Frisch geküsst, ist halb gewonnen
gesamte Öl fördern können und dabei so wenig Umweltschäden wie möglich angerichtet.“ Er verlagerte sein Gewicht. „Das Land gehörte einem Dutzend Familien. Ich habe mich mit Francisco getroffen, der alle Fäden in der Hand hielt. Ich habe ihn überzeugt, und er hat die anderen überzeugt. Das Schöne an unserem Plan war, dass die Familien immer noch uneingeschränkten Zugang zu ihren Ländereien hatten. Sie konnten weiter ihre Felder bestellen und ihr Leben leben, während sie von uns das Geld einstrichen.“
„Und wo ist der Haken?“, wollte Izzy wissen. Sie ahnte schon, dass sie die Antwort darauf eigentlich lieber nicht hören wollte.
„Ich dachte, ich wäre klüger als alle, die gesagt haben, es wäre unmöglich“, sagte er. „Ich habe die Warnungen ignoriert, sowohl die wissenschaftlichen als auch die spirituellen.“
„Es gab spirituelle Warnungen?“
„Örtliche Legenden, die davor warnen, etwas von unter der Erde zu nehmen. Jeder, der es täte, würde von den Göttern verflucht.“
„Gruselig“, sagte sie und rieb sich mit den Händen über die Arme. „Was ist passiert?“
„In der Frühphase der Bohrung stießen wir auf eine Menge Gas. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Wir haben die umgebende Luft geprüft, und es gab keine Anzeichen für Probleme. Drei Monate später wurden die ersten Anwohner krank. Wir fanden sofort heraus, dass wir das Wasser vergiftet hatten, aber da war es schon zu spät. Drei Menschen starben.“
Izzy schaute ihn an, nicht sicher, was sie sagen sollte. „Ich verstehe das nicht. Warum kanntet ihr das Risiko nicht, bevor ihr angefangen habt?“
„Es handelte sich um eine völlig unmögliche chemische Reaktion. Sie war nicht vorhersehbar. So etwas hat es nie zuvor gegeben. Wenn wir die traditionelle Bohrmethode angewandt hätten, hätten wir es vielleicht bemerkt. Aber das haben wir nicht.“ Er klang von sich selbst angewidert. „Uns ist es gelungen, den Rest des Dorfes zu retten, aber es war zu spät. Zwei der Toten gehörten zu Franciscos Familie. Jeder gab ihm die Schuld, und er gab sie mir.“
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie kannte die Gefahren von Bohrungen tief in die Erde aus eigener Erfahrung. Menschen konnten dabei sterben – aber normalerweise keine Unbeteiligten. Nicht die, die sich nicht wissentlich auf das Risiko eingelassen hatten.
„Es war mein Fehler“, sagte Nick heiser. „Ich bin dafür verantwortlich. In meiner Arroganz war ich mir so sicher. Ich bin zu Francisco gegangen, um mich zu entschuldigen. Er hat mich gefangen genommen, und einen Freund von mir auch. Die Männer aus dem Dorf hielten uns monatelang fest und folterten uns mit Messern. Sie haben uns gerade genug zu essen gegeben, damit wir am Leben blieben, aber nie genug, um nicht zu hungern. Sie haben meinem Freund die Beine gebrochen, und an der daraus resultierenden Infektion wäre er beinahe gestorben. Ich weiß nicht, wie oft ich dem Tod ins Auge geblickt habe. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich aufgegeben. Aber so konnte ich es nicht. Mein Freund hat es nicht zugelassen. Wir haben einander am Leben erhalten.“
Nick atmete tief ein. „Er hat es mir nie vorgeworfen. Damals nicht und heute auch nicht. Die meisten Menschen hätten das getan. Ich habe alles vermasselt, und er hat nicht ein Wort darüber verloren.“
„Du hast einen Fehler gemacht, das ist ein Unterschied.“
„Erzähl das den Leuten, die gestorben sind.“
„Nick, du kannst dir doch nicht die Schuld daran geben.“
„Natürlich kann ich. Irgendwann wusste ich dann, dass ich uns da rausholen muss. Mein Freund war kurz vorm Sterben, und ich hätte auch nicht mehr viel länger durchgehalten.“
Jetzt nahm sie seine Hand. Vielleicht, um ihm Trost anzubieten, vielleicht, um sich selber Halt zu geben in dieser ganz besonderen Form der Hölle.
„Es war mein Fehler“, fuhr Nick fort. In seiner Stimme hörte sie den Schmerz und die Reue. „Alles. Ich habe sie umgebracht. Damit lebe ich seitdem jede Minute jeden Tages. Ich war arrogant. Ich dachte, ich wüsste es besser. Ich hatte es verdient zu sterben. Aber mein Freund nicht. Eines Tages gelang es mir, unsere Ketten zu lösen. Ich habe uns befreit und meinen Freund aus dem Dschungel getragen.“
Er drückte Izzys Finger. „Als wir endlich wieder in den Staaten waren, bin ich zur Polizei gegangen und habe ihnen erzählt, was ich getan habe. Niemand konnte mir helfen.“
„Was meinst du damit?“, fragte sie, obwohl sie schon
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