Friesenwut - Kriminalroman
Terminkalender.«
»Ich muss mich wohl vertan haben.
Es ist alles ein bisschen viel zurzeit. Wir kommen gerade aus dem Krankenhaus
und ich wollte nun eh Tee machen.«
»Oh, da sage ich nicht nein.«
Ulferts verspürte großen Appetit auf einen kräftigen Tee, der hier in der
Krummhörn besonders gut schmeckte. Musste wohl am Wasser liegen.
Menno hatte bislang
nichts gesagt, doch als die drei Richtung Haustüre gingen, begann er zu fragen:
»Sie sind von der Kripo?«
»Sieht man mir das an?«
»Nee, eher nicht. Na ja, so’n
büschen. Im Fernsehen sehen manche Kommissare aus, als seien Sie ein paar Mal
durch den Fleischwolf gedreht worden. Von wegen adrette Uniform und so …« Menno
stockte, dann setzte er schnell nach: »Ach, Entschuldigung, damit meine ich Sie
nicht, ganz und gar nicht. Jemanden von der Kripo hatten wir allerdings in all
den Jahren nicht auf dem Hof.«
»Das spricht für Sie«, Ulferts
erinnerte sich zwar noch an den Fleischwolf, lächelte den Landwirt dennoch
freundlich an.
»Das fehlte noch«, sagte Rehna.
»Was?«, fragte ihr Mann.
»Dass wir öfter mit der Kripo zu
tun haben.«
»Nee, genau …, das fehlte noch.«
Menno schien ein wenig verwirrt.
»Sie können sich denken, warum ich
hier bin«, sagte nun Ulferts, »zunächst möchte ich allerdings wissen, wie es
Ihrer Tochter geht.«
»Es geht ihr besser. Die Ärzte
sagen, dass gute Chancen bestehen, dass sie bald aus dem Koma aufwacht.«
»Und dann?«
»Was ›und dann‹?« Rehna sah den
Polizisten kritisch von der Seite an.
»Muss man mit Folgeschäden
rechnen?« Ulferts merkte, dass er solche Fragen nicht gerade jetzt stellen
sollte. Die Gesichter des Ehepaars Reemts verrieten ihm, dass es sich noch
keine Gedanken darum gemacht hatte. Die Nachricht, dass sie aus dem Koma
erwachen könnte, war eine gute Nachricht. Dass sie sich vielleicht nicht
erinnern, nicht sprechen könnte … nein, so weit waren sie noch nicht.
»Oh Gott«, sagte Rehna, »daran
haben wir gar nicht gedacht.« Ihre Miene trübte sich sichtlich.
»Was könnte denn sein?«, fragte
Menno und ärgerte sich sogleich: Woher sollte einer von der Kripo das wissen?
»Lassen Sie uns die Hoffnung auf
eine nachhaltige Besserung erst einmal nicht infrage stellen. Entschuldigen Sie
meine Bemerkung«, Ulferts versuchte so gut wie möglich, seiner Stimme einen
positiven Touch zu geben und hoffte, dass damit das Thema erst einmal erledigt
war.
Mittlerweile waren
sie in der Küche und Rehna setzte gedankenverloren den Wasserkessel auf.
»Ich kann Ihnen nur ein paar Kekse
anbieten«, war das Erste, was sie sagte, nachdem die Männer sich an den Tisch
gesetzt hatten, während Menno sich, von Ulferts darauf angesprochen, erneut über
das Preis-Dumping der Nahrungsmitteldiscounter und die daraus resultierenden
niedrigen Milchpreise aufregte. Eins auf die Nase geben müsste man denen in
Brüssel – und die deutsche Landwirtschaftsministerin ließ das mit sich
machen. Ein Skandal! Eigentlich habe er von einer Bayerin mehr erwartet, die
müsse mal richtig auf den Tisch hauen! »Man muss von seiner Arbeit leben
können«, pflichtete Ulferts bei und Menno unterstrich: »Dat meen ick ook! Im
Moment bekommen wir Milchbauern nicht einmal die investierten Kosten rein. Das
ist der sichere Weg in die Pleite.«
»Nun mal den Teufel nicht gleich
an die Wand«, mischte sich Rehna ein.
»Wenn man mehr ausgibt, als man
einnimmt, ist man früher oder später pleite. Man muss nicht BWL studieren, um
das zu verstehen.« Das war Mennos Standardantwort an dieser Stelle. Er fügte
an: »Das gilt jedoch nur für die kleinen Leute. Der Staat kann Schulden machen,
ohne dass irgendetwas passiert und die großen Industriellen machen sie ebenso.
Dann gehen ihre Geschäfte schief und das Betteln beim Staat geht los. Und der
zeigt sich dann erstaunlich freigiebig. Kapieren Sie das, Herr Ulferts? Dat is
’n groden Sauerei, oder? Warum kriegt man für ein Altauto 2.500 Euro geschenkt,
für jedes Kind gibt es nach langwieriger politischer Zankerei eine einmalige
Zulage von 100 Euro – steht das im Verhältnis zueinander? Ick begriep dat
nich!« Immer wieder verfiel Menno ins Plattdeutsche, besonders, wenn ihn etwas
ärgerte.
»Ich gebe Ihrem Mann recht«, war
Ulferts ganz im Gespräch, »ich finde es nicht richtig, wenn das Preisdumping zu
solchen Zuständen führt. Ich meine, man muss die Kosten reinbekommen und es
müsste noch ein wenig übrig bleiben, schließlich muss man von
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