Frisch gepresst: Roman (German Edition)
liebe Frauen. Lesbisch bin ich.« Erwartungsvoll hat sie mich angesehen. »Fein«, habe ich gesagt und »Nehmen wir noch einen Nachtisch?« Ich meine, es hat mir nicht die Sprache verschlagen oder so. Ich habe mir schon so was gedacht. Nicht nur, weil wir die letzten 4 Monate immer im gleichen Lokal essen mußten. Einem Lokal, wo die Kellnerin bedeutend leckerer aussieht als das Essen. Heikes roten Kopf beim Bestellen hätte ich selbst ohne Kontaktlinsen mit minus 5 Dioptrien noch bemerkt.
Nach ihrem Geständnis war sie sichtlich erleichtert. Zwei ihrer langjährigen Freundinnen haben die Nachricht nicht so sehr gut verkraftet. Zeigten alle Anzeichen eines mittleren Panikanfalls. Was mache ich bloß, wenn sie mich antatscht und verführen will? Mir ihre unsterbliche Liebe gesteht? So, als bedeute die Tatsache, daß jemand lesbisch ist, daß jede beliebige andere Frau zum Objekt der Begierde wird. Wie bei einer simplen Gleichung: Ich lesbisch + du Frau = wir Sex. Ich wäre eh nicht auf die Idee gekommen, daß sich Heike in mich verguckt hat. Sie kennt mich viel zu gut. Also hat sich an unserer Beziehung nichts geändert. Nur, daß ich jetzt auf der Suche nach einer tollen Frau für sie bin und mein Bruder Stefan, den Sabine verschmäht hat, auch für Heike nicht in Frage kommt. So doll ist es um seine weiblichen Anteile nicht bestellt. Heike und mich kann dauerhaft nichts trennen. Ich sehe uns schon in 50 Jahren gemeinsam im Kaffeehaus Sahnetörtchen essen und rumtratschen, bevor wir einträchtig mit dem Bus zurück ins Altenheim brausen. Eine runzliger als die andere. Aber mopsfidel. Mit ihr würde ich sogar das Apartment in der Seniorenwohnanlage teilen. Heim sagt man heute nicht mehr. Ist negativ besetzt. So eine Freundin ist Heike. Aber halt leider weit, weit weg. Ich werde sie sofort anrufen, wenn ich daheim bin.
Scheiße, ich bin ja ohne Auto da. Verdammt. Wo ist Porsche-Gregor? Der soll mich mal schön heimfahren. Vielleicht verhunze ich ihm so wenigstens auch den Abend. Wäre ja noch schöner, wenn ich zur Krönung des Abends noch einen Fuffi fürs Taxi latze. Nicht, daß ich geizig wäre, aber so dicke habe ich es nun auch nicht. Und der Fuffi würde mir auch psychisch weh tun. Fünfzig Mark, nur um möglichst viel Distanz zwischen Gregor und mir zu schaffen. Rausgeschmissen für einen Mann, mit dem ich mich fast freiwillig verabredet habe. Einen Mann, für den ich sogar die Beine rasiert habe. »Gregor, warte nur ab und genieße, denn das sind deine letzten Minütchen auf diesem Fest«, mit diesen Gedanken stürze ich mich ins Getümmel. Rache ist eine Speise, die kalt genossen werden muß. Nur nichts überstürzen. Gregor wird nicht ungeschoren davonkommen. Ekelhafte Bestrafungen für Feinde auszudenken ist eine feine Sache. Gibt emotionalen Auftrieb. Bessert die Laune schon allein beim Daran-Denken. Der schnellste, aber auch profanste Weg wäre der, mit dem Schlüssel seinen heißgeliebten Porsche zu verzieren. Zickzackmuster in Metall. Ein Auto zu zerkratzen hat für viele Männer was unangenehm Körperliches. Als wär’s ein Teil von ihnen, das verletzt wird. Welches bloß? Eine Kartoffel im Auspuff kommt angeblich auch gut. Aber welche Frau trägt schon ständig eine Kartoffel mit sich rum. Pommes frites kann man hier kaufen. Nur ob’s mit Fritten funktioniert? Keine Ahnung. Bei solchen Dingen habe ich einen Hang zur Perfektion, der mir sonst eher abgeht. Richtig gut hat mir gefallen, was ich mal in einer Frauenzeitschrift gelesen habe. Da hat die Verlassene dem Ehemaligen die Wohnung gewässert und Kresse-Samen gestreut. Auf den nassen Teppichboden. Als der Ex-Lover im Urlaub war. So grün hat der seine Wohnung noch nie vorgefunden. Schöne Idee, und auch was für Frauen, die sonst keinen grünen Daumen haben.
Ich liebe es, mich zu rächen. Ich kann nichts dafür, daß ich nachtragend bin. Liegt an den Genen oder dem Sternzeichen und tut mir außerdem gut. Für Gregor werde ich mir richtig Mühe geben. Um wirklich gezielt zu rächen, muß man die Schwächen und Vorlieben des Objekts kennen. Das Planen macht meistens fast mehr Spaß als das Durchführen. Aber wir werden sehen. Jetzt muß ich den Herrn erst mal finden.
Meinen Fuß wieder in den Pumps quetschen zu wollen ist aussichtslos. Der ist mindestens verstaucht. Ab mit dem ramponierten Treter in die Handtasche. Der Fuß wummert und klopft. »Egal, Schnidt. Gejammert wird später«, nehme ich mir einigermaßen tapfer vor und schiebe mich im
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