Friesenwut - Kriminalroman
schrecklich. Allerdings hat
das nichts mit unserer Bank zu tun, Frau Itzenga.«
»Ich bin mir dabei nicht so sicher.
Das Erstaunliche ist doch, dass Herr Aldenhoff mit ebenjener Frau befreundet
war, die er dann in dieser Nacht angefahren hat.«
»Ich begreife es ebenso wenig wie
Sie«, Cassjens wurde unruhiger. Offenbar verging ihm die Lust, über das Thema
zu sprechen. Unangenehm genug, dass er neulich in der Vorstandssitzung gehört
hatte, dass Aldenhoff dem Regionalleiter kürzlich – intern und streng
vertraulich natürlich – offenbaren musste, dass seine Vereinbarungen nicht
immer astrein gewesen waren. Das wollte Cassjens der Hauptkommissarin jedoch
nicht auf die Nase binden, allenfalls erst dann, wenn es nicht mehr anders
ging. Dass Aldenhoff ihm plötzlich derart unangenehme Gespräche einbrachte, war
schon ärgerlich genug. Noch dazu Gespräche, mit denen er keinen Blumentopf
gewinnen konnte und die dennoch viel seiner kostbaren Zeit kosteten.
»Wir brauchen eine stichhaltige
Erklärung. Dieser Fall ist, gelinde gesagt, nicht ganz eindeutig«, Tanja
Itzenga merkte sofort, dass diese Äußerung wenig professionell war. Nur keine
Unsicherheit rüberbringen, sie hatte eine wichtige Maxime für kurze Zeit
vergessen. Sie fuhr fort: »Also, ich meine, man muss die Beteiligten ein wenig
näher kennenlernen und Aldenhoff war nun mal ein langjähriger Mitarbeiter von
Ihnen, ein … Untergebener, sozusagen.«
»Ich bitte Sie, Frau
Hauptkommissarin, so reden wir nicht über die Kolleginnen und Kollegen.
›Mitarbeiter‹ gefällt mir viel besser. Hier sind doch alle gleichberechtigt.
Wir haben eine eher horizontale Hierarchiestruktur.«
»Na, Herr Cassjens, nun bleiben
Sie mal ehrlich. Es muss einer sagen, wo es langgeht!«
»Ja, sicher, aber …«
»… aber so, dass es aussieht, als
sei alles schön gemeinsam beschlossen? Wollten Sie das sagen?«
»Es ist, Frau Hauptkommissarin,
eben nicht jedem gegeben, etwas zu lenken, ohne dass diejenigen, die
mitarbeiten, merken, dass sie – bis zu einem gewissen Grade – gelenkt
werden«, man merkte Cassjens an, dass er selbst begeistert war über das, was er
gerade gesagt hatte.
»Nein, Sie haben recht, ist ja bei
der Polizei nicht anders«, bemerkte Tanja Itzenga. Sie wusste nicht, ob
Cassjens ihr sympathisch war oder nicht. Den konnte man nicht einordnen.
»Eine Bank und die Polizei würde
ich nicht vergleichen wollen, Frau …«
»Ich ebenso wenig, dazu sind wir
nicht hier«, Tanja Itzenga fuhr ihm forsch ins Wort. »Also, Herr Cassjens, was
mich noch interessieren würde, um es mal klipp und klar zu sagen: Gab es
irgendjemanden aus Ihrem Kundenkreis, der Schwierigkeiten mit Herrn Aldenhoff
hatte?«
»Frau Itzenga, ich habe eine
objektive Bewertung über den Mitarbeiter Aldenhoff abgeben wollen, ob er
persönliche Probleme mit jemandem hatte oder ob ich ihn mochte, ist dabei
völlig egal.«
»Glaube ich, ehrlich gesagt,
nicht. Und das mit der Objektivität ist ohnehin so eine Sache … Das ist allerdings
ein anderes Thema. Also bitte – können Sie dazu eine Angabe machen?«
»Nein, kann ich nicht. Das muss
ich auch nicht.«
»Da bin ich anderer Meinung. Wenn
wir von Ihnen auf diesem Wege keine Informationen bekommen, kann ich mich
beispielsweise an den Staatsanwalt wenden, der dann …« Tanja Itzenga wusste,
dass sie sich gerade auf rechtlich spiegelglattes Eis begab, doch Cassjens biss
sofort an: »Ich muss Ihnen nicht erklären, dass wir auf so etwas verzichten
können. Also gut, ich kann ja mal Erkundigungen einholen, Frau
Hauptkommissarin. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den Staatsanwalt aus
dem Spiel lassen. Es muss nicht gleich jeder wissen, dass unsere Bank, also,
Herr Aldenhoff als Mitarbeiter, Mist gebaut hat, wenn ich das mal so sagen
darf. Jemanden angefahren, dann selbst gegen den Baum, und so, Sie wissen, was
ich meine. Es stand schon viel zu viel in den Zeitungen.«
»Dazu gibt es Zeitungen.«
»Aber unser Ruf.«
»Ist eh ruiniert, Herr Cassjens.
Das Vertrauen der Leute in die Banken ist doch …«
»Sehen Sie, man muss alles nicht
noch schlimmer machen!«
»Wer Fehler macht, muss dafür
geradestehen. Ich nehme an, Sie sehen das genauso? Leider drängt die Zeit und
ich muss wieder los. Ich komme Ende der Woche noch mal bei Ihnen vorbei, sagen
wir Freitagmittag?«
»Schon? Ich muss behutsam
vorgehen, wissen Sie …«
»Herr Cassjens, Sie haben doch das
Zeug dazu.« Tanja Itzenga setzte ihr schönstes Lächeln auf, was
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