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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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computergesteuerten Waffenbrütereien programmiert hatten, die Japaner aber waren dafür bekannt, daß sie hinterm Berg hielten und es faustdick hinter den Ohren hatten. Von daher war ich auf greuliche Überraschungen gefaßt. Professor Hagakawa, der unserem Team in der Zentrale angehörte, wußte bestimmt auch nicht, wohin sich die Urlarven der japanischen Waffen entwickelt hatten, gab mir anständigerweise aber die Warnung mit auf den Weg, vorsichtig zu sein und nicht auf Schein und Trug hereinzufallen. Da ich nicht wußte, wie Schein und Trug von Tatsachen zu unterscheiden waren, trabte ich gemächlich über das eintönige, flache Gelände. Erst fern am Horizont erhob sich der niedrige Wall eines Kraters. Vivitch, Hagakawa und der ganze Rest äußerten größte Zufriedenheit, weil das über die trojanischen Satelliten auf die Erde übertragene Fernsehbild ausgezeichnet war, »rasiermesserscharf«, wie sie sagten. Nach einer Stunde fielen mir zwischen den regellos im Sand steckenden Steinen plötzlich niedrige Stengel auf, die sich in meine Richtung neigten. Sie sahen aus wie die Stiele verwelkten Kartoffelkrauts. Ich fragte an, ob ich das Zeug mal untersuchen sollte, aber niemand wollte mir die Entscheidung abnehmen, und als ich auf stur schaltete, waren die einen der Ansicht, ich solle unbedingt Hand anlegen, während die anderen meinten, ich solle die Finger davon lassen. Also beugte ich meinen Zentaurenrumpf über ein größeres Büschel dieses Krauts und suchte einen der krummen Stengel abzureißen. Das gelang auch, ich hatte ihn in der Hand und wollte ihn in Augenschein nehmen, wobei weiter nichts passierte, als daß er sich zu winden begann wie eine Schlange und sich fest um mein Handgelenk legte. Nach etlichen anderweitigen Versuchen bekam ich heraus, daß er auf Streicheleinheiten ansprach: Auf ein zärtliches Fingerkraulen hin löste er den Griff.
    Eigentlich war es blöd, das Wort an welke Stiele von Kartoffelkraut zu richten, auch wußte ich, daß dies mit Kartoffeln nichts zu tun hatte, aber komisch war es doch, und ich probierte es. Ich rechnete nicht damit, eine Antwort zu bekommen, ich bekam auch keine, warf den Krautstiel, der sich wie ein Wurm ringelte, beiseite und trabte weiter.
    Die Gegend erinnerte an ein vernachlässigtes Gemüseanbaugebiet und machte dadurch einen recht idyllischen Eindruck. Dennoch war ich jeden Augenblick auf einen Angriff gefaßt und provozierte dieses Pseudogemüse sogar, indem ich es mit Hufen trat (so nämlich sah meine Fußbekleidung aus; wäre mir daran gelegen gewesen, hätte ich sie auch gespalten tragen können!). Bald darauf kam ich an lange Beete anderer toter Pflanzen. Vor einem jeden stand ein großes Schild mit der Aufschrift STOP! HALT! STOP! und den Entsprechungen in zwanzig anderen Sprachen einschließlich des Malayischen und des Hebräischen. Ich störte mich nicht daran und trabte munter hinein in diese seltsame Botanik. Ein Stück weiter schwärmten dicht über dem Boden winzige blaßblaue Fliegen, die sich, meiner ansichtig werdend, zu Buchstaben formierten: DANGER! OPASNOST! GEFAHR! ATTENTION! YOU ARE ENTERING JAPANESE PINTELOU!
    Ich nahm sofort Kontakt zur Zentrale auf, aber da nicht einmal Hagakawa wußte, was PINTELOU war, geriet ich in eine erste kleine Verlegenheit, weil die über dem Sand vibrierenden Buchstaben sich, als ich in sie hineinlief, an mich hefteten und wie Ameisen über meinen Körper krochen. Da sie mir jedoch nichts taten, fegte ich sie, so gut ich konnte, mit dem Schweif herunter, der damit erstmals seine Nützlichkeit bewies, und galoppierte weiter, immer bemüht, mich auf dem Rain zwischen zwei Äckern zu halten. Schließlich gelangte ich an den Außenhang eines großen Kraters, das krautbewachsene Land verengte sich zu einer Kluft, die sich wiederum in eine Senke erweiterte, so tief, daß ich den Grund nicht sah, weil sie voll war von der rußschwarzen Finsternis des Mondes. Dort heraus preschte plötzlich ein großer Panzer gegen mich vor, flach und dennoch gewaltig, laut quietschend und mit den breiten Ketten rasselnd, was um so verwunderlicher war, als auf dem Mond nichts zu hören ist, weil es dort keine Luft und damit keine akustische Leitfähigkeit gibt. Dennoch hörte ich dieses Rasseln, dazu sogar das Knirschen von Kies unter Raupenketten. Der Panzer fuhr, von einer ganzen Kolonne gefolgt, direkt auf mich zu. Ich hätte ihnen gern die Vorfahrt gelassen, aber dafür war in diesem engen Hohlweg leider kein Platz. Schon

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