Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
meine vollkommenste Arbeit! Sehen Sie es sich an, verdammt! Es ist wunderschön. Es gehört mir!«
    »Nein! Es gehört dem Studio! Werfen Sie es weg! Der Film ist gestrichen. Sie sind beide gefeuert. Ich möchte diesen Ort hier in einer Stunde aufgeräumt vorfinden. Los jetzt!«
    »Warum«, fragte Roy, »regen Sie sich so auf?«
    »Ach ja, ich rege mich auf?«
    Und dann pflügte sich Manny einen Weg durch das Atelier, die Schuhe unter den Arm geklemmt. Mit wütenden Schritten zermalmte er Modellhäuschen und trampelte auf Spielzeuglaster.
    Als er bei der Tür angekommen war, blieb er stehen, schnappte nach Luft und starrte mich an. » Du bist nicht gefeuert. Du bekommst einen neuen Job. Aber der andere Saukerl? Raus mit ihm!«
    Die Tür ging auf. Wie bei einer gotischen Kathedrale flutete Licht herein. Dann knallte die Tür zu und ich blieb allein mit Roys Verzweiflung und Niederlage.
    »Mein Gott, was haben wir bloß getan! Was zum Teufel!« schrie ich Roy an, ihn, mich und den roten Lehmkörper des Monsters, des entdeckten und enthüllten Ungeheuers. »Was nur?«
    Roy zitterte. »Herrje, da arbeite ich ein halbes Leben lang, um etwas wirklich Herausragendes zu schaffen. Ich übe, ich warte, ich halte Ausschau, bis ich es zum Schluß wirklich sehe. Und das Ding kommt aus meinen Fingerspitzen heraus … Gott, es kam einfach so heraus! Was ist das für ein Ding, aus diesem verdammten Lehm? Wie kommt es, daß es geboren wird, und ich dabei draufgehe?«
    Roy erschauerte. Er hob die Fäuste, doch es war niemand da, auf den er hätte einschlagen können. Sein Blick fiel auf seine prähistorischen Tiere, und er machte eine allumfassende Geste, als wollte er sie umarmen und beschützen.
    »Ich komme wieder!« rief er ihnen mit heiserer Stimme zu; dann lief er davon.
    »Roy!«
    Ich lief ihm nach, als er ins grelle Tageslicht hinausstolperte. Die Sonne hatte den reinsten Glutofen entfacht, wir bewegten uns in einem Fluß aus Feuer. »Wo willst du hin?«
    »Weiß der Himmel! Bleib du hier. Es hat keinen Sinn, wenn du auch rausfliegst! Das ist dein erster Job. Du hast mich gestern nacht gewarnt. Jetzt weiß ich, daß es krankhaft war, aber warum? Ich verstecke mich irgendwo auf dem Gelände, damit ich heute nacht meine Freunde herausschmuggeln kann!« Er schaute mit einem sehnsüchtigen Blick auf die geschlossene Tür, hinter der seine Viecher wohnten.
    »Ich helfe dir dabei«, sagte ich.
    »Nein. Laß dich nicht mit mir sehen. Dann denken die, du hast mich dazu angestiftet.«
    »Roy! Manny sah aus, als wolle er dich umbringen! Ich rufe meinen Freund an, Crumley, den Privatdetektiv. Vielleicht kann er uns helfen. Hier ist Crumleys Telefonnummer.« Ich notierte sie hastig auf einem zerknüllten Stück Papier. »Versteck dich. Ruf mich heute abend an.«
    Roy Holdstrom warf sich in seine Laurel-und-Hardy-Kiste und tuckerte mit zwanzig Stundenkilometern in Richtung hinteres Studiogelände davon.
    »Glückwunsch«, sagte jemand. »Du blöder gottverdammter Kerl!«
    Ich drehte mich um. Fritz Wong stand mitten auf der nächsten Querstraße. »Ich habe herumgeschrien und zu guter Letzt hat man Sie darauf angesetzt, das Drehbuch zu meinem lausigen Film Gott und Galiläa noch einmal zu überarbeiten. Manny hat mich gerade eben mit seinem Rolls überfahren und mir die Neuigkeit zugebrüllt. Na denn …«
    »Kommt in dem Script ein Monster vor?« Meine Stimme zitterte.
    »Nur Herodes Antipas. Leiber will Sie sehen.«
    Und schon schob er mich in die Richtung von Leibers Büro.
    »Warten Sie«, sagte ich.
    Ich sah über Fritzens Schulter zum anderen Ende der Studiogasse, zur Straße hin, wo sich die Menge, der Mob, die Menagerie jeden Tag, und bis in alle Ewigkeit, versammelte.
    »Idiot!« sagte Fritz. »Wo wollen Sie hin?«
    »Ich habe gerade eben erlebt, wie Roy entlassen wurde«, sagte ich im Gehen. »Jetzt muß ich dafür sorgen, daß er wieder eingestellt wird.«
    »Dummkopf.« Fritz kam mit großen Schritten hinter mir her.
    »Manny erwartet Sie jetzt gleich !«
    »Jetzt gleich, plus fünf Minuten.«
    Vor dem Studiotor sah ich zur anderen Straßenseite hinüber.
    Bist du da, Clarence? fragte ich mich.
     

20
     
    Und tatsächlich, dort standen sie.
    Die Bekloppten. Die Schwachsinnigen. Die Idioten.
    Die Meute der Verehrer, die zu den Schreinen der Filmstudios eine Wallfahrt angetreten hatten.
    Da standen sie, wie die Reisenden der Nacht, die mich einst in ihrer Mitte vorangeschoben hatten, um die Boxkämpfe des Hollywood Legion

Weitere Kostenlose Bücher