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Friedliche Zeiten - Erzählung

Friedliche Zeiten - Erzählung

Titel: Friedliche Zeiten - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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immer für alles, und ich hörte, daß sie böse auf den Vater war und ihm die Schuld an den Herzstichen in die Schuhe schieben wollte, und sie bestand darauf, daß er uns mit Kino erziehen durfte, so viel es ihm paßte, selbst wenn wir noch so gerne ins Kino gingen.
    Seit wir im Geheimnisalter waren, zogen wir uns in unserem Zimmer an. Meistens kam die Mutter dazwischen, um zu sehen, ob wir saubere Unterwäsche anzogen, weil sie Sorge hatte, daß eine von uns im Laufe des Tages ohnmächtig würde und zum Arzt oder ins Krankenhaus müßte. Wir wußten, daß sich im Westen alle Leute anziehen, bevor sie aus ihrem Zimmer herauskommen, und im Osten bleiben die Leute in ihren Wohnungen nackt, ziehen sich am Wochenende nur zum Frühstück einen Bademantel über und danach gleich wieder aus, weil sie das Wochenende nackt verbringen und überhaupt am liebsten nackt herumlaufen; die Mutter sagte, es ist unnötig, sich voreinander zu schämen, aber Wasa und ich brachten es nicht fertig, uns nicht zu schämen, sondern zogen uns in unserem Zimmer an, anstatt nackt durch die Wohnung zu laufen wie die Mutter; der Vater zog sich im Schlafzimmer an, und manchmal sprachen sie darüber, ob man lieber nackt durch die Wohnung laufen oder sich anziehen sollte, bevor man aus seinem Zimmer kommt; die Mutter sagte, es ist natürlicher und gesünder, wenn man nackt läuft und sich nicht schämt voreinander, und manchmal sagte sie, außerdem ist es modern. Wenn sie das sagte, konnte es sehr leicht ernst werden, weil der Vater dann an seine Schallplatten dachte und sagte, da irrst du aber gewaltig, Irene, es ist nicht modern, es ist Fleischbeschau, und dann stritten sie darüber, ob es modern oder Fleischbeschau wäre, nackt herumzulaufen, und der Streit konnte auf die Heizungs- und Schlüsselfragen übergreifen und gefährlich werden. Wir waren in der Sache auf der Seite des Vaters, auch wenn wir noch keine Westkinder in Ami-Hosen wurden, bloß weil wir unsere Schottenröcke in unserem Zimmer anzogen, immerhin war es ein Schritt in die richtige Richtung, sagten wir uns, aber wenn der Vater Fleischbeschau sagte, fing die Mutter meistens gleich an zu weinen, und wir versuchten, sobald es mit dem Fleisch losging, in unser Zimmer zu kommen, damit sie es vielleicht diesmal schafften, sich endlich scheiden zu lassen. Einmal war es so knapp davor, daß wir dachten, sie schaffen es; es war kurz nachdem Wasa ihre Tage bekommen hatte. Wasa bekam eines Abends ihre Tage kurz vor dem Einschlafen. Ich schlief schon halb, und Wasa sagte, du, ich glaube, ich blute. Ich begriff nicht sofort, wie man im Bett liegen und plötzlich bluten kann, und wäre gern eingeschlafen, anstatt erschrocken zu sein, aber jetzt war ich erschrocken und wußte, ich würde so schnell nicht mehr einschlafen können. Wasa sagte, daß sie im Dunklen schon eine ganze Weile lang ihre Hand beobachtet hätte, obwohl sie nichts sehen konnte, aber sie sagte, es fühlt sich so an wie Blut, wenn es trocknet, es schmeckt auch so, und sie würde gern wissen, ob sie jetzt ihre Tage bekommen hätte, und schließlich machten wir das Licht an; ich sagte, tut es weh, aber es tat nicht weh. Die Mutter hatte Wasa und mich irgendwann einmal ins Wohnzimmer gerufen und uns beide zusammen aufgeklärt, damit sie es in einem Aufwasch hinter sich hatte, und ich hatte versucht, möglichst nicht viel zu verstehen von dem, was sie sagte, aber Wasa hatte sich gemerkt, daß sie es sofort der Mutter sagen müßte, wenn sie ihre Tage bekäme. Die Eltern lagen schon im Bett, und der Vater war bestimmt schon längst eingeschlafen, deshalb dachte ich, wenn Wasa ihre Tage sehr spät abends bekommt, muß sie es vielleicht nicht sofort der Mutter sagen, sondern kann noch bis morgen früh warten, aber Wasa sagte, man kann es ja nicht wissen, aber das geht wahrscheinlich die Nacht lang so weiter, und ihr wäre es lieber, wenn die Mutter es wüßte, weil die Mutter bestimmt am nächsten Morgen merken würde, daß es schon gestern abend angefangen hat, und dann sieht sie morgen früh überall das Blut und weiß sofort, wir haben es ihr verheimlicht, und sie muß sich aufregen über uns. Ich dachte, daß es in jedem Fall eine ziemliche Aufregung würde, wenn Wasa es der Mutter sagte, und mir wäre die Aufregung morgen früh lieber gewesen als heute abend, weil es wahrscheinlich die Sorte Aufregung sein würde, die ich lieber im Hellen gehabt hätte als so kurz vor der Nacht, aber es wurde dann die Sorte Aufregung, die im

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