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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Weile gewöhnten sich unsere Augen an die Dunkelheit.
    »Da ist keine Leiche«, sagte Crumley.
    »Ja, aber …«
    »Das paßt«, sagte Crumley und schritt Richtung Green Town von dannen.
    »J. C?« flüsterte ich. »J. C.«
    Crumley rief vom Fuße des Hügels: »Steh dort nicht einfach herum!«
    »Ich stehe nicht einfach herum!«
    Ich zählte bis zehn, langsam, wischte mir die Augen mit den Fäusten ab, putzte meine Nase und stürmte dann den Hügel hinab.
    Ich führte Henry und Crumley den Weg hinauf zum Haus meiner Großeltern.
    »Ich rieche Geranien und Flieder.« Henry hob witternd den Kopf.
    »Stimmt.«
    »Und frisch geschnittenes Gras und Möbelpolitur und jede Menge Katzen.«
    »Sie jagen Mäuse für das Studio. Achtung, Henry, Stufen, acht nach oben.«
    Wir standen auf der Veranda und schöpften Atem.
    »Mein Gott.« Ich blickte hinüber auf die Hügel von Jerusalem, hinter Green Town und dem See Genezareth, jenseits von Brooklyn. »Jetzt schwant mir etwas. Das Monster ging nicht auf den Friedhof, es ging von dort auf das Studiogelände! Was für ein genialer Trick. Ein Geheimgang, von dem keiner weiß, um seinen Opfern nachzuspionieren. Wir haben ja gesehen, wie es sie mit der Puppe auf der Mauer erschreckt hat; dann hat es sich das Geld gekrallt. Es erschreckt sie abermals und kassiert noch mehr!«
    »Gesetzt den Fall«, sagte Crumley, »daß es wirklich so gewesen ist.«
    Ich nahm einen tiefen, zittrigen Atemzug und ließ die Luft langsam wieder entweichen. »Es gibt noch eine Leiche, die ich dir nicht präsentieren kann.«
    »Ich würde lieber nichts davon hören.«
    »Die von Arbuthnot.«
    »Alle Wetter, das ist richtig!«
    »Jemand hat sie geklaut«, sagte ich. »Schon vor langer Zeit.«
    »Ach was, meine Herren«, meldete sich der blinde Henry. »Sie ist niemals dort gewesen. Der Ort war absolut sauber, dieses Tiefkühlgrab.«
    »Und wo ist dann Arbuthnots Leiche all die Jahre über gewesen?« fragte Crumley.
    »Du bist der Spürhund. Dann spür dem mal nach.«
    »Also«, sagte Crumley, »wie findet ihr folgendes? Halloween-Saufparty. Jemand vergiftet den Drink. Verpaßt ihn Arbuthnot in letzter Sekunde, bevor er geht. Arbuthnot fährt mit dem Wagen los, stirbt am Steuer, drängt den anderen Wagen von der Straße. Die Sache wird vertuscht. Die Autopsie ergibt, daß das Gift in seinem Körper einen ausgewachsenen Elefanten umwerfen würde. Das corpus delicti wird noch vor der Begräbniszeremonie verbrannt – nicht begraben. Arbuthnot löst sich buchstäblich in Rauch auf. Sein leerer Sarkophag wartet noch immer in der Gruft, bis unser Freund Henry die Wahrheit ans Licht bringt.«
    »Genau so war es, oder?« nickte Henry zustimmend.
    »Das Monster weiß, daß das Grab leer ist, vielleicht sogar, weshalb, und nutzt die Stätte als Operationsbasis, stellt den Doppelgänger von Arbuthnot auf die Leiter und schaut zu, wie die aufgescheuchten Ameisen über die Mauer kommen. Was meinst du?«
    »Damit haben wir immer noch nicht Roy, J. O, Clarence oder das Biest«, sagte ich.
    »Herr, erlöse mich von diesem Kerl!« Crumley schickte ein Stoßgebet zum Himmel.
    Crumley wurde erhört.
    Durch die Studiostraßen toste plötzlich ein schreckenerregender Lärm, einige Fehlzündungen, Hupen und ein Schrei.
    »Das ist Constance Rattigan«, stellte Henry fest.
    Constance parkte vor dem alten Haus und stellte den Motor ab.
    »Auch wenn sie die Zündung ausgeschaltet hat«, sagte Henry, »ich höre ihren Motor immer noch laufen.«
    Wir empfingen sie an der Haustür.
    »Constance!« rief ich. »Wie bist du an der Wache vorbeigekommen?«
    »Nichts einfacher als das.« Sie lachte. »Da steht ein Oldtimer. Ich erinnerte ihn daran, wie ich ihn damals in der Männerturnhalle angemacht habe. Er wurde knallrot, und derweil brummte ich an ihm vorbei! Holla, wenn das dort nicht der großartigste Blinde auf der ganzen Welt ist!«
    »Arbeitest du immer noch in diesem Leuchtturm und dirigierst die Schiffe?« fragte Henry.
    »Laß dich umarmen, Henry.«
    »Du fühlst dich wunderbar weich an.«
    »Und Elmo Crumley, du alter Gauner!«
    »Sie irrt sich aber auch nie«, sagte Crumley, während sie ihm sämtliche Rippen zerquetschte.
    »Laßt uns von hier verschwinden«, sagte Constance. »Henry? Du gehst vorneweg!«
    »Bin schon weg!« erwiderte Henry.
    Auf dem Weg aus dem Studio heraus murmelte ich: »Golgatha.«
    Constance fuhr langsamer, als wir an dem uralten Hügel vorbeikamen.
    Ringsum herrschte absolute Dunkelheit. Kein

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