Friesenwut - Kriminalroman
ihr nicht ganz
gelang, weil es nicht ehrlich gemeint war – das merkte ihr Gegenüber
allerdings nicht.
»Gut«, beschied er kurz und
bündig, »Freitagmittag. Wir könnten etwas essen gehen, ein paar Straßen weiter
gibt es einen guten Mittagstisch.«
»Von mir aus, ich kann Sie aber
nicht einladen, der Staat spart an allen Ecken und Kanten.«
»Ich weiß, Sie sind selbstverständlich
mein Gast.« Cassjens versuchte, charmant zu sein. Tanja Itzenga entging das
nicht, doch sie fühlte sich keineswegs geschmeichelt. Das Mittagessen soll er
ruhig bezahlen, solange die Spesenkassen der Banken noch gut gefüllt waren,
trotz Krise, dachte sie.
»Das freut mich, Herr Cassjens. Um
12.30 Uhr, bei Ihnen?«
»Ja, das passt. Wir können uns
direkt vor dem Restaurant treffen, liebe Frau Itzenga!«
›Muss keiner sehen, dass die
Polizei schon wieder hier ist‹, ging es der Hauptkommissarin durch den Kopf.
»Auch gut«, erwiderte sie laut.
»Welches ist es?«
»Der Grieche an der Hauptkreuzung.
Schräg gegenüber. Sie mögen griechisches Essen?«
»Ich liebe es geradezu. Leider
muss ich mir meistens den Knoblauch verkneifen.«
»Ich mir ebenfalls – bei dem
Kundenverkehr jeden Tag und den vielen Meetings von morgens bis abends. Wissen
Sie, wir haben hier Zwölf- bis Vierzehnstundentage, das kann man sich als
Beamter sicher gar nicht vorstellen … Es gibt jedoch auch gutes griechisches
Essen ohne Knoblauch.«
›Arschloch‹, dachte Tanja Itzenga
und daran, wie sie neulich drei Nächte hintereinander im Einsatz war. Immer nur
drei, vier Stunden geschlafen zwischendurch. Dann antwortete sie: »Ich werde
dort sein, Herr Cassjens, und bitte, versuchen Sie, ein paar Fakten für mich
parat zu haben. Es ist schließlich ein Dienstessen.«
»Sicher, sicher.« Cassjens schien
sich innerlich schon auf das nächste Gespräch vorzubereiten.
»Bis Freitag dann.«
»Ja, bis Freitag, Frau Itzenga.
Bis Freitag.«
Tanja Itzenga verließ das Büro und
stieß fast mit dem nächsten Kunden des Herrn Cassjens zusammen, der schon
wartete, denn sein Gesprächstermin lag bereits mehr als zehn Minuten zurück.
»Entschuldigung«, entfuhr es der
Hauptkommissarin, dann verließ sie das noble Gebäude.
18
»Was bleibt uns
übrig?«, Kommissar Ulferts sah seine Chefin fragend an.
»Nichts. Blöde Schlagzeile: Die
Polizei tappt im Dunklen …«, erwiderte Hauptkommissarin Itzenga. Sie saß über
dem Lokalteil der Auricher Nachrichten.
»Nicht besonders originell, recht
haben sie dennoch«, ergänzte er.
»Was soll’s, das gehört
zu unserer Arbeit. Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels …, meistens
zumindest. Wenn wir unseren Verdacht dem Herrn Polizeipräsidenten so
verklickern wollen, dass er anbeißt, dann müssen wir schnellstens Anhaltspunkte
finden. Er hat zwar zugestimmt, dass die Sache mit dem Stofffetzen und die
sonstigen Indizien auch zu anderen als zu der Zeit geltenden Theorien führen
können, aber so richtig überzeugt scheint er nicht zu sein. Erst heute Morgen
meinte er, einfach so, auf dem Flur: ›Frau Itzenga, ist der Fall Aldenhoff
nicht bald abgeschlossen?‹ Ich wollte gerade groß ansetzen, da sprach er schon
mit dem Staatsanwalt, der ihm zufällig entgegenkam. Ein bisschen müssen wir
noch zulegen, bis er auf unserer Seite ist. Und das heißt: Alle weiteren
Personen befragen, alles, was irgendwie mit den Unfällen in Zusammenhang stehen
könnte, aufspüren und zusammensetzen.«
»Du weets’t dat woll«, sagte
Ulfert nicht ohne Grinsen. Schließlich hatte die Hauptkommissarin gerade nichts
anderes geschildert als das, was sie seit Jahren tagtäglich taten.
»Blödmann!«, fauchte sie zurück,
»ich wäre auch glücklicher, wenn ich mehr wüsste. Vielleicht sind wir ja auf
dem Holzweg?«
»Nichts da, Holzweg. Jemand wollte
Aldenhoff an die Gurgel. Einige Leute hatten Grund dazu. Barkowski hat es doch
klipp und klar gesagt: Es gibt Verletzungen am Hals, die von einem nach dem
Unfall vorgenommenen Würgen Aldenhoffs stammen könnten. Ich bitte dich, da kann
man nicht mehr von einem Holzweg sprechen«, Ulferts kam nicht weiter.
»Könnten! Sie könnten davon
stammen. In dem Wort steckt Unsicherheit!«, erwiderte die Hauptkommissarin.
»Barkowski irrt sich nicht, und
wenn schon: Wir müssen den Unbekannten finden, der sich sein Kleidungsstück
zerrissen hat. Meine innere Stimme sagt mir, dass sich damit einige andere
Fragen beantworten lassen.«
»Du wirst mir langsam
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