Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
Vom Netzwerk:
kein Kind wollten!«
    Marlene stutzte. Wovon redete die junge Frau? Gut, dass jemand ungewollt schwanger wurde, kam natürlich vor. Selbst in dieser eigentlich recht aufgeklärten Zeit, in der man annahm, dass eigentlich jedes junge Mädchen bereits ausgiebig über Verhütungsmaßnahmen Bescheid wusste. Aber waren das wirklich viele? Oder war einfach Miriam Kuipers’ Sichtweise durch den Druck, schwanger werden zu wollen, verzerrt gewesen?
    »Woher wollen Sie wissen, dass die Frauen kein Kind wollten?« Sie beugte sich vor, um Niklas aus den fremden Armen zu nehmen.
    Miriam Kuipers ließ sie gewähren, wenngleich ihr Blick sagte, wie ungern sie ihn wieder hergab.
    »Weil sie alle immer so traurig aussahen«, flüsterte sie dann.

10.
     
    »Gunter, setz dich«, Dirk Thamsen deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    Er hatte seinen Mitarbeiter gebeten, noch vor Feierabend in sein Büro zu kommen, da er etwas mit ihm besprechen wolle. Gunter Sönksen hatte ihn bereits bei der Ankündigung des Gesprächs schuldbewusst angeschaut, doch nun wirkte er nur noch wie ein Häufchen Elend, als er sich mit eingezogenem Kopf auf den zugewiesenen Platz setzte. Wahrscheinlich hatte er mitbekommen, wie Haie Ketelsen Thamsen einen Besuch abgestattet hatte, und konnte sich denken, warum sein Vorgesetzter ihn so dringend sprechen wollte.
    Dirk kam ohne Umschweife schnell zum Punkt.
    »Was macht eigentlich dein Sohn, Gunter?«
    In dem wenig überraschten Gesichtsausdruck bestätigte sich seine Annahme. Trotzdem versuchte Gunter Sönksen, zunächst Unwissenheit vorzutäuschen.
    »Der ist doch nun in der Lehre. Hat im Frühjahr Zwischenprüfung.«
    »Das meine ich nicht.« Thamsen blickte seinen Mitarbeiter direkt an, dieser senkte den Kopf.
    »Ich weiß«, flüsterte Gunter.
    Irgendwie empfand Thamsen plötzlich ein wenig Mitleid mit dem Mann. Lars war das einzige Kind des Polizisten. Ganz bestimmt hatte Gunter Sönksen ihn stets verwöhnt und nur das Beste für sein Kind gewollt. Dafür war Thamsen selbst genug Vater und wusste, man gab immer alles für das eigene Kind. Aber manchmal gingen sie eben doch eigene Wege und Thamsen spürte bereits jetzt, obwohl Timo wesentlich jünger als der Sohn von Gunter Sönksen war, dass einem diese Wege als Vater nicht immer gefielen.
    »Was ist das für eine Gruppe, in der er ist?«
    »Das sind alles anständige Jungs. Ich kenne die alle von klein auf.« Gunters Überzeugung wirkte echt.
    »Und du bist dir sicher, die haben nichts mit der Sache zu tun?«
    »Mit welcher Sache? Mit dem Mord? Um Himmels willen! Nein!«
    »Und mit den Schmierereien?«
    »Weiß ich nicht. Das könnte eventuell sein«, gab Gunter zu.
    Thamsen zog seine rechte Augenbraue hoch. Hatte Haie Ketelsen mit seinem Verdacht vielleicht doch recht gehabt? Aber in den bisherigen Akten war der Sohn des Mitarbeiters noch nie aufgetaucht. Oder hatte Gunter ihn absichtlich da rausgehalten?
    »Kennt Lars einen Ole Lenhardt?« Dörte Paulsen hatte diesen Namen in Zusammenhang mit Übergriffen auf die KZ-Gedenkstätte genannt. Thamsen hatte ihn dann auch in einigen der Akten wiedergefunden. Laut ihren Informationen war Ole Lenhardt der Anführer der größten Gruppe in der Umgebung von Niebüll.
    »Hör mal«, Gunter Sönksen lehnte sich ein Stück vor, »der Lars ist da nur so reingerutscht. Eigentlich ist das gar nicht seine Art. Das ist nur so eine Phase von ihm.«
    Thamsen verstand, dass der Mann seinen Sohn schützen wollte. Aber so kamen sie nicht weiter.
    »Kennt er Ole – ja oder nein?«
    Gunter Sönksen schluckte. Er wusste, es hatte keinen Zweck mehr, irgendwelche Entschuldigungen und Erklärungen gegenüber seinem Vorgesetzten vorzubringen.
    »Ja. Lars kennt Ole.«
     
    Die kleine Gastwirtschaft, die etwas abseits auf einem kleinen Hügel an der Dorfstraße lag, war an diesem Abend gut besucht. Das hing zum einen damit zusammen, dass sich am Mittwoch immer einige der Männer aus dem Dorf zum Skat in diesem Lokal trafen. Zum anderen lag es vor allem daran, weil man sich dort über die Neuigkeiten im Dorf austauschte und die Frequentierung der kleinen Gaststube war in Zeiten krimineller Ereignisse in der Umgebung bedeutend höher als gewöhnlich. Sogar ein paar Frauen, die man ansonsten eher selten dort sah, hatten sich diesmal eingefunden.
    Haie lehnte sein neongelbes Mountainbike an den Zaun und ging zum Eingang. Bereits beim Öffnen der Tür konnte er am Geräuschpegel feststellen, welch hitzige Diskussionen im Gang

Weitere Kostenlose Bücher