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Friesenwut - Kriminalroman

Friesenwut - Kriminalroman

Titel: Friesenwut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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nun gar nicht gebrauchen. Sein Feuerwehrkollege August Saathoff
hatte ihn besucht: ›Nee, so wat mutt man nich hebben, holl mi up!‹, hatte der
festgestellt. Und Menno dachte daran, dass er kurz vorher noch einer Kuh beim
Kalben geholfen hatte. Und anstelle der Küche, wo er zusammen mit Rehna hatte
frühstücken wollen, lag er dann plötzlich auf der Intensivstation. Erstens
kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Menno hatte die Schläuche,
Drähte, Maschinen, Monitore noch lebhaft vor Augen. Solange die Linien auf den
Monitoren Zacken und Kurven zeigten, so lange lebte man noch. Eine ruhige
Gerade zeigte an: Das war’s. Das wusste er aus dem Fernsehen, dort eignete es
sich immer wieder für dramatische Szenen.
    Das Schlimmste waren
die ständig wechselnden Schwestern, Krankenpfleger und Ärzte. Schichtdienst.
Was sollten die auch machen? Immer wieder »Dann wollen wir doch mal sehen« oder
»Stört es Sie, wenn …?« Nein, es störte nicht, das hatte er den beiden anderen
doch vorher schon gesagt. Natürlich hatten die es nicht leicht, hatten einen Dienstplan,
und wollten schließlich irgendwann mal Feierabend machen. Schwestern, Ärzte,
Pfleger … Schwester Margrit war ihm durch ihre besonders harten Sprüche
aufgefallen. Im Nachhinein fand er es lustig, damals, so unmittelbar danach
nicht. Als sei das so eine Feststellung wie »Tja, der HSV hat doch noch
verloren. Wat’n Schiet ook.« Andererseits hätte Menno es nicht anders gemacht.
Und das gefiel ihm an ihr.

     
    Rehna lief etwas
abwesend über den Flur der Station. Manchmal wusste man tatsächlich nicht, ob man
wachte oder träumte. An den Wänden hingen gut gelungene Fotografien
ostfriesischer Sehenswürdigkeiten. Von einer Nachwuchsfotografin, über die sie
neulich in der Zeitung gelesen hatte. Die hatte Talent, sinnierte Rehna. Es gab
Bilder vom alten Rathaus in Norden, dem Schöning’schen Haus, der Westgaster
Mühle, dem Lütetsburger Schloss, dem Rathaus in Emden. Die Zwillingsmühlen in
Greetsiel waren dabei und nicht zuletzt einige wunderschöne, alte Gulfhöfe in
der Oster- und Westermarsch und der Krummhörn. Lauter Sommerbilder, fiel Rehna
auf, ja, Herbst und Winter dauerten lange hier oben und es gab wenige Momente,
in denen man gute Licht- und vor allem Wetterverhältnisse hatte, um derart
schöne Bilder in der kalten Jahreszeit zu machen. Menno fiel auf, dass sie seit
Tagen nicht mehr über irgendetwas anderes als Freyas Unfall und die Tatsache,
dass sie im Koma lag, gesprochen hatten. Die unbefriedigenden Aussagen der
Ärzte hatten sie fast kirre gemacht, zu oft kam ein ›ganz endgültig können wir
das noch nicht beurteilen‹. Rational konnte sie die Ärzte verstehen, emotional
war es mitunter unerträglich gewesen. Wenigstens eine Tendenz wäre hilfreich
gewesen: Gibt es Hoffnung oder nicht? Andererseits – wenn sie gesagt
hätten: Noch zwei, drei Tage, dann …

     
    »Feinen’ Billers,
wat? Ja, so mooi is uns’ Ostfreesland«, raunte Menno ihr zu.
    »Mensch, Menno, wenn es Freya nur
bald wieder besser geht.«
    »Wird es – die haben erst
kürzlich gesagt, sie seien zuversichtlich, dass sie bald aufwacht. Und
vielleicht haben sie verschwiegen, es könne sein, dass das gar nicht geschehe.
Jetzt wacht sie auf. Ich sage doch – die haut so schnell nichts um. Ein
Glück nur, dass Siebelt sie gefunden hat. Wenn sie noch länger im Schloot
gelegen hätte …, schließlich hat sie eine Menge Blut verloren.«
    »Wir haben uns noch gar nicht bei
ihm bedankt.«
    »Das wird er verstehen. Und das
holen wir nach. Ist doch klar. Zusammen mit Freya gehen wir zu ihm und dann
trinken wir ’n schönen Söpke darauf.«
    »Dass du an so was
schon wieder denken kannst! Sag mal«, Rehna wurde mit einem Mal sehr
nachdenklich. »Du warst nachts auf und hast nach der Kuh geguckt, die bald
kalben sollte. Hast du nichts von dem Unfall gehört?« Rehna sah ihn mit großen
Augen an.
    »Hör mal, die Straße ist ziemlich
weit weg.«
    »Ja, trotzdem hört man sogar das
Getrappel der Pferde, wenn Heino Wolters dort mit seiner Kutsche langfährt.«
    »Nur bei entsprechender
Wetterlage, Wind aus der richtigen Richtung, nicht zu stark, hohe
Luftfeuchtigkeit und so.«
    »War es nicht so an dem Abend?
Nebel gab es doch auch?«
    »Sicher, zum Teil recht dicke
Suppe. Ich fand die Stalltür nicht sofort, doch nach so vielen Jahrzehnten auf
dem Hof … Aber, nee, gehört habe ich nichts. Sonst wäre ich losgefahren,
nachsehen. Es passiert ja sonst nicht

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