Friedliche Zeiten - Erzählung
Dunklen anfängt und im Hellen weitergeht, und irgendwann hatten wir das Gefühl, sie hört gar nicht mehr auf, und beinah hätten sie es geschafft, sich im Laufe der Aufregung scheiden zu lassen. Wasa ging auf den Flur und sah nach, ob aus dem Schlafzimmer-Schlüsselloch Licht kam, aber es war schon dunkel. Wir überlegten, ob wir sie auch dann wecken sollten wegen Wasas Tagen, wenn sie schon das Licht aushatten, und ich hoffte, daß Wasa es sich noch mal anders überlegen würde, aber sie war dafür, und es dauerte eine Weile, weil wir eigentlich nicht gern ins Schlafzimmer gingen und man Erwachsene nicht wecken sollte, es war schwer zu entscheiden, was mehr Aufregung bringen würde, und inzwischen wurde es immer später, wahrscheinlich war es längst mitten in der Nacht, und irgendwann ging Wasa rüber, weckte sie und sagte es also gleich. Als sie wieder zurückkam, war die Mutter dabei und klärte uns mitten in der Nacht noch einmal auf; während sie uns aufklärte, nahm ich mir vor, lieber nicht so schnell erwachsen zu werden, dann ging sie mit Wasa ins Badezimmer, und als sie zurückkamen, sagte sie, daß wir jetzt beide sehr auf Sauberkeit achten sollen und Wasa morgen zum Arzt muß, weil sie für ihre Tage noch viel zu jung ist und außerdem noch gar keine Unreinheiten im Gesicht hat, die Mutter hatte ihre Tage viel später bekommen und solche Unreinheiten im Gesicht gehabt, daß sie lange Zeit nicht in den Spiegel hatte schauen mögen, und sie hatte daher die Sorge, es wären vielleicht nicht die Tage, sondern eine Geschwulst. Wasa sagte, wenn es eine Geschwulst wäre, würde es doch weh tun, und es tut überhaupt nicht weh, aber die Mutter sagte, daß es auch Geschwulste gibt, die am Anfang nicht weh tun, sondern erst später, das sind sogar die bösartigsten, sagte sie, weil man sie am Anfang nicht merkt, und bis man sie merkt, haben sie Zeit gehabt zu wachsen, und dann ist es meistens schon zu spät. Schließlich sagte sie gute Nacht und ging, aber wir konnten nicht einschlafen, weil wir überlegten, was günstiger für Wasa wäre, Unreinheiten oder eine Geschwulst, und ich verstand nicht, warum ich auf Sauberkeit achten soll, wenn Wasa blutet. Am nächsten Tag ging die Mutter mit Wasa zum Arzt, und am Abend wurde es so, daß wir dachten, jetzt lassen sie sich ganz sicher scheiden. Eigentlich fing es beinah lustig an, weil der Vater eine Flasche Sekt gekauft hatte und sie beim Abendbrot knallen ließ und mit der Mutter und Wasa darauf anstoßen wollte, daß Wasa jetzt eine Frau geworden war. Die Mutter sagte, sie wollte lieber nicht mit anstoßen, weil sie nicht möchte, daß ihre Tochter eine Säuferin wird. Sie stieß also nicht mit an, und Wasa wußte nicht, ob sie mit anstoßen sollte oder nicht, weil sie der Mutter nicht den Kummer machen wollte, eine Säuferin zur Tochter zu haben, und vielleicht auch selbst keine werden wollte, aber zugleich hätte sie es lustig gefunden, mit dem Vater darauf anzustoßen, daß sie jetzt eine Frau geworden war, obwohl sie das selbst nicht glaubte, sie sagte hinterher, ein bißchen lustig und ein bißchen peinlich auch hätte sie es gefunden, weil sie eben selbst nicht fand, daß sie eine Frau geworden war, sondern lieber weiterhin Wasa wäre, aber angestoßen hätte sie gern, weil es dann wie Silvester gewesen wäre, und außerdem wollte sie nicht, daß der Vater wieder denkt, sie sei eine feige Verräterin wie nach dem Hollywoodschinken; ich war froh, daß es Wasas Tage waren, und ich mit meinen eigenen Tagen noch etwas Zeit hatte, ich hoffte, mit meinen eigenen Tagen noch viel Zeit zu haben, am liebsten hätte ich sie ganz ausfallen lassen, weil diese Tage Wasa so in die Klemme brachten und sie es wahrscheinlich schon bereute, überhaupt ihre Tage bekommen zu haben, und schließlich wurde Wasa keine Säuferin, obwohl sie dann eine feige Verräterin war, und der Vater hatte keine Lust, darauf anzustoßen, die Flasche stand offen auf dem Tisch, wir tranken alle Pfefferminztee, und dann erzählte die Mutter, wie es beim Arzt gewesen war und daß der Arzt gesagt hatte, wahrscheinlich ist es keine Geschwulst, aber weil Wasa noch so klein war, konnte er nicht hineinschauen, ob es nicht doch eine wäre, und uns blieb jetzt nichts anderes übrig, als abzuwarten. Der Arzt hatte Wasa einen Frauenkalender gegeben, mit dem sie ihre Tage zählen sollte, und wenn nach ein paar Tagen das Bluten aufhörte, wären es wahrscheinlich die Tage gewesen, und dann sollte sie weiter die
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