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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
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allerdings vorläufig unerwähnt und kam direkt auf den Erbstreit zu sprechen.
      »Wie ich hörte, haben Sie sich mit Ihrem Bruder um den Nachlass Ihrer Mutter gestritten. Worum ging es in dieser Auseinandersetzung genau?«
      Friedhelm Carstensen behielt seine Position bei und blaffte lediglich ein »Na, um Geld ist es dem profitgeilen Schwein gegangen!« zu ihm hinüber.
      Thamsen war über die Charakterisierung des Bruders beinahe sprachlos. Allerdings bestätigte diese Äußerung auch seinen Verdacht. Kalli Carstensens Sohn hatte sich zwar sehr ähnlich über den verstorbenen Vater geäußert, aber im Gegensatz zu diesem gewann Friedhelm Carstensen weitaus mehr durch den Tod seines Bruders. Das Erbe brauchte er jedenfalls nicht mehr zu teilen. Oder stand der Witwe nun ein Pflichtteil zu? Er musste feststellen, dass er sich im Erbrecht zu wenig auskannte, um die Situation richtig beurteilen zu können.
      »Um welchen Betrag ging es denn?«
      Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber es wird schon eine ordentliche Summe sein«, entgegnete er mit eher gleichgültiger Stimme. Kommissar Thamsen bewertete die Haltung angesichts des heftigen Streits der beiden Brüder als unglaubwürdig. Wenn es in dem Erbschaftskonflikt lediglich ums Geld gegangen war, wieso hatte Friedhelm Carstensen noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung, wie viel die Mutter den beiden Söhnen an finanziellen Mitteln hinterlassen hatte? Seiner Ansicht nach musste es noch andere Gründe dafür geben, dass die Brüder sich derart zerstritten hatten.
      »Und es ist nur ums Geld gegangen?«, hakte er deshalb nach.
      »Na ja«, brummelte der Befragte und trat endlich aus dem Türrahmen hervor, »da hängen natürlich auch jede Menge Erinnerungen dran.«
      Thamsen kaufte ihm den sentimentalen Schwenk nicht ab, und auch Irmtraud Carstensen schien wenig überzeugt. Ganz offensichtlich war ihr der eigentliche Grund für den Streit der beiden Brüder unbekannt, was deutlich wurde, als sie ihren Mann zum Reden aufforderte: »Friedhelm, nun erzähl dem Kommissar doch, warum du dich mit Kalli in den Haaren gehabt hast!«
      Überrascht blickte er zu seiner Frau. Ihren Appell empfand er sichtlich als Provokation.
      »Halt du dich da raus!«, zischte er ihr zu. Erschrocken fuhr Irmtraud Carstensen zusammen, fasste sich jedoch schnell.
      »Ich mein ja nur«, versuchte sie einzulenken. »Kalli hat dich ja schon massiv bedroht.«
      Thamsens Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. In dieser Familie lag weitaus mehr im Argen, als er bisher vermutet hatte. Von irgendwelchen Drohungen gegen den Onkel hatte Ulf Carstensen jedenfalls nichts erwähnt.
    »Was meinen Sie mit bedroht?«
      Er wandte sich mit seiner Frage direkt an Irmtraud Carstensen, da er von ihrem Mann keine Auskunft zu diesem Thema erwartete. Wider Erwarten antwortete jedoch Friedhelm Carstensen.
      »Den Anwalt hat er mir auf'n Hals gehetzt. Hier«, er riss eine der Schubladen der eichefarbenen Schrankwand auf und holte ein Bündel Briefe hervor, die er vor ihn auf den Tisch warf. Die zierlichen Porzellantassen klapperten.
      »Alles Schreiben von diesem Rechtsverdreher!«
      Thamsen nahm einige der Briefe in die Hand. Sie stammten alle von einem gewissen Dr. Münsterthaler aus Rendsburg und waren ausnahmslos ungeöffnet.
      »Haben Sie die Briefe denn nicht aufgemacht?«
      »Wieso denn, ich wusste doch, was drinsteht!«
      »Wie konnten Sie das wissen? Sie haben ja wohl keinen gelesen, oder?«
      »Nee, brauchte ich auch nicht. Kalli ist es doch sowieso immer nur ums Geld gegangen. Wieso hätte es diesmal anders sein sollen?«

6

    »Puh, hast du nicht gesagt, Barne wohne quasi gleich um die Ecke?« Tom zog den Reißverschluss seiner Jacke auf. Ihm war durch den Marsch warm geworden. Haie legte allerdings auch ein Tempo vor, bei dem die beiden Freunde kaum mithalten konnten. Es schien, als habe er es eilig. Auf Toms Klagen reagierte er lediglich mit einem verständnislosen Blick.
      Das reetgedeckte Backsteinhaus lag etwas abgeschieden von der Straße. Durch eine kleine hölzerne Gartenpforte gelangten sie in einen gepflegten Garten, in dem unter einem Apfelbaum eine weiße Friesenbank stand. Pralle, rote Äpfel hingen schwer an den Ästen und lockten zum Zugreifen. Tom lief geradezu das Wasser im Mund zusammen.
      An der in Friesenfarben gehaltenen Klönschnacktür hing ein Anklopfer aus Messing. Haie griff nach dem

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