Friedhof New York
auf dem Gesicht, dem Kopf, der Brust, krabbelte, zuckte und bewegte sich die widerliche Masse.
Durch die Öffnungen der Nase und des Mundes hatte sie auch den Weg nach innen gefunden. Tom wußte nicht mehr zu sagen, wie viele Käfer und Spinnen er zerknackt und zerbissen und wie viele schleimige Würmer er mittlerweile verschluckt hatte.
Er war ein Mensch und fühlte sich als Tier. Er hielt sich auf den Beinen, er konnte noch durch den Mund Luft holen, aber nicht mehr durch die Nase, denn sie war von dem Gezücht von innen her verklebt. Er sah nicht einmal mehr seine Finger, aber er spürte die Bisse auf seiner Haut.
Überall bissen sie zu, und längst waren seine Haare in Bewegung geraten. Auf ihnen hockte eine dunkle Kappe aus den widerlichen Helfern des Dämons. Zwar stand sein Mund offen, einen Schrei produzierte er nicht mehr, denn die Masse bewegte sich auch in seinem Rachen.
Sie hatte ihm die Luft genommen, er röchelte nur mehr und wußte, daß er einen schrecklichen Erstickungstod erleiden würde.
Von Jericho sah er nichts.
Dieser Dämon hatte seine Helfer geschickt. Damit war die Sache für ihn vergessen.
Nicht für Tom Sengara, der verzweifelt um sein Leben kämpfte. Sie bissen ihn weiter, sie bewegten sich, sie krabbelten, sie fügten ihm Kleinstwunden zu, und sie saugten ihm die Kraft aus seinem Körper. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich nicht mehr halten konnte und dann zu Boden fiel. Schon gaben die Beine nach.
Er sackte in die Knie. Noch spürte er den Halt in seinem Rücken, aber Stück für Stück wurde ihm dieser genommen, und immer mehr drückte er sich dem Boden entgegen.
Tom geriet in eine hockende Lage. Das Gezücht hatte sich gleichmäßig auf seinem Körper verteilt. Es kam ihm vor wie ein aus Bleiplatten bestehender Druck. Er konnte nicht mehr sitzenbleiben, fiel zur Seite, und da rammte die unsichtbare Faust direkt in seinen Rachen hinein und nahm ihm die Luft.
Nicht mehr atmen.
Nur ersticken!
Und dabei dieses Krabbeln und Beißen spüren, das ihn in seinen Tod begleiten würde.
Bisher hatten sie auch seine Augen verdeckt gehabt. Nun aber gaben sie ihm die Chance, sich vor seinem Ende noch einmal umzuschauen, als sollte er sich den letzten Eindruck von dieser Welt noch einmal richtig einprägen.
Er starrte gegen die andere Mauer.
Sie bewegte sich, sie schwang, und plötzlich schälten sich aus ihr rote und schwarze Schatten hervor. Daß es die Vorboten des Todes waren, wußte er nicht.
Bis der Faden riß.
Schwärze, nichts als Schwärze, und die letzten Sekunden in seinem Leben, die einfach furchtbar waren, bevor ihn der Erstickungstod erreichte…
***
Chato und Suko starrten auf einen Toten. Der Mann lag neben der Mauer, als hätte er versucht, sich in den letzten Sekunden seines Lebens noch in das Gestein hineinzudrücken, was ihm natürlich nicht gelungen war. Aber sie sahen noch mehr.
In seiner unmittelbaren Umgebung krabbelte und bewegte es sich. Da glitten Würmer über den Boden und wurden von irgendwelchen Käfern mit schwarz schimmernden Chitinkörpern überholt. Auch Spinnen fanden ihren Weg, und einige von ihnen krochen sogar noch aus dem Mund des Toten und dessen Nasenlöchern hervor.
Chato atmete tief ein. Sein Brustkorb spannte sich. Für ihn war Tom Sengara mehr als ein Kollege gewesen, die beiden Männer hatten sich angefreundet. Suko konnte sich vorstellen, daß Chato jetzt Schuldgefühle quälten. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und gab seiner Stimme einen ruhigen Klang.
»Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Chato. Es hat einfach so kommen müssen.«
Der Apache schüttelte den Kopf. »Nein, es hätte nicht so kommen brauchen. Er hat einen Fehler begangen. Warum ist er nicht in der Wohnung geblieben? Warum nicht?«
»Man kann ihn herausgelockt haben.«
»Vielleicht«, flüsterte Chato und ging auf die Leiche zu. »Das macht ihn nur nicht wieder lebendig.« Mit beiden Füßen zertrat er Käfer, Spinnen und glitschige Würmer.
Er war als erster bei dem Toten und kniete neben ihm nieder. Es hatte Chato hart getroffen, denn Suko – hinter ihm stehend – sah, wie dessen Schulterblätter zuckten.
Die Leiche sah schlimm aus. Käfer und Spinnen mußten gebissen haben und hatten überall kleine Wunden hinterlassen. Das jedoch war nicht alles. Die Wunden fingen an, sich zu verfärben. Sie waren längst grauschwarz geworden, und die Haut hatte sich zu einer weichen glattglitschigen Masse verändert, die durch eine sehr leichte
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