Friesenherz
nicht besonders gründlich abgespült, und ich hatte es nicht einmal gemerkt. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich auf einer Massagebank eingeschlafen. Nach den vergangenen Nächten hatte mein Körper einfach seinen Tribut gefordert.
»Und selbst wenn sie uns keinen Freundschaftspreis macht«, nahm Geli auf dem Barhocker neben mir das Gespräch wieder auf, »ich will das Ann-Falk-Bild haben. Für den Eingangs be reich.«
»Und ich sage dir, ich hab erst neulich im Postershop im EKZ einen ganzen Ständer mit Katzenbildern gesehen, die höchstens die Hälfte kosten«, hielt Hans-Gerd dagegen.
»Aber keines, das so sehr nach Katze aussieht wie das in unserem Zimmer«, sagte Geli.
»Mit grünem Fell?«
»Es geht um das Wesen der Katze, nicht um die Wirklichkeit«, zischelte Geli.
»Und das ist grün und sieht aus wie Seegras?«, lästerte Hans-Gerd zurück. Ich musste grinsen. Da war offensichtlich ein Son derposten im Bastelgeschäft im Angebot gewesen, den Ann sowohl zu Schamhaar als auch zu Katzenfell verarbeitet hatte. Hans- Gerd hatte recht: Sie war nicht nur Künstlerin, sondern auch Geschäftsfrau. Jedenfalls deutlich berechnender, als ich gedacht hatte. Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hatte, hier war er.
»Jetzt sag doch auch mal was«, wandte sich Hans-Gerd Schatz Hilfe suchend an mich. »Geli will unbedingt einen echten Falk für unsere Katzenpension. Aber man muss sich seine Investitionen doch gründlich überlegen!«
»Das ist keine Geldfrage«, sagte Geli würdevoll, »ohne dieses Bild über unserem Bett hätte ich mein Dharma niemals gefunden. Es war ein Zeichen, verstehst du?«
»Ihr macht das wirklich mit der Katzenpension? Ich dachte, du bist Allergiker«, sagte ich kühl. Überrascht registrierte ich, dass ich ein wenig neidisch war. Für die Schätze hatte die Woche ganz offensichtlich ein Happy End. Gut angelegtes Urlaubsgeld mit hoher emotionaler Rendite. Was der Mucki wohl dazu sagen würde, wenn seine Mutter ihren Lebenstraum verwirklichte? Ob sie dann noch Zeit hatte, seinen Haushalt nebenbei zu schmeißen? Möglicherweise musste er sich jetzt eine eigene Waschmaschine anschaffen. Oder eine Lebensgefährtin mit altmodischem Rollenverständnis und einem Faible für Schnupperwochenenden auf Nordseeinseln.
»Ach weißt du«, Hans-Gerd zwinkerte mir vertraulich zu, »man muss halt Opfer bringen in der Liebe.«
»Na, und außerdem«, Geli surfte glücklich auf einer Welle von Oberwasser, »müsst ihr natürlich bedenken, dass wir an anderer Stelle was sparen können.«
»So?«, fragte ich mit mäßigem Interesse.
»Na, die Frankiermaschine! Für die Geschäftspost! Da kann der Mucki uns einen prima Vorzugspreis machen.«
Ich zögerte, ob ich ihr den Spaß verderben wollte mit der Frage, ob eine kleine Katzenpension wirklich ein ähnliches Briefpostaufkommen haben würde wie ein Autoteilehersteller. Und ob sich die Anschaffung einer Frankiermaschine überhaupt lohnte, auch mit einem enormen Rabatt. Aber ehe ich meine Zweifel äußern konnte, flog die Tür der Bar auf, und zwei Gestalten in weißen Gewändern stürmten in die Pesel-Bar. Im Halbdunkel sahen sie aus wie etwas angejahrte Zwillinge, die abends in ihren Freizeitanzügen noch eine Viertelstunde im Wohnzimmer spielen durften. Aber als sie näher kamen, erkannte ich sie. Bärbel trug den glei chen Yoga-Wellness-Anzug, den Lisi Schleibinger vorgestern Abend präsentiert hatte, und an ihr sah er deutlich besser aus als an der bayerischen Hotelchefin mit ihrer Dirndlfigur. Den Mann an ihrer Seite erkannte ich erst, als er aus dem Halbdunkel näher trat. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, hatte er noch ein Mischgewebejackett und eine Freizeithose getragen.
»Der Bandix und ich waren noch bei der Kerzenflammenmeditation«, sprudelte Bärbel los. »Sind wir zu spät?«
Geli schüttelte hoheitsvoll den Kopf. »Ach was, du kennst doch diese Künstler. Wer pünktlich kommt, hat nie einen großen Auftritt.«
Ich musterte den verkleideten Tourism Manager und musste mir ein Lachen verkneifen.
»Das ist mal was anderes als ein friesisches Fischerhemd, oder?«, fragte ich.
Bandix Höge zuppelte unsicher am Saum seines Gewandes. Der Männeranzug unterschied sich kaum von Bärbels, nur, dass er einen kleinen Nehru-Stehkragen hatte und das goldene »OM«-Symbol etwas kleiner war.
»Ich arbeite in der Reisebranche, da bin ich grundsätzlich offen für neue Erfahrungen«, gab er etwas pikiert zurück. Bärbel lächelte
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