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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ihr die Luft zu nehmen und dann noch der Gedanke, sie fällt aus dem Bett. Nein danke. Noch dazu hat das so was von totaler Muttimutation. Rund um die Uhr ans Kind gekettet. Nein. Also rein in die Wiege. Und die Wiege ganz nah ran ans Bett. Doch so durchdacht das Ganze auch war: Das Resultat war niederschmetternd. Ich hörte tatsächlich alles. Jedes Grunzen
und Schmatzen. Und jedes Mal saß ich senkrecht im Bett. Aus Angst vor plötzlichem Kindstod oder anderen Scheußlichkeiten. Man liest ja so viel. Claudia allerdings hat bestens geschlafen. Dummerweise nur stundenweise. Mehr war anscheinend nicht drin. Und diese wenigen Stunden waren garantiert nicht die, die ich geschlafen habe. Es gibt ja immer wieder diese tollen Geschichten von Kindern, die, kaum vier Wochen alt, schon die Nächte durchschlafen. Claudia hat tagsüber wunderbar geschlafen, aber nachts einen Riesenzirkus veranstaltet. Drei Wochen halte ich es aus, dann verbanne ich die Wiege ins Kinderzimmer. Ich beschloss, dass es langt, wenn ich alle drei bis vier Stunden wachgebrüllt werde. Ich muss nicht noch bei jedem Röchler aufgeweckt werden und jedes Mal denken: Hilfe, sie erstickt, hat einen akuten Virusschub oder Ähnliches.
     
    Der Schlafentzug in den ersten Monaten ist die Hölle. Mitten in der Nacht, wenn andere Menschen sich in der Tiefschlafphase befinden, durch die Wohnung zu wandern, Windeln zu wechseln und Fläschchen zu schütteln, eine echte Tauglichkeitsprüfung. Der finale Muttieignungstest. Die ersten Nächte ist Christoph noch mit aufgestanden. Nach einer Woche war Schluss. »Hör mal, Andrea«, warb er um Verständnis,«ich muss morgens frisch und ausgeschlafen sein, sonst kann ich nicht arbeiten.« Interessant. Und ich? Ist das, was ich hier mache, keine Arbeit, sondern mein Privatvergnügen? »Du kannst dich ja tagsüber ausruhen, wenn die Maus schläft, legst du dich einfach auch ein bisschen hin.« So. Toll. Männer und ihre einfachen Lösungsmodelle. Sich hinlegen, tagsüber. Und wer räumt
Waschmaschinen ein und aus, bügelt und kauft ein? Selbst ein Minimum an Hausarbeit erledigt sich leider nicht von selbst. Nach fünf Wochen fühle ich mich wie ein komatöser Zombie. Eine Bademantel tragende Schlampe, die erst um die Mittagszeit erste Lebenszeichen in ihrem Körper verspürt. Und keine guten. Die den Frühstückstisch gegen Abend abräumt. Wenn überhaupt. Ein Kind macht richtig viel Arbeit. Vor allem zu Beginn. Weil man sich noch nicht auskennt. Und als«Muttianfängerin« auch schnell mal in Panik gerät. Und vor allem, weil man die Ausmaße nicht erahnt. Von dem, was da auf einen zukommt. Sich das so idyllisch vorstellt. In Zeitschriften immer nur Bilder von rosigen Müttern sieht, die im Schaukelstuhl versonnen vor sich hin stillen. Und es sagt ja auch keine was: Jede tut so, als wäre das alles die reine, wahre, ultimative Freude.
     
    Und vor allem, keiner würdigt die Arbeit. »Schon Millionen Frauen haben ihre Kinder großgekriegt, lass dich mal nicht so gehen«, ist der Kommentar meiner Mutter, als sie mich am späten Nachmittag völlig aufgelöst in meiner Wohnung besucht. »Und eins sage ich dir, Andrea«, sie guckt besorgt, »so wie du aussiehst, bist du bald auch noch allein erziehend«, präsentiert sie mir eine weitere Nettigkeit. Genau das, was ich jetzt brauche. Eine herrliche Überraschung, diese wohlmeinenden Besuche in der Anfangsphase des Muttiseins. Meine Mutter ist direkt für die harte Tour. Sie plädiert für den Klassiker: »Lass sie schreien, die Lungen brauchen das. Unsere haben ordentlich geschrien und – hat ihnen das geschadet?« Darauf gibt es keine passende Antwort. Wenn man sagt: »Ja, hat es«, dann greift man damit die eigene Mutter an. Behauptet, die hätte irgendwie
einen an der Klatsche. Beleidigt die komplette Verwandtschaft. Sagt man nein, gibt es keinen Grund mehr, die eigenen Kinder nicht auch brüllen zu lassen. Ich kneife. Äußere mich überhaupt nicht zu den Verhaltenstipps. Kaufe stattdessen schlaue Bücher. »Jedes Kind kann schlafen«, empfiehlt mir die Buchhändlerin. Welch tröstlicher Titel. Aber keine atemberaubende Neuigkeit. Schließlich schläft auch meins. Nur eben zur falschen Zeit. Trotzdem: Ich versuche, mich an die Regeln zu halten. »Schreit Ihr Kind, gehen Sie hin, beruhigen es und gehen dann wieder hinaus. Jedes Mal warten Sie etwas länger.« Mit der Uhr in der Hand befolge ich die Buchratschläge. Christoph hält das alles für Quatsch. »Irgendwann wird die

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