren: Sie steckten tief im Geröll.
Wären es wirklich die Reste geborstener Häuser gewesen, so hätte ich gesagt, der Schutt reiche bis an die Fenster. Aus einer Entfernung von dreihundert Metern erinnerten sie an einen von Fotografien bekannten Anblick: aus Stein gebaute Ortschaften, die durch ein Erdbeben zerstört worden sind. Im Iran ist dergleichen anzutreffen. Von der Umlaufbahn aus sind sie nur in Terminatornähe zu bemerken, wenn die sehr tiefstehende Sonne durch die offenen, halb zerfallenen oder wie durch eine Explosion demolierten Fensteröffnungen fällt. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob es nicht doch nur eine besondere Felsenformation war, und ging weiter darauf zu. Mir gefiel die Sache aber so wenig, daß ich den Geigerzähler zur Hand nahm und auf die Skala schaute. Auch das ging nicht so einfach, im Hinabsteigen von der Höhe war ich sogar der Länge lang hingefallen. Deshalb schloß ich die Leitung des Geräts an eine Steckdose am Raumanzug an, wodurch ich das Ticken hören konnte, falls das Gelände sich als radioaktiv erwies. Das war auch der Fall, und wie! Allerdings setzte das eilige Ticken erst auf der Hälfte des Gegenhangs ein, kaum daß ich das Trümmerfeld um die niedrigen, abgedeckten Gebäude mit den schartigen Mauern betrat (jetzt war ich sicher, daß dies kein Werk der natürlichen Kräfte des Mondes war). Das Geröll rutschte unter meinen Füßen nicht mehr weg, denn es war zu einer unbeweglichen Masse verschmolzen. Es sah aus, als sei diese sonderbare Siedlung in ihrem Zentrum von einer Explosion getroffen worden, worauf eine länger anhaltende Hitzestrahlung die Schutthalde aufgeschmolzen und ein versteinertes Ganzes geschaffen hatte.
Ich war bereits zwischen den ersten Ruinen, widmete ihnen aber nicht die gebührende Aufmerksamkeit, weil ich auf jeden meiner Schritte achten mußte. Vorsichtig setzte ich die schweren Stiefel auf die spitzen Vorsprünge der großen Halde, damit ich nicht zwischen die Gesteinsbrocken geriet. Erst weiter oben, direkt gegenüber der nächsten Ruine, ging der ziemlich steile Schutt in einen gläsernen Schmelz über, auf dem sich wie Ruß schwärzliche Streifen hinzogen. Das Gehen fiel leichter, ich legte einen Schritt zu und stand bald vor dem ersten Fenster. Es war eine
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