Frisch geküsst, ist halb gewonnen
ahnte, wie die Antwort lautete. „Meinst du, dass niemand dich ins Gefängnis stecken wollte?“
„Ja. Ich bin zum Auswärtigen Amt gegangen. Sie haben ein Team losgeschickt, aber Francisco und seine Familie waren schon weg. Es gab dort nichts mehr außer der Bohrstelle und dem verdammten Öl, das wie Wasser aus der Leitung sprudelte. Der Vertrag zwischen den beiden Ländern besagte, dass ich nicht dort unten vor Gericht gestellt werden konnte – nicht für das, was jeder als tragischen Fehler bezeichnete. Ich habe Monate damit verbracht, Francisco zu suchen. Vielleicht, um ihm zu sagen, dass es mir leidtut. Vielleicht, damit er seinen Job beenden konnte. Ich weiß es nicht.“
Izzy wandte sich Nick zu und umfing sein Gesicht mit beiden Händen. „Du musst das loslassen.“
„Warum? Ich war dumm. Ich dachte, ich wüsste alles besser, aber dem war nicht so.“
„Ist das nicht genau die Beschreibung eines Fehlers? Du hast falschgelegen, aber du wolltest es nicht. Ja, es ist schlimm, dass Menschen gestorben sind. Ja, du bist in gewisser Weise dafür verantwortlich. Aber du kannst nicht den Rest deines Lebens damit verbringen, dafür zu bezahlen.“
„Warum nicht?“, fragte er bitter. „Wann ist es denn genug? Wann ist es abgebüßt?“
„Jetzt.“
„Nein. Das stimmt nicht. Nachdem ich ihn nicht finden konnte, habe ich die Welt bereist, habe nach etwas gesucht. Vielleicht nach Frieden. Vielleicht nach einem Grund, warum das alles passiert ist. Dann bin ich wieder hierher zurückgekommen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ironischerweise hat mich das ganze Öl reich gemacht. Ich habe jeden Penny weggegeben, aber ich hatte von früher immer noch genug Anteile in verschiedenen Firmen. Ich habe diesen Ort hier gekauft und angefangen, ab und zu ein paar Kinder aufzunehmen. Das ist der ganze Sinn dieser Ranch. Aaron denkt, dass die Firmenveranstaltungen uns die Miete zahlen, aber ich benutze sie nur, um uns seriöser erscheinen zu lassen.“
„Du bietest Kindern, die Opfer von Gewalt geworden sind, kostenlose Wochenenden hier an. Das ist wundervoll.“
„Aber nicht genug.“
„Dann mach mehr draus“, sagte sie. „Mach es Vollzeit.“
„Das kann ich nicht.“
„Wieso nicht? Besorg dir entsprechendes Personal. Wenn du mehr Geld brauchst, nimm einen Kredit auf. Oder frag andere Leute, ob sie dir helfen können. Ich wüsste gar nicht, wo man damit anfängt, aber Skye kann dir sicherlich helfen.“
„Das kann ich nicht riskieren. Was, wenn ich es wieder vermassle? Was, wenn ich dieses Mal ein Kind töte?“
Und in diesem Moment verstand sie es. Nick wurde nicht nur von den Menschen heimgesucht, die er unabsichtlich getötet hatte. Sondern auch von der Angst davor, dass es noch einmal passieren könnte. Dass er noch einmal einen Fehler machen könnte. Er war starr vor Panik. In seiner Vorstellung war er eine wandelnde Zeitbombe, und obwohl er helfen wollte, hatte er Angst, genau das Gegenteil zu tun.
Ihre Situation mochte eine andere sein, aber sie kannte den Treibsand der Unentschlossenheit. Sie verstand, wie man zu einem Gefangenen der Umstände und Angst werden konnte.
„Anstatt also ein Risiko einzugehen, lässt du die Kinder lieber leiden, weil du Angst hast?“, fragte sie und entzog sich ihm. „Das kann ich nicht akzeptieren. Du musst dich der Angst stellen und mit deinem Leben weitermachen.“
„Das tust du doch auch nicht.“
„Oh, klar. Wirf mir nur wieder die Operation vor die Füße. Nett.“
Er stand auf und ging auf die andere Seite des Zimmers, wo er die Gardinen zur Seite zog; sie schätzte, um aus dem Fenster zu schauen.
„Du verstehst das nicht“, sagte er.
Sie ging zu ihm. „Das stimmt. Ich verstehe es nicht. Ich habe nicht das erlebt, was du durchgemacht hast. Wenn, dann hätte ich es nicht überlebt. Francisco hat seine Rache sehr gründlich verübt.“
„Ich habe seine Familie getötet.“
„Und er hat dich gefoltert. Er wusste, dass du einen Fehler gemacht hattest – du wolltest niemanden in Gefahr bringen. Und jetzt versuchst du, das Unrecht wiedergutzumachen. Und das ist es, was zählt.“
„Nicht für die Leute, die tot sind. Die drei Menschen wird nichts wieder zurückbringen.“
„Genauso wenig, wie dich wieder und wieder mit Messern zu ritzen.“
„Er hatte seine Gründe.“
Sie hätte ihn am liebsten geschüttelt. „Ach so? Es gibt also keine Vergebung? Ich dachte, unser gesamter jüdisch-christlicher Lebensweg basiert auf Vergebung und
Weitere Kostenlose Bücher