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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Kindergeburtstag gesagt. Dazu kommt, dass seine Lieblingsfarbe Pink ist. »Wo das hinführt, ist doch eindeutig«, meint Roswitha, eine eher bodenständige Person, deren Sohn von morgens bis abends irgendwo runterspringt und aus jedem Hölzchen eine Pistole macht, schon zweimal den Arm gebrochen hatte und der absolute Draufgänger ist. »Eben ein richtiger Kerl«, wie Roswitha nicht ohne Erzeugerinnenstolz gern mal erwähnt. »Wenn das mit dem Kleinen von der Lydia so weiter geht, dann wird der schwul, liegt ja auch nahe, so ohne Vater«, spricht sie aus, was alle denken. Neulich hat Finn, Lydias Sohn, sogar seine Fingernägel lackiert gehabt, und das, also das sei ja wohl ein untrügliches Indiz.
    Wenn die wüssten. Vielleicht ist Finn einfach nur schlau
und sieht, dass Frauen das bessere Geschlecht sind. Mehr Spaß im Leben haben. Außerdem: Will hat einen Vater, war laut eigener detailgenauer Schilderungen ein totaler Draufgänger, Rudelführer und hat als Kind mit nichts als Autos gespielt. Tja. So viel zu Roswithas Indizienprozess.
     
    Das Komische ist ja auch: Alle wollen angeblich neue Männer, und verhält sich dann einer mal nicht artgemäß, ist das nicht etwa ein Grund zur Freude, sondern zu größter Panik. Alles was anders ist, ist nicht etwa interessant, sondern gefährlich. Falsch. Keine Mutter kennt nicht mindestens eine, die alles verkehrt macht. Berüchtigt sind Geschichten von armen Hascherln, die nie Süßigkeiten essen dürfen und, kaum sind sie zu Besuch bei normalen Menschen, wie irre Süßigkeitenmonster alles Verfügbare in sich reinschaufeln. Ähnlich verhält es sich mit denen, die aus Prinzip nicht Fernsehen gucken dürfen. Wenn die dann zu Gast sind, wollen sie nichts, als rund um die Uhr fernsehen. Diese Beobachtungen stärken die Mütter, die es anders machen.
    Untereinander lästern gehört zum Mütterspiel. Obwohl es meist eher unterschwellig abläuft. Niemand sagt so direkt: »Ach, die Soundso, was die für einen Scheiß mit ihrem Kind macht, total gestört ist das.« Es sind immer eher kleine Anekdötchen, die als Beleg herhalten müssen. »Also, wie die Carla neulich bei uns war, die wollte nur raus in den Garten. Rädchen fahren, Roller ausprobieren. Na ja, ihre Mutter hat da ja selten Zeit für so Sachen, und die arme Carla, ist schon traurig, so blass, wie die ist. Nicht mal richtig Roller fahren kann die. Da ist die wirklich so was von hintendran. Schade um das an sich nette Mädchen.«
     
    Dass der eigene Sprössling dafür nicht mal einen Kreis malen kann, es sich anhört, als hätte er eine Ladung Kies im Mund, wenn er spricht, und dass er nachts noch in die Hose macht, spielt bei solchen Schilderungen keine Rolle. Entscheidend sind die Defizite der anderen. Vor allem auf Gebieten, auf denen das eigene Kind glänzt. Ich habe schon Mütter erlebt, die beim Kinderturnen kurz vor den Freudentränen standen, weil Klein Sarah so toll ohne Festhalten auf die Matte hüpfen konnte. Aufgewertet wird diese Extremsportleistung natürlich durch Kinder wie meines, die schon beim Gedanken an den Sprung zu heulen anfangen. Stundenlang auf dem Kasten stehen, alle aufhalten und nur nach Versprechungen wie »Mami kauft dir gleich noch ein schönes Eis« sich erweichen lassen, an der Hand vom Kasten zu springen. Klein Sarahs Mutter habe ich dann im Gegenzug mal eben ein Gemälde von Claudia präsentiert. Schließlich weiß ich, dass Sarah nicht mal einen anständigen Kopffüßler hinkriegt. Claudia malt ab und an sogar schon Körper. Mutti-Ekstase. Stolzattacke.
    Warum tun wir uns das eigentlich an? Sind wir Frauen so gemein?
    Nein. Oder vielleicht nur zum Teil. Der Hauptgrund ist, dass es insgeheim beruhigt, dass keine das perfekte Kind hingekriegt hat. Und frau so über die Fehler der anderen das eigene Kind aufwerten kann.
     
    Lydia fragt, ob Finn heute bei uns spielen kann. »Ich hab noch eine Dauerwelle reingekriegt, die echt eilig ist, es wäre klasse, wenn du den Finn mitnehmen könntest.« Im falschen Moment am falschen Ort, und schon hat man ein Kind mehr. Mit dem Bewusstsein«wir Berufstätigen müssen
zusammenhalten« sage ich ja. Leider kann man ja nicht die große Solidarität predigen und dann im entscheidenden Moment kneifen.
    Finn ist ein hübscher kleiner Kerl. Und an sich einfach zu halten. Dem muss man kein großes Programm bieten. Verwöhnt kann man ihn nicht nennen. Der einzige Haken an der Sache: Claudia macht sich nicht wirklich viel aus Finn. »Babyhaft«, nennt sie

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