Friesenrache
würde.
»Sagen Sie, haben Sie Kalli Carstensen damals auch in der Angelegenheit bezüglich der unerlaubten Veräußerung von genmanipuliertem Mais juristisch beraten?«
Sein Gegenüber schien erstaunt, dass die Polizei von dem Fall überhaupt Kenntnis hatte.
»Die Anzeige wurde damals fallen gelassen.«
»Weil Kalli Carstensen dafür bezahlt hat. Ein Rat von Ihnen?«
Der Anwalt rutschte nervös auf seinem wuchtigen Ledersessel hin und her. »Derartige Methoden gehören nicht zu meinem juristischen Repertoire«, versuchte er auszuweichen.
»Na«, Thamsen zwinkerte ihm leicht zu, »vielleicht ein gut gemeinter Rat unter Freunden?«
Dr. Münsterthaler schüttelte energisch den Kopf. »Ich berate nur auf seriöse Weise. Das gilt selbstverständlich auch für meine Freunde.« Er erhob sich aus seinem Sessel und deutete freundlich, aber bestimmt zur Tür. »Wenn Sie keine weiteren Fragen haben? Ich habe noch einen wichtigen Termin.«
Kommissar Thamsen überkam plötzlich ein seltsames Gefühl. Die gelassene und souveräne Art des Anwalts war ihm ein bisschen zu plötzlich in hektische Betriebsamkeit umgeschlagen. Beharrlich blieb er auf dem Stuhl sitzen. Für ihn war das Gespräch noch nicht beendet, wenngleich sein Gastgeber bereits ungeduldig neben dem klobigen Schreibtisch stand und nervös seine Handflächen aneinanderrieb.
»Woher kannten Sie Kalli Carstensen eigentlich so gut?«
Dr. Münsterthaler räusperte sich. Anscheinend hatte er keine weiteren Fragen erwartet.
»Ich habe früher auch in Risum-Lindholm gelebt. Bin dort aufgewachsen.« Das war Thamsen bekannt. Aber diese Tatsache stellte seiner Meinung nach keine ausreichende Erklärung dar. Nicht jeder Einwohner des Dorfes war mit dem Ermordeten befreundet gewesen. Ganz im Gegenteil. Die Anzahl der Leute, welche ein gutes Wort über den toten Landwirt verloren hatten, hielt sich eher in Grenzen. Er hakte nochmals nach und fragte ganz konkret nach der Verbindung, die zwischen seinem Gegenüber und dem Mordopfer bestanden hatte.
»Also eigentlich war ich eher mit Sophie befreundet«, rückte der große, grauhaarige Mann schließlich heraus.
Haie war früher als gewöhnlich zur Arbeit geradelt. Er wollte heute bereits kurz nach Schulschluss Feierabend machen; außerdem hatte er noch ein paar Stunden aufzuarbeiten, denn in den letzten Tagen war er eher mit privaten Ermittlungen beschäftigt gewesen, als sich seiner Tätigkeit als Hausmeister an der Grundschule zu widmen. Er konnte nur froh sein, einen so großzügigen Chef zu haben, der ihm bei seiner Arbeitszeiteinteilung relativ freie Hand ließ. Aber Haie wollte diese Freizügigkeit auf gar keinen Fall ausnutzen und machte sich deshalb an diesem Tag bereits um sechs Uhr fleißig an die Reinigung des Fußbodens der kleinen Sporthalle. Pfeifend fuhr er mit dem Bohnergerät über den Bodenbelag und schaffte es pünktlich zur ersten Unterrichtsstunde, dass die gesamte Fläche sich in einem strahlenden Glanz präsentierte. Anschließend fegte er den Pausenhof und reparierte einen defekten Fahrradständer.
Er arbeitete zügig, und so gelang es ihm rechtzeitig, bevor die Schulglocke das Ende des heutigen Unterrichtstages verkündete, auch den Außenbereich in einem tadellosen Zustand zu versetzen.
Nachdem auch das letzte Kind das Gelände verlassen hatte, machte er Feierabend, schwang sich auf seinen neongelben Drahtesel und fuhr die Herrenkoogstraße Richtung Dorf hinunter.
Ole Jessen stand in seinem Garten und unterhielt sich über den Zaun hinweg mit einem Stammtischbruder. Jens Matthiesen war gestern nicht auf der Trauerfeier gewesen.
»Und dann kam der Friedhelm reingepoltert«, berichtete Ole gerade, als Haie neben ihm abbremste und vom Fahrrad stieg.
»Moin, Moin«, begrüßte er die beiden und schaltete sich unaufgefordert in deren Gespräch ein. »Ja, da hast du gestern echt was verpasst, Jens. Also, was der Friedhelm sich da geleistet hat.«
»Peinlich«, kommentierte Jens Matthiesen den unschönen Auftritt des Bruders des Ermordeten.
»Genauso peinlich wie die bisherigen Ermittlungen der Polizei«, versuchte Haie, die Unterhaltung in die gewünschte Richtung zu lenken.
»Die haben noch nicht mal eine Spur! Und euren verdächtigen Wagen haben die auch noch nicht ausfindig gemacht.«
»Welchen Wagen?«, warf Jens Matthiesen fragend ein.
Ole Jessen blickte überrascht auf. Er konnte ja nicht ahnen,
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