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Friedhofskind (German Edition)

Friedhofskind (German Edition)

Titel: Friedhofskind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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entlang und fand sich zwischen den Grabsteinen wieder. Vor dem Grab mit dem steinernen Schneehuhn blieb sie stehen, bückte sich, fuhr über den bemoosten Körper des kleinen Vogels.
    »Ein Singschwan«, sagte sie laut und lachte beinahe. »Du hättest ein Singschwan sein sollen, Iris mochte die Singschwäne so gerne. Aber Iris’ Vater hat nicht genau zugehört …« Dann stand sie auf und ballte die Fäuste. »Bring ihn mir zurück!«, wisperte sie. »Es tut mir leid. Es war dumm, was an dem Abend passiert ist. Er hat ja recht, es kommt nicht darauf an. Und ich glaube nicht, dass er versucht hat, mich von den Klippen zu stoßen. Ich will es nicht glauben. Bring ihn mir doch zurück, Iris! Ich … ich vermisse ihn.«
    Sie drehte sich um die eigene Achse, suchte das Grün des Friedhofs nach einem blauen Kleid ab, nach einem Wirbel blonder Locken, nach der Bewegung schwarzer glänzender Lackschuhe in der Abenddämmerung.
    Aber Iris tauchte nicht auf.
    Da legte Siri die Hände an den Mund und rief ihren Namen, rief und rief, bis sie heiser war.
    Und schließlich quietschte das Friedhofstor. Siri erwartete, sie hindurchkommen zu sehen, die kleine Gestalt mit dem hellen Haar, doch es war nicht Iris.
    Es war ein Mann. Es war jetzt ganz dunkel.
    »Lenz?«, flüsterte sie. »Bist du das?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Kaminski.
    Siri fühlte, wie sich alles in ihr versteifte.
    »Was machen Sie hier?«, fragte Kaminski. »Nach wem rufen Sie?«
    »Ich … nichts, ich …« Sie verschluckte sich an ihren Worten.
    Kaminski kam auf sie zu und streckte ihr etwas entgegen: »Zigarette?«
    »Danke. Ich rauche nicht.«
    Er griff in die Tasche der Bomberjacke und streckte ihr etwas anderes entgegen. »Schokolade?«
    »Wie bitte?«
    »Es ist dunkle Schokolade. Ich habe sie für Sie gekauft.«
    »Das ist … sehr nett von Ihnen«, sagte Siri und stand da, mitten auf dem Friedhof, mit einer Tafel Schokolade in der Hand. Mit einem Mann, mit dem sie nicht dort stehen wollte.
    »Wissen Sie, die Sache ist«, sagte Kaminski, »ich mag Sie. Ich mache mir Sorgen. Ich bin nicht der Einzige. Ich weiß, Sie können mich nicht leiden. Sie mögen meinen Haarschnitt nicht und vielleicht meine Einstellungen … aber Sie irren sich. Sie kennen mich nicht, mich und meine Freunde. Alles, was wir wollen, ist für Recht und Ordnung sorgen.«
    Sie schwieg. Was hätte sie sagen sollen?
    »Und solche Typen wie das Friedhofskind, verstehen Sie mich richtig, solche Typen hätte es früher nicht gegeben. Frau Pechten, egal, wer ich bin oder wer Sie sind, hier läuft ein Mörder frei herum. So funktioniert unser Staat, man kann nichts beweisen, man kann ihn nicht finden, und er läuft weiter frei herum. Ich frage Sie: Ist das richtig? Unser Staat ist krank. Todkrank. Man kann sich ja als ehrlicher Mensch nicht mehr auf die Straße trauen.«
    »Was hat das alles mit mir zu tun?«
    »Ich denke, Sie gehören zu den ehrlichen Menschen. Sie sind die Nächste, der etwas passieren wird, da möchte ich wetten.« Er nickte zum Friedhofstor hin. Und Siri sah, dass dort noch mehr Gestalten in der Dunkelheit standen, drei oder vier, wie verdichtete Schatten in der Nacht.
    »Meine Freunde«, sagte Kaminski, beugte sich zu ihr hinunter und legte einen Arm um ihre Schultern. »Ein paar von ihnen sind aus dem nächsten Ort. Frau Pechten … Sie müssen keine Angst vor mir haben oder vor … vor uns. Wir beschützen Sie. Deshalb sind wir hier. Es darf nicht noch ein Mord geschehen. Es darf gar nichts mehr geschehen. Es reicht.«
    »Ich dachte, die Polizei ist dazu da …«
    »Die Polizei, die Polizei!« Kaminski schnaubte. »Die Polizei glaubt an einen Unfall. Bei Aljoscha und bei Frau Henning. Und der Umbrich … davon weiß die Polizei nicht mal was. Soll ich Ihnen sagen, warum die Polizei an Unfälle glaubt? Weil es Leute im Dorf gibt, die ihnen gesagt haben, es wären Unfälle gewesen. Leute, die Angst vor dem Friedhofskind haben. Angst, dass es die Toten wieder zu Hilfe ruft.«
    »Und Sie … glauben nicht daran.«
    »Oh, es gibt eine Menge Dinge, die unerklärlich sind. Ich habe versucht, nicht daran zu glauben, aber ich gebe zu … na ja. Der Plan, Frau Pechten, hat sich geändert. Wir finden seine Schwachstelle. Wir finden heraus, wo er verwundbar ist. Wann er seine Freunde aus den Gräbern nicht rufen kann. Es muss eine Schwachstelle geben. Und wenn wir die finden, ist er dran, verlassen Sie sich drauf. So lange … so lange passen wir auf Sie auf.«
    Er

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