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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
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arrangierte das Geschirr akkurat auf dem gläsernen Couchtisch. »Von Kalli hängt da kein Bild.«
      Thamsen setzte sich auf das Sofa und griff nach der Kaffeetasse. Der Henkel des filigranen Geschirrs wirkte so zerbrechlich, dass er Angst hatte, das Porzellan könne seinem bloßen Griff zum Opfer fallen. Er bevorzugte lieber robuste Kaffeepötte. Da hatte man wenigstens ordentlich was in der Hand. Vorsichtig stellte er das Gefäß zurück auf die dazugehörige Untertasse und knüpfte an die zuletzt geäußerten Worte der Hausherrin an.
      »Wieso haben Sie denn kein Bild vom Bruder Ihres Mannes in der Fotogalerie aufgehängt?«
      Irmtraud Carstensen seufzte leise. Mit gedämpfter Stimme und gesenktem Blick erklärte sie, dass die Brüder ein schwieriges Verhältnis zueinander gehabt hätten.
      »Wegen dem Erbstreit?«, hakte er nach.
      »Nicht nur deswegen«, entgegnete sie. Bereits vor dem Tod der Mutter und dem Streit um deren Nachlass sei es zu Unstimmigkeiten zwischen ihrem Mann und seinem Bruder gekommen. Sie konnte gar nicht genau sagen, was der Auslöser für die feindliche Stimmung zwischen den beiden gewesen war. Sie waren nun mal von Grund auf verschieden und vertraten völlig gegensätzliche Ansichten. Hinzu kam, dass die Brüder zu allem Überfluss auch noch so richtige Hitzköpfe waren. Da kam dann doch wieder derselbe familiäre Ursprung zum Vorschein, da waren sie sich gleich. Die Streitgespräche zwischen ihnen seien immer grob und laut vonstattengegangen. Sie konnten nun einmal eine Sache nicht friedlich ausdiskutieren.
      »Manchmal sind sie beinahe handgreiflich geworden.«
      Thamsen horchte auf. War es vielleicht doch nicht so abwegig, dass Friedhelm Carstensen seinen Bruder umgebracht hatte?
      »Frau Carstensen, wo war Ihr Mann am Dienstagabend?«
      »Dienstag?« Sie blickte verunsichert auf. »Ist Kalli da gestorben?« In ihrem Blick konnte er lesen, dass sie verstand, worauf er hinauswollte.
      Am Dienstag sei ihr Mann wie immer früh zu Bett gegangen.
      »So gegen acht Uhr. Er muss ja immer früh raus in die Backstube«, erklärte sie.
      Thamsen griff erneut nach der zierlichen Porzellantasse und nahm einen Schluck Kaffee. Die Frage, ob denn ihr Mann vielleicht noch einmal unbemerkt das Haus hätte verlassen können, beantwortete er sich selbst.
      Wenn Irmtraud Carstensen schätzungsweise gegen
    22 Uhr zu Bett gegangen war und selbst, wenn sie noch einige Zeit einen spannenden Krimi oder fesselnden Roman gelesen hatte, dann hätte sie zur angenommenen Tatzeit wahrscheinlich schon tief und fest geschlafen. Ihr Mann hätte also heimlich noch einmal das Haus verlassen können. Die Möglichkeit bestand jedenfalls.
    »Sagen Sie, besitzen Sie einen Wagen?«
      Irmtraud Carstensen nickte. Ihr Mann und sie besäßen jeweils einen Wagen. Er wisse sicherlich, dass man hier in der Gegend ohne fahrbaren Untersatz einfach aufgeschmissen war. Und Friedhelm brauchte ein Auto, um täglich zur Arbeit zu kommen.
      »Und wo befinden sich die Autos momentan?« Thamsen hatte vor dem Haus keinen Wagen gesehen.
      »Ich parke immer auf dem Hof, und der Wagen meiner Frau ist in der Inspektion.«
      Friedhelm Carstensen hatte unbemerkt das Haus betreten und stand plötzlich auf der Türschwelle zum Wohnzimmer. Vermutlich hatte er die letzten Sätze des Gesprächs verfolgt und schaltete sich nun unvermittelt ein.
      Seine Frau sprang unerwartet vom Sofa auf. Thamsens Interesse an den Autos der Familie wurde dadurch noch verstärkt.
      »Seit wann ist denn der Wagen in der Werkstatt?«
      »Seit Mittwoch, aber ich wüsste nicht, was Sie das angeht!«
      Der große blonde Mann kniff seine Augen zusammen, sodass sein Blick nur durch enge Schlitze auf den Kommissar fiel. Er wirkte imposant, wie er so breitbeinig im Türrahmen stand, die Hände in die Hüften gestemmt.
      Thamsen beeindruckte das aufgeplusterte Gehabe wenig. Es war für ihn nur zu offensichtlich, dass Friedhelm Carstensen durch sein Auftreten seine Unsicherheit überspielen wollte. Vielleicht hatte er sogar Angst? Nach all dem, was er bisher über den Bruder des Opfers erfahren hatte, hielt er diese Möglichkeit sogar für äußerst wahrscheinlich.
      Trotz der abwehrenden Haltung seines Gegenübers blieb Dirk Thamsen jedoch ruhig und erklärte zunächst einmal, dass er den plötzlichen Tod Kalli Carstensens untersuche. Die vermutlich durch einen Verkehrsunfall begründete Todesursache ließ er

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