Friesengold (German Edition)
großer Eile eingemauert worden. Mit Erfolg. Denn vor wem auch immer das Gold in Sicherheit gebracht worden ist, er hat es nicht gefunden. Seitdem wird der Schatz hier im Museum aufbewahrt.«
Mit großen Augen nahmen Mona und Greven das Gold in sich auf, vor allem natürlich den Adler, der seine Flügel an den Körper angelegt hatte und stolz in die Ferne blickte.
»Eine unglaubliche Arbeit«, bemerkte Mona. »Das Werk eines Meisters.«
»Was könnte der Adler wert sein?«, fragte Greven.
»Er ist unverkäuflich«, lachte der Graf. »Ein Gebot wäre also von vornherein sinnlos.«
»Natürlich. Aber rein hypothetisch?«
»Wenn wir den historischen Wert ignorieren, müssten Sie wohl weit über eine Million auf den Tisch legen.«
»Hat es je einen Versuch gegeben, den Schatz zu stehlen?«
»Aber selbstverständlich. Sonst wäre es ja kein echter Schatz«, lachte der Graf. »1947 wurde der Schatz aus einem Bunker geholt, wo er während des Kriegs eingelagert worden war. Zwei gewitzte Diebe sind auf die Idee gekommen, den Transport von Emden nach Aurich zu überfallen. Es ist ihnen zwar gelungen, den Lastwagen zu rammen. Doch die beiden britischen Soldaten, die die Fahrt begleiteten, konnten die Diebe mit ein paar Schüssen in die Luft vertreiben. Sie wurden nie gefasst.«
»Immerhin, ein lobenswerter Versuch«, sagte Greven und bemühte sich, dem Humor des Grafen zu folgen.
»Heute wäre ein derartiger Versuch völlig sinnlos, da der Schatz durch eine moderne Anlage gleich mehrfach gesichert ist. Folienverstärktes Panzerglas, das nicht einmal die Feuerwehr einschlagen kann. Bewegungsmelder und Sensoren aller Art. Unabhängig vom Stromnetz.«
»Wie wäre es mit einem Schlüssel?«
»Den hätte ich natürlich«, lachte der Graf. »Aber Sie kennen ja die üblichen Regeln. Ein Schlüssel reicht nicht. Man braucht mindestens zwei. Ich könnte also die Tür, die sich auf der anderen Seite befindet, nicht allein öffnen. Außerdem befindet sich auch dort ein Sensor, der sofort Alarm auslösen würde. Ich fürchte also, Sie werden ohne den Schatz nach Hause gehen müssen.«
»Tja, sieht ganz so aus«, nickte Greven.
»Haben Sie sonst noch Fragen? Ich war nämlich gerade auf dem Weg in mein Büro, um einige wichtige Anrufe zu erledigen.«
»Verzeihen Sie bitte«, sagte Mona betont freundlich. »Es war nicht unsere Absicht, Sie von der Arbeit abzuhalten. Danke für Ihre spannenden Ausführungen.«
»War mir ein Vergnügen, Frau Jenns. Herr Greven.«
Der Hausherr empfahl sich mit einer angedeuteten Verbeugung und verließ den Raum.
»Es war nicht unsere Absicht …«, wiederholte Greven. »Seid wann kultivierst du denn diesen Duktus?«
»Seit heute. Und spar dir bitte weitere Kommentare. Nimm dir lieber ein Beispiel an dem Auftreten des Grafen.«
»Danke für den Tipp.«
»Bitte.«
Greven ruderte zurück und richtete den Blick wieder auf den Schatz.
»Fassen wir zusammen: Ein Diebstahl des Schatzes scheint unmöglich zu sein. Aber wenn er den oder die anderen Schlüssel besäße oder Nachschlüssel hätte, könnte er dann die Originale nicht einfach gegen Kopien austauschen?«
»Du denkst wieder an Onken«, stellte Mona fest. »Im Prinzip wäre das schon möglich, aber nicht in der Realität. Das habe ich dir doch schon erklärt.«
»Wäre ja auch zu schön gewesen«, brummte Greven und betrachtete noch eine Weile den goldenen Adler, der seinen Blick auf beinahe magische Weise zu erwidern schien.
22
Als Greven das Büro betrat, stand Häring bereits vor dem Flipchart und schrieb. Auf der Pinnwand hatte er in Form von Fotos und Namenschildern frische Spuren hinterlassen. Die anderen Kollegen waren noch unterwegs.
Greven grüßte kurz und ließ sich missmutig auf seinem Sessel nieder. Sein Knie schmerzte und seine Laune war definitiv im Keller. War ihm das operativ vor Jahren mühsam gerettete Knie medizinisch halbwegs verständlich, konnte er für die Laune keinen objektiven Grund finden. Sie hatte seinen Kopf einfach übernommen, hatte ihm schon im Bett aufgelauert, ihn vor dem Spiegel im Bad bedrängt und spätestens während des Frühstücks überwältigt. Schon nach der ersten bissigen Bemerkung über die ungesunde Farbe des neuen Blauschimmelkäses hatte Mona sie zu spüren bekommen, die Annahme jedoch verweigert. Solle er doch in Zukunft den Käse einkaufen, war ihre Entgegnung gewesen. Immerhin hatte er so einen Grund erhalten, sich während der Herfahrt zu ärgern. Über sich
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