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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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streichelt sie sanft, als wolle er sagen: Hier schau mal, was ich für ein feiner, einfühlsamer Vater bin. Ich koche. Das ist mal wieder typisch. Das ist unsere Tochter – aber verantwortlich bin ich. Jedenfalls dann, wenn irgendwas außerplanmäßig läuft. Und das Beste: Der hat noch nicht mal ein schlechtes Gewissen, findet ganz offensichtlich meine Ansprüche grotesk und zieht ein Zuhausebleiben nicht mal in Erwägung. Was tun? Für den großen Generalstreit fehlt mir die Lust. Außerdem muss ich mich um Claudia kümmern. Wenn das Fieber unter 38 wäre, könnte ich sie eventuell noch in den Kindergarten schicken. Wäre natürlich gegen die Regeln und auch nicht wirklich fair den anderen gegenüber, aber immerhin eine Lösung. Beim Abholen würde ich dann so tun, als wäre am Morgen noch alles prima gewesen. »Fiebrig, nein, so eine Überraschung … « Von den Berufstätigen machen das einige so. Lydia ganz besonders oft. »Was soll ich denn machen«, hat sie mir in einem ehrlichen Moment mal gestanden, »wenn der bei jedem klitzekleinen Infekt daheim bleibt, kann ich meinen Salon aufgeben. Ich bin nun mal selbständig, und einen Mann, der einspringen könnte, den habe ich nicht.« Ich anscheinend auch nicht. Das nächste Mal werde ich Lydia vorschlagen, doch mal »die dringende Dauerwelle« namens Pius zu fragen! Ha.
     
    Das Fieber tut mir den Gefallen nicht. Nämlich zu fallen. Im Gegenteil. Bis zur regulären Aufstehzeit um sieben Uhr habe ich nicht nur vier Samsgeschichten vorgelesen, Nasentropfen und Ohrentropfen eingeführt, sondern meine
Tochter hat auch noch 39 Grad Fieber. Jetzt bleibt nur noch ein Ausweg. Mutti oder Schwiegermutti Inge. Ich probiere es zuerst bei Inge. Meine Mutter ist wirklich der absolute Notnagel. Donnerstags spielt sie normalerweise auch gerne ein Ründchen Golf. Und da ist die Alternative des Kinderhütens wahrlich nicht sehr verlockend. Also erst mal die einfachere Variante. Ich rufe meine »Schwiegereltern« an. Rudi ist am Telefon. »Ja, Andrea, so früh am Tach. Moin, meine Beste. Was gibt’s denn?« Mein Schwiegervater Rudi ist ein Engel. Ganz anders als sein Sohn. Ein ruhiger, freundlicher und vor allem hilfsbereiter Mann. »Ei die Ärmste. Unser klaa Mäusche, krank, o Gott, o Gott.« Er hat Mitleid und ich Hoffnung. Die beiden werden mir helfen. Würden sie auch gerne, aber leider hat Rudi heute seinen Augenarzttermin in der Uniklinik. »Wesche meinem Star, du weißt doch. Da wern mir die Pupille weitgetropft, un ich kann net Auto fahrn. Deshalb muss misch die Inge hifahrn. Habe mer euch doch letzte Woch erzählt.« Und ich habe es vergessen. Mist. Die fallen aus. Obwohl Rudi in seiner netten Art sofort vorschlägt, ein Taxi zu nehmen. Damit Inge das »Enkelscher« pflegen kann. Aber ich weiß, wie ungern er allein im Krankenhaus wartet. Rudi und sein Sohn haben eine große Gemeinsamkeit, die sie wahrscheinlich mit dem Großteil der männlichen Bevölkerung teilen: Sie sind schlimme Hypochonder. Inge und Rudi machen alles zusammen. Rudi kann auch gar nicht mehr viel alleine machen. Weil er so gewöhnt ist, dass Inge das Kommando hat. Der ist selbst schon zum Kind mutiert. Außerdem braucht er jemanden zum Händchenhalten. Da kann man fast eher Claudia allein lassen. Ich winke dankend ab. Verspreche aber, wenn es keine Lösung
gibt, noch mal anzurufen. »Mir mache alles möglisch, für unser Claudia is uns nix zu viel«, mit diesen Worten verabschiedet er sich. Ich bin kurz vorm Heulen. Wie süß. Da könnte sich der Herr Kindsvater eine Scheibe abschneiden. Tut er aber nicht. Er delegiert eben gern: »Gib sie doch meinen Eltern, wenn sie es schon anbieten. Sonst soll mein Vater halt die Untersuchung absagen oder verschieben. Das wird doch mal gehen.« Ach, das wird dann mal gehen. Eine Untersuchung verschieben, auf die Rudi drei Monate gewartet hat. Weil dann der Herr Professor Zeit für seine Augen hat. Aber einen Vormittag freinehmen, eine Vormittag ohne Gerichtstermin, das ist unmöglich. Selektive Wahrnehmung, sage ich da nur. Christoph verkrümelt sich. Eine seiner Hauptproblemlösungsstrategien: Was ich nicht sehe, ist auch nicht da. »Wenn das nicht besser wird mit Claudia, musst du aber schon mal zum Kinderarzt«, beauftragt er mich netterweise noch vor seinem Abgang. Da wäre ich von selbst ja nie drauf gekommen. Dass ein krankes Kind eventuell zum Arzt muss. Gut, dass ich einen Lebensgefährten habe, der mich auf solche elementaren Dinge aufmerksam macht. Mit

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