Friesenwut - Kriminalroman
Poster aufzuhängen.«
»Dann war ich wohl auf dem
falschen Dampfer.« Ulferts sah man an, dass er das, was er in den letzten
Minuten von sich gegeben hatte, bedauerte.
»Sei’s drum. Jedenfalls ist
Manninga uns noch einige Antworten schuldig. Er sagte einfach nur immer wieder,
er könne sich nicht genau erinnern, wann und wie er nach Hause gekommen sei.
Kurz: War alles ziemlich Kraut und Rüben.«
»›Ich kann mich nicht erinnern‹ …
die älteste aller Ausreden. Er ist mit seinem eigenen Auto gefahren. Das wollte
er allerdings so direkt nicht sagen. Schließlich war er duhn. Hat er
zugegeben.«
»Es ist doch naiv, zu glauben, wir
kämen nicht dahinter.«
»So weit wird er wohl selbst sein.
Aber natürlich hast du ihn schön überrascht.«
»Es war ihm sichtlich peinlich,
der Polizeiwagen vor der Haustür.«
»So auf’m Dorf …«
»… wird schnell geredet. –
Fährst du mal zu ihm? Im Nachhinein dachte ich, dass ich viel mehr hätte
erfahren können. Es lief nicht so gut …«
»Ich kann’s ja versuchen. Manchmal
nervt man die Leute durch seine Präsenz, dann sagen sie mitunter Dinge, von
denen sie sich geschworen hatten, sie nie und nimmer auszuspucken. Und du?«
»Ich kümmere mich um Marten
Sommer. Und vielleicht sollten wir nicht auf Frau, sondern auf Menno Reemts
mehr schauen – der hat ganz schön auf Aldenhoff rumgehackt.«
»Sonst noch wer?«
»Ich sagte doch: Alle noch mal
unter die Lupe nehmen, aus einer anderen Perspektive.«
»Das sagst du so! Was ist mit
Klaas Meyer und Hillrich Hajen?«
»Meyer hat die Wahrheit gesagt,
das kann man aus den Fakten ableiten. Und Hajen, wieso der?«
»Er war ebenfalls unterwegs in der
Nacht. Es war neblig, kein Mensch weit und breit, ostfriesische Ruhe auf dem
Lande … Da hat man Zeit!«
»Für so ausgebufft halte ich den
nicht!«
»Darauf spekulieren viele
Verbrecher, Frau Kollegin.«
»Magst wohl recht haben. Hat er
ein Motiv?«
»Nein, ich sehe keines, genau wie
bei Meyer. Steinhoff hat beide schon gelöchert, der sagt, es stecke nichts
dahinter. Ziemlich schweigsame, sture Ostfriesen, meint er. Er ist ja nicht von
hier. Er erwähnte Hajens Tochter, sie war ihm aufgefallen, weil sie so extrem
schmächtig war, nicht einen Ton gesagt, einen sehr schüchternen Eindruck
gemacht hat. Das ist typisch Steinhoff, der speichert immer so viel, hat ein
tolles Erinnerungsvermögen. Wenn ich an meinen Schädel denke …«
»In der Diskothek in Norddeich war
doch Manninga gewesen. Sollte man dort nicht noch einmal nachhaken?«
»Die Diskothek heißt ›Waterkant‹,
ist weit über Ostfrieslands Grenzen bekannt, allerdings unter dem Namen der
ehemaligen Chefin, Meta. Sie ist leider bereits verstorben. War eine sagenhafte
Lady, sie lief mit einem Kinderwagen voller Flaschen durch die Disko, um sie
den Gästen zu verkaufen. Und die Musik dort – einzigartig. Du hast doch
sicher von dem Musical gehört, das ihr zu Ehren mit Riesenerfolg aufgeführt
wird? Jetzt führt ihr Sohn den Laden weiter. Vielleicht sollten wir aus dem
Schuppen weitere Informationen einholen.«
»Sicher, aber wir haben auch so
gut zu tun.«
»Kann man wohl sagen. Tee?«
»Danke, habe Feierabend.«
»Bitte?«
»Feierabend. Es ist
17.30 Uhr. Ich gehe ins Kino.«
»Hör mal, du bist bei der Polizei.
Was gibt’s denn?«
»Indiana Jones.«
»Ah, Bildung und Kultur pur.«
»Kann es nicht zur Abwechslung mal
so etwas sein? Man muss sich hin und wieder ablenken. Bin morgen früh wieder
hier und fahre gleich zu Manninga. Tschüss, Tanja. Hast du was vor?«
»Ich denke noch ein bisschen nach.
Es läuft nicht so, wie ich mir das wünsche. Und Eilsen sitzt mir im Nacken,
sagte ich ja schon.«
»Eilsen, der …«
»Sag’ mal, wenn nun Hajen und
Reemts, beide, sozusagen, die kennen sich seit einer Ewigkeit …, oder Meyer und
Reemts, oder alle drei …«, sie überlegte kurz, sprach dann weiter: »Reemts, der
mochte den Aldenhoff doch überhaupt nicht?«
»Ja, und?« Ulferts sah sie mit dem
typischen Gesichtsausdruck des ›Nun-sag-schon-ich-hab’-noch-was-vor‹ an.
»Ach, nur so ein Gedanke, nichts
weiter!«
»Na denn. Wie gesagt: Ich habe
Feierabend, Frau Hauptkommissarin. Wie ich sehe, Sie sind noch voll und ganz bei
der Sache, gut so!« Ulferts’ Vorfreude auf den Kinoabend spiegelte sich in
jedem seiner Gesichtszüge wider. Einfach abhängen, im Kinosessel, und ein
kühles, bayerisches Weizenbier dazu. Im Kino, bei Dämmerlicht, konnte man
biermäßig ja mal fremdgehen
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