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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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Bankensystem zu reformieren und das Geld abzuschaffen. Greven schwieg und genoss die Perlhuhnbrust, an der nichts auszusetzen war. Dass er zu den Glückspilzen auf diesem Planeten gehörte, war ihm schon lange bewusst.

 
     
     
     
    21
     
    Tauwetter hatte der fast weißen Weihnacht ein jähes Ende bereitet. Es regnete in Strömen, als sie die Vorburg von Schloss Aldenhausen erreichten, das vor den Toren Aurichs lag. Schon auf dem Parkplatz wirbelten Bilder durch seinen Kopf. Bilder von seinen Eltern, die nach sonntäglichen Ausflugzielen suchten und sich an schönen Frühlings- oder Herbsttagen für Schloss Aldenhausen entschieden. Wegen der Farben. Greven hatte diese Reisen nicht geliebt, denn die Fahrt schien ihm damals unendlich lange zu dauern. In einem Käfer, der nur VW hieß und hinten eine winzige geteilte Heckscheibe besaß. An die Farbe des Autos konnte er sich nicht mehr erinnern, wohl aber an die Anweisungen seines Vaters, der bemüht war, immer neue Routen durch den Schlosspark zu finden. Die Schwäne. Auf sie konnte man in der Nähe des Burggrabens treffen. Einer hatte ihn sogar einmal angegriffen. Mit einem gellenden Schrei hatte seine Mutter ihn aus der Reichweite des Schnabels gezogen, während sein Vater sich dem wütenden Tier entgegenstellte. So hatte er es jedenfalls in Erinnerung.
    Nach dem Spaziergang hatten sie im Café Tee getrunken und Kuchen gegessen. Teekuchen. Von seinem Vater auch Beerdigungskuchen genannt, da er oft nach Beerdigungen auf der anschließenden Teetafel zu finden war. In diesem Café hatte er mit großer Wahrscheinlichkeit seine erste Cola getrunken. An einem heißen Sommertag. Auf Anhieb hatte ihn damals das unbekannte Getränk überzeugt. Sehr zum Leidwesen seiner Mutter.
    Den Sommertag musste er sich nun vorstellen, denn es regnete bei plus fünf Grad Bindfäden. Im Laufschritt überwanden sie die Brücke über den Burggraben. Mona hatte ihren Schirm vergessen und er seinen Hut.
    »Wir hätten doch zurückfahren sollen. Die paar Kilometer. Sieh dir mal meine Frisur an!«, schimpfte Mona, als sie den kleinen Schalter erreichten, hinter dem ein älterer Mann den Eintritt kassierte. Da Greven keine nennenswerte Frisur besaß, kam er glimpflicher davon. Trotz des regnerischen Januartags waren sie nicht allein im Museum, das mit seinen Exponaten Auskunft über die Geschichte der Friesen im Allgemeinen und die derer von und zu Adenhausen im Besonderen gab.
    »Ein völlig veraltetes Konzept«, war Monas erste Analyse. »Hier sieht es ja aus wie in einem Heimatmuseum der 70er Jahre. Alles vollgestopft, keine Orientierung, keine erkennbare Struktur. Alles steht irgendwie nur herum. Die haben lange nichts investiert. Dieses Museum gehört selbst in ein Museum.«
    Immerhin stießen sie auf einige Modelle, aufwendige Bastelarbeiten, die verschiedene Siedlungsformen in Geest und Marsch veranschaulichten. Besonders tief brauchten sie nicht in das Museum einzudringen, denn schon im zweiten Raum, der dem Mittelalter zugedacht war, erwartete sie eine Scheibe aus Panzerglas, neben der ein uniformierter Wärter mit bedeutungsvoller, ernster Miene stand. Eine rote Kordel sorgte für einen gebührenden Sicherheitsabstand des Betrachters zum Glas. Als sich Greven dennoch bis auf wenige Zentimeter der Scheibe näherte, schritt der Wärter ein. Statt einer freundlichen Aufforderung, doch bitte die Kordel zu beachten, krächzte ihm der Mann ein »Gehen Sie da sofort weg!« entgegen und machte zwei schnelle Schritte auf ihn zu.
    »Ist ja schon gut, lieber Herr Wachmann«, empfing ihn Greven, zog seinen Ausweis aus der Tasche und hielt ihn ihm entgegen.
    »Wat sall dat weden?«
    »Können Sie nicht lesen? Das ist ein Mitgliedsausweis. Der Verein heißt Mordkommission. Kripo Aurich.«
    »Und ik bün de Kaiser van Schina!«
    »Wohl kaum. So, und jetzt beruhigen Sie sich wieder. Es ist alles in Ordnung. Ich bin tatsächlich von der Polizei. Tut mir auch leid wegen der Kordel. Aber ich habe als Kind schon hier gestanden. Damals gab es noch keine Kordel.«
    »Torügg gahn, heb ich seggt!«
    Mona wollte gerade einschreiten und vermitteln, als sich von links ein älterer, nobel gekleideter Herr näherte und sofort den Wärter ansprach.
    »Gibt es ein Problem, Herr Bödefeld?«
    »Jawohl, Herr Graf. Dieser Mann ist das Problem. Er hat die Kordel missachtet. Und er behauptet, von der Polizei zu sein.«
    Erst jetzt richtete der Herr im feinen Zwirn seinen Blick auf Mona und Greven, der ihn auf Anfang

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