Friesengold (German Edition)
selbst und seine überflüssige Bemerkung. Auf der Treppe war ihm dann auch noch die Staatsanwältin entgegengekommen und hatte ihn gleich auf Heyden und den Fall angesprochen, hatte Text abgesondert wie ein Volksvertreter, hatte gemahnt, gedrängt, gefordert. Resultate. Resultate. Resultate. Die Presse. Die Öffentlichkeit.
Schließlich hatte er die Notbremse gezogen. »Mein Knie!«, hatte er unvermittelt gestöhnt und übertrieben humpelnd die Flucht ergriffen. Nur um sich oben auf dem Flur über seine Feigheit zu ärgern. Inzwischen hatte die in ihn gefahrene Laune ein neues Ziel ausgemacht. Peter Häring. Was der wieder einmal aus seinem begehbaren Kleiderschrank gezogen hatte. Grauenhaft. Allenfalls für Parteitage und Vorstandsitzungen geeignet. Ebenso elegant wie eigenschaftsfrei. Ebenso …
»Ich wäre dann so weit«, meldete sich Häring von der Flipchartfront.
»Womit wärst du so weit?«, frotzelte Greven.
»Na, mit meinem kleinen Vortrag. Womit denn sonst. Ich wollte dich nur kurz in das einweihen, was ich hier und da nebenbei erfahren habe. Was sonst? Sag mal, geht’s dir nicht gut? Du siehst irgendwie schlecht aus.«
»Danke, es geht mir gut. Ich habe nur schlecht geschlafen. Also, was hast du herausgefunden?«
»Der für tot erklärte Christian von Reeten«, begann Häring mit einer leichten Unsicherheit in der Stimme, »hat drei Monate vor seiner Abreise nach Thailand die Meyerwerft in Papenburg besucht. Es war aber nicht die einzige Werft.«
»Bravo!«
»Ich glaube, dir geht es wirklich nicht gut.«
»Entschuldige. Also, was hat er in Papenburg gemacht?«
»Er hat sich bei einem Mitarbeiter der Geschäftsführung und einem der Ingenieure grob nach dem Preis für ein Spezialschiff erkundigt, das nach seinen Vorstellungen konstruiert werden sollte.«
»Nicht schlecht«, meinte Greven, der jetzt ahnte, was es mit dem Frachter auf sich hatte, der mit einer Nadel auf der Pinnwand am Sinken gehindert wurde. »Hast du auch etwas über diese Vorstellungen erfahren?«
»Leider nicht«, musste Häring gestehen. »Offenbar hat von Reeten genau das für sich behalten, und seine Pläne nur vage angedeutet. Nur die Eckdaten, also Bruttoraumzahl, Länge, Tiefgang und so weiter hat er natürlich preisgeben müssen. Sogar eine Art Risszeichnung hatte von Reeten dabei. Aber an Details kann sich der Ingenieur nicht mehr erinnern. Von Rohren und Pumpen war die Rede, hat er gesagt. Aber das ist schon alles. Das ist ja auch schon eine Weile her.«
»Rohre und Pumpen«, wiederholte Greven halblaut. »Die benötigt wahrscheinlich auch jedes Schiff, das für bestimmte Recycling- und Filteraufgaben eingesetzt wird. Vermute ich. Aber es könnte natürlich auch ganz anders sein.«
»Das dachte ich auch.«
»Wir können es zumindest nicht ausschließen«, stimmte Greven zu und begann, sich wieder auf den Fall zu konzentrieren. Die destruktive Laune, die ihn bis jetzt durch den Tag begleitet hatte, verlor spürbar an Macht über ihn. »Bei welchen Werften ist er mit seiner Zeichnung noch vorstellig geworden?«
»Aus den Unterlagen, die uns Sophie von Reeten überlassen hat, geht hervor, dass er auch Kontakt zur Kaiserwerft in Hamburg und zur Saarinen-Werft in Turku in Finnland aufgenommen hat. Beides Werften, die für ihre Spezialbauten bekannt sind.«
Bilder liefen wie ein Film durch Grevens Kopf. Bilder von einem Spezialschiff, das in der Lage war, aus dem Wasser der Weltmeere Gold zu filtern und es hinterher wieder auszuspucken. Während sich die Laderäume mit dem Edelmetall füllten, fiel der Goldpreis an den Börsen. Aber keineswegs ins Bodenlose. Die Kosten waren zwar hoch, aber der Profit dennoch fantastisch. Schließlich schürfte das Schiff auf dem größten Claim aller Zeiten. »Wir sollten da dranbleiben, so skeptisch ich die Sache auch sehe. Was meinst du?«
»Scheint dir besser zu gehen«, freute sich Häring. »Nichts anderes habe ich vor. Die E-Mails an die Werften sind längst unterwegs.«
»Gut. Wie sieht es mit seiner Familie aus?«
»Die hat doch Edzard übernommen.«
»Sorry, hatte ich vergessen.«
»Dafür habe ich noch mal mit den Kollegen aus Oldenburg telefoniert«, fuhr Häring fort. »Heyden hatte offenbar beste Kontakte zu mehreren Hehlerringen unterhalten, nicht nur zur sogenannten Sicken-Connection, sondern auch zum von Belgrad aus operierenden Kova -Ring, der seit Jahren Auktionshäuser mit Kunstwerken zweifelhafter Herkunft versorgt.«
»Wie wir uns ja schon gedacht haben,
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