Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
Vom Netzwerk:
gekreuzt, folgte er seinem Chef in die schmale Gasse, in der sich die Goldschmiede befand. Vor der Tür trafen sie auf einen weiteren Mann in Weiß, der sich offenbar gerade auf den Weg machte. In seiner rechten Hand trug einen großen Metallkoffer.
    »Moin. Seid ihr fertig?«, fragte Greven.
    »Moin. Ja, sind wir, Gerd. Du kannst rein. Ich habe mir nur noch schnell das Fenster angesehen.«
    »Ist er dort rein?«
    »Nein, er ist durch die Tür. Sie wurde aber nicht aufgebrochen. Das wäre auch gar nicht so leicht. Außerdem gibt es eine Alarmanlage, wenn auch keine wirklich moderne. So wie ich das sehe, hat das Opfer dem Täter die Tür geöffnet. Aller Schlösser und Sicherungen sind intakt. Die Alarmanlage wurde abgeschaltet. Wahrscheinlich so um halb neun.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Das ist nicht schwer zu erraten. Der Laden hängt voller Uhren. Sie gehen alle auf die Sekunde genau. Bis auf die sieben, die jemand von der Wand gerissen und auf den Boden geworfen hat.«
    »Okay, und dann sind sie stehen geblieben.«
    »Das ist bei Pendeluhren so üblich. Zwischen 21:33 Uhr und 21:39 Uhr.«
    »Fingerabdrücke?«
    »Unmengen. Aber ich vermute, alle nur von einer Person.«
    »Also von unserem Goldschmied. Schade.«
    Der Mann in Weiß nickte, hob die Hand, als wolle er sich für das Resultat entschuldigen, sagte »Tschüss« und ging.
    »Na endlich«, bibberte Häring, dessen Lippen schon einen leichten Blaustich zu haben schienen, und drängte sich an Greven vorbei in die kleine Werkstatt. Wirklich warm war es allerdings auch dort nicht.
    »Mach bitte die Tür zu!«
    Greven erfüllte den Wunsch seines Mitarbeiters und schmunzelte. Peter Häring liebte nun einmal Lifestyle über alles, doch folgte er dem weit verbreiteten und allgemein akzeptierten Irrtum, den nicht näher definierten Begriff mit Stil, Geschmack und Individualität gleichzusetzen. Diesen Irrtum bezahlte er regelmäßig mit einem großen Teil seines Beamtensalärs und im Winter auch noch mit kalten Füßen.
    »Das sieht nach deinem Spezialgebiet aus«, stellte der Gestylte und Frierende fest und spielte damit auf die langjährigen Erfahrungen seines Vorgesetzten mit durchsuchten Wohnungen an. »Hier hat jemand ganze Arbeit geleistet.«
    »Hat er nicht«, entgegnete Greven nach kurzer Inspektion. »Er hat die Goldschmiede durchsucht, aber er hat sie nicht wahllos durchwühlt.«
    Vor ihren Augen breitete sich ein Schlachtfeld aus. Teile von Uhren, Papiere, Werkzeuge, Bücher, Instrumente und herausgerissene Schubladen lagen verstreut auf dem Boden des Raumes, der nicht größer als sechzehn Quadratmeter war.
    »Das nennst du … nicht wahllos?«
    »Nein. Er wusste genau, was er wollte.«
    »Und was hat er gesucht?«
    Greven tastete die Wände, die wenigen Möbel und den Boden ab.
    »Zwei Dinge. Zum einen etwas Großes. Etwas, das groß genug ist, um in eine der großen Schubfächer und Kisten zu passen. Die kleinen da hinten hat er nämlich nicht erst geöffnet. Papiere waren das Zweite, was er gesucht hat. Das Fach dort im Regal ist leer. Dort dürften die Aktenordner gestanden haben, die vor uns auf dem Boden und auf dem Arbeitstisch liegen. Bei dem dort hat er den Klemmbügel geöffnet und Blätter herausgenommen. Einen Teil der Blätter hat er einfach auf den Boden geworfen. Aber ich wette, die anderen Ordner hat er auch durchgesehen.«
    »Du bist der Boss. Und was ist mit den Uhren?«
    Greven ließ seinen Blick über die noch verbliebenen Uhren wandern, die im Gleichschritt tickten. Auf dem Boden lagen die Reste mehrerer Uhren, die nicht nur von der Wand gerissen, sondern zum Teil auch zertreten worden waren.
    »Vielleicht hat er damit angefangen? Vielleicht hat unser Täter nach Antworten gesucht und gehofft, Onken würde sie ihm geben, wenn er sich an seinen Sammelobjekten vergeht. Er hat aber schnell gemerkt, dass er damit nicht weiterkommt, und hat seine Methoden geändert.«
    »Was glaubst du, was er gesucht hat?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Greven, »jedenfalls nichts, was jeden kleinen Dieb mit Adrenalin und Glückshormonen versorgt hätte. Die Ohrringe und Ketten in dieser Vitrine hat der Mörder nicht angerührt. In der zweiten Vitrine scheinen auch nur ein paar größere Exponate zu fehlen. Aber das waren nur seine Spesen, falls sie überhaupt fehlen, falls Onken dort überhaupt Stücke ausliegen hatte. Nein, der Mann, sofern es wirklich nur einer war, dem Onken in der Nacht noch seine Tür geöffnet hat, war auf der Suche nach

Weitere Kostenlose Bücher