Frieden auf Erden
Mondes, die darüber verstreuten grauen Eidechsen, die Hänge des Höhenzugs gegenüber und darüber den schwarzen Himmel – aber ich sah dies alles wie durch wackelndes Gallert. Die Konturen der Gegenstände verschwammen, die Sterne überm Horizont blinkerten wie auf der Erde und lösten sich dann in wabrige Flecken auf.
Gemeinsam mit dem großen Stein, an den ich mich klammerte, litt ich an Schüttelfrost, ich schwang wie eine Stimmgabel, ich war ganz erfüllt von diesem Schüttern, ich fühlte es in jedem Knochen bis in den kleinen Zeh, es wurde immer stärker, brachte sämtliche Einzelteile meines Daseins ins Schaukeln, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis alles auseinanderflog wie Sülze. Die Vibration tat bereits weh, ich spürte in mir Tausende mikroskopisch kleine Bohrer auf einmal, ich wollte mich von dem Felsbrocken abstoßen und auf die Beine kommen, dann übertrügen sich die Schwingungen nur durch die Fußsohlen und würden also gemindert, aber nicht einmal die Hand konnte ich rühren. Wie gelähmt, halb blind starrte ich nach der gewaltigen Spinne hinüber, die sich zu einer aufgeblähten dunklen Kugel zusammengerollt hatte, ganz wie eine wirkliche Spinne, die unter einem Vergrößerungsglas verendet. Mir wurde schwarz vor Augen, ich fühlte mich ins Bodenlose stürzen, bis ich, schweißüberströmt und halb erstickt, die Augen aufschlug und mir freundlich die bunte Steuertafel im Cockpit entgegenstrahlte. Ich war zurück an Bord, die Sicherungen hatten mich selbsttätig von dem in Bedrängnis geratenen Sendling getrennt. Nach einigem Abwarten entschloß ich mich dennoch, in ihn zurückzukehren, wenngleich mit dem fatalen, bisher nicht gekannten Gefühl, mich in die zerfetzten Reste eines Leichnams zu versetzen. Vorsichtig, als könnte ich mich verbrennen, betätigte ich den Griff, befand mich wieder auf dem Mond und spürte wieder das allmächtige Vibrieren. Bevor die Sicherung mich erneut zurück in die Rakete warf, konnte ich undeutlich gerade noch einen Haufen schwarzer Trümmer sehen, der langsam vom Scheitel des Höhenzugs rutschte. Die Festung ist wohl gefallen, dachte ich, dann war ich wieder im eigenen Körper. Daß der Sendling nicht kaputtgegangen war, gab mir den Mut, mich ein weiteres Mal in ihn zu versetzen.
Nichts bebte mehr, es herrschte Grabesruhe. Zwischen den Resten der verbrannten Echsen lagen die Trümmer der Festung, jener rätselhaften Anlage, die den Zugang zum Gipfel verwehrt hatte. Die Spinne jedoch, die das Hindernis durch die katastrophale Resonanz zerschmettert hatte (ich zweifelte nicht, daß sie dies bewirkt hatte), lag flach am Boden, ein gewaltiges Knäuel zitternder Gliedmaßen, die sich in der Agonie immer noch beugten und streckten. Diese gleichmäßigen Bewegungen wurden immer langsamer, bis sie erstarben. Ein Pyrrhussieg? Ich wartete auf den Fortgang der Angriffe, aber nichts regte sich. Hätte ich mich des Vorgefallenen nicht erinnert, wäre mir die Schlacke des Gerümpels, das das ganze Feld überzog, womöglich nicht einmal aufgefallen, so sehr verschmolz es in eins mit den sandigen Bodenwellen.
Ich wollte aufstehen, aber es ging nicht. Nicht einmal die Hand konnte ich bewegen. Mit Mühe brachte ich es fertig, den behelmten Kopf vorzubeugen, um an mir heruntersehen zu können.
Der Anblick war nicht fröhlich. Der Felsen, der mir bisher als Brustwehr gedient hatte, war in große Stücke geborsten, über die sich ein Netz feiner Risse zog. In dem Geröll, das diese Reste bildete, steckten meine Gliedmaßen oder vielmehr ihre Stümpfe. Der unglückselige, verstümmelte Sendling! Er war nur noch ein Rumpf ohne Arme und Beine. Ich erlebte das unglaubliche Gefühl, mit dem Kopf auf dem Monde, mit dem Körper jedoch an Bord zu sein: Ich sah vor mir unverändert das Schlachtfeld unter dem schwarzen Himmel, spürte aber gleichzeitig den Druck der Gurte, die mich an Sitz und Lehne meines Sessels banden. Dieser Sessel war unsichtbar bei mir, aber er war auch nicht bei mir, denn ich konnte ihn nicht sehen.
Meine Eindrücke sind leicht zu erklären: Die Sensoren, die keine Signale mehr erhielten, hatten ihre Arbeit eingestellt, ich hatte nur noch Verbindung mit dem Kopf, der, vom Helm beschirmt, das von der Spinne in Gang gesetzte mörderische Beben überstanden hatte.
Hier hatte ich nichts mehr zu suchen, es wurde Zeit zum endgültigen Rückzug. Dennoch blieb ich in dem Rumpf, der dort im Schutt steckte, und ließ den Blick über den im Sonnenglast liegenden
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