Frisch geküsst, ist halb gewonnen
kannst du so ruhig bleiben? Ist es das Gift? Ist es bereits bis in dein Gehirn vorgedrungen?“
„Ich will mich nicht so viel bewegen. Je weniger man sich bewegt, desto weniger kann das Gift sich im Körper ausbreiten.“ Er schaute ihr in die Augen. „Izzy, du schaffst das.“
Sie wollte im Kreis laufen und schreien. Sie wollte ihre Hände ringen und das Universum anflehen, ihn wieder gesund zu machen. Sie wollte sich hinsetzen und weinen, und sich dann in der Panik verlieren. Stattdessen wusste sie, dass sie handeln musste.
„Okay“, sagte sie und machte sich auf, Ethan zu finden.
Fünf Minuten später war sie mit dem Erste-Hilfe-Kasten zurück, den Ethan ihr gegeben hatte. Sie reichte ihn Nick, der sie bat, ihn zu öffnen.
Einfacher gesagt als getan, dachte sie, als sie sah, wie ihre Hände zitterten. „Was für eine Binde?“
„Ein Stück Gaze auf die Bissstelle und dann eine festere Binde, um sie um meinen Arm zu wickeln. Schau mal nach, ob da auch eine Schlinge drin ist.“
Sie machte sich nicht die Mühe, den Zettel mit der Inhaltsübersicht zu lesen, sondern kippte den ganzen Kasten aus und durchsuchte den Inhalt, bis sie gefunden hatte, was sie brauchte.
„Ich übergeb mich gleich“, murmelte sie, als sie sich die Sachen schnappte und an Nicks Seite eilte.
„Pass nur auf, dass ich nichts davon abbekomme.“
„Halt den Mund. Sag mir, was ich tun soll.“
„Beides gleichzeitig geht nicht.“
Sie sah ihn an. „Nick, ich bin hier kurz vorm Ausflippen. Warum zum Teufel konntest du die Schlange nicht fangen, wie sie das in den Actionfilmen immer machen?“
„Dann ist das hier also meine Schuld?“
Sie hörte eine Spur Belustigung in seiner Stimme. Als wenn er die ganze Situation amüsant fände. Als wenn er nicht kurz davor stand zu sterben.
„Hab ich schon erwähnt, dass du mich besser nicht verärgern sollst?“, fragte sie.
„Ich hasse es, dich zu enttäuschen, Izzy, aber heute Nacht werden wir wohl keinen Sex haben.“
„Ja, das hab ich auch schon verstanden. Sag mir jetzt, was ich tun soll.“
Er leitete sie an, die Wunde abzudecken und seinen Arm zu bandagieren. Das war nicht einfach, mit zitternden Fingern und dem Gefühl drohenden Unheils im Nacken, das immer wieder Panikwellen durch ihren Körper schickte. Aber da sie wusste, dass sein Leben von ihr abhing, machte sie weiter. Langsam und vorsichtig legte sie die Schlinge um seinen Hals und half ihm, seinen Arm durchzustecken und so vor der Brust zu sichern, dass Hand und Handgelenk höher lagen als der Ellbogen.
„Sieh nach, wo das Auto bleibt“, sagte Nick.
„Ich lasse dich hier nicht allein.“
„Das tust du ja auch nicht. Du sollst nur gucken gehen. Komm, Izzy, ich hau schon nicht ab.“
Sie zögerte eine Sekunde, dann raste sie zur Lichtung. Die Männergruppe war verschwunden. Sie hoffte, dass Ethan ihnen die Hölle heißgemacht hatte. Sie hatte vor, den Sheriff anzurufen, sobald sie sicher sein konnte, dass Nick nicht sterben würde. Aber im Moment interessierte sie einzig und allein, ihn ins Krankenhaus zu bekommen.
„Beeilt euch“, sagte sie laut. „Kommt schon.“
Augenblicke später raste Nicks SUV die Straße hinunter und kam direkt neben ihr zum Stehen. Aaron sprang heraus.
„Wo ist er?“, schrie er, mit den Armen wedelnd. „Oh, mein Gott. Eine Schlange? Eine Klapperschlange? Ist er tot? Er ist tot, oder?“
„Noch nicht. Komm jetzt.“
Sie packte Aarons Arm und führte ihn zu Nick. Der lehnte immer noch am Baum und sah sehr ruhig aus. Aber sie sah den Schweiß auf seiner Stirn und die Anspannung in seinem Kiefer.
„Geht es dir gut?“, fragte sie.
„Ja. Wir werden jetzt gemeinsam zum Auto gehen. Aaron, ich werde mich auf dich stützen.“
„Ja, ja.“ Aaron klang so zittrig, wie Izzy sich fühlte.
Er schlang Nicks unverletzten Arm um seine Schulter, und gemeinsam überwanden sie die Meter bis zum Auto. Nicks Atem ging gleichmäßig. Izzy sagte sich, dass das gut war. Gut sein musste.
Als sie das Auto erreichten, half sie ihm auf den Rücksitz und schloss die Tür hinter ihm.
„Fährst du?“, fragte sie Aaron.
„Ja.“
„Weißt du, wo das Krankenhaus ist?“
„Ja. Ich habe auch bereits dort angerufen und angekündigt, dass wir vorbeikommen. Sie warten schon auf uns.“
„Gut.“
Sie setzte sich auf den Beifahrersitz, vergrub ihr Gesicht in den Händen und brach in Tränen aus.
Nick lag im Krankenhausbett. Das Morgenlicht fiel durch die Jalousien. Sein Arm tat höllisch
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