Frisch gepresst: Roman (German Edition)
bezogen. Der Wechsel ist ein Wagnis, aber was muß, das muß.
Ich ordne auf dem Weg mein Samtkleid, das hinten wenig schmuckhaft in der Unterhose hängt, und werfe einen verstohlenen Blick in den Spiegel. Lippenstift ade, ansonsten alles noch vorzeigbar. Der Übergang gestaltet sich vortrefflich. Wir machen da weiter, wo wir aufgehört haben. Wie es sich für einen dieser neuen Männer gehört, erkundigt er sich vorsichtig nach der Verhütungsfrage: »Ähm, wie sieht es aus, nimmst du, also ich meine verhütest du? Pille und so«, kommt es ein wenig stammelnd, während er, durchaus nicht unbeholfen, meine Brustwarzen liebkost. Das Samtkleid hängt mir mittlerweile wie ein voluminöser Schalkragen komplett in Halshöhe. Wäre auch mal ’ne schöne Schlagzeile: Frau im wilden Liebesrausch erstickt an Samtkleid in Größe 42. Sichtlich erleichtert hört er, daß ich die Pille nehme. »Kondome sind auf dem Nachttisch. In dieser kleinen Schachtel«, gebe ich ihm dezente Anweisungen. Ohne ist bei mir nicht drin. Nur Deppen vögeln mit an sich Fremden ohne. Ich finde Kondome auch nicht besonders störend.
Sabine hat mir neulich erzählt, daß ihre Freundin, ein eher unscheinbares Modell übrigens, die Dinger mit dem Mund aufrollen und dem Typen überstülpen kann. Woher weiß sie das eigentlich? Gibt die etwa damit an? Hat sie es an der Volkshochschule gelernt? Also, das geht mir definitiv zu weit. Allein der Gedanke. Und wo soll man üben? Am Objekt? Oder einem Dildo? Wirkt auch arg professionell. Und wozu haben Männer zwei Hände? Um sich das Ding eben mal selbst überzuziehen. Irgendwas können sie ja auch zur Verhütung beitragen.
Ich reiche ihm galant eines rüber. Sein Schwanz gehört zur Kategorie guter Durchschnitt. Kein Modell Zwergenbleistift, aber auch kein Pferdepimmel. Wer will schon Angst haben, daß sie zwischen Bauchnabel und Rippen wieder rauskommen? Schön sind die Dinger ja ehrlich gesagt überhaupt nicht. So was wie Penisneid ist mir wirklich fremd. Tut mir leid, Herr Freud. Dieses Gehänge wäre nichts für mich. Christoph weiß immerhin was damit anzufangen. Wir schieben eine feine Missionarsstellungsnunmmer. Nichts Ausgefallenes. Kein krampfhaftes Bemühen um Orginalität. Und er lacht sogar im Bett. Hat offensichtlichen Spaß. An mir. Meinem Körper. Ich mag diesen schnörkellosen Sex. Gott sei Dank, ist er keiner dieser Männer, die im Bett zuviel denken.
Das hier ist Sex, nicht deine Selbsterfahrungsgruppe, hätte ich damals zu Volkmar sagen sollen. Volkmar, der, bevor es endlich mal zu Sache ging, 3,5 Stunden an mir rumgeknuspert hat. Auf der Suche nach dem G-Punkt. Sein Vorspiel war so ausdauernd, daß ich gedanklich schon die Einkaufsliste für den nächsten Tag durchgegangen bin. Er wollte mich halt glücklich machen. Hat mich aber nur gräßlich gelangweilt. Jeden einzelnen Zeh abgeschmatzt. Mir fehlt Spülmittel, ist mir dabei gedämmert. Bei seiner Wadenmassage war ich bei den Frühstücksflocken. Klopapier sollte ich auch besorgen. Mangelnde Präzision konnte man Volkmar nicht vorwerfen. Nicht so artistisch ausgefallen wie Lars, eher die ganz sanfte Variante. Die, bei der man aufpassen muß, nicht einzuschlafen. Autogener Sex. Und ich hatte passiv dazuliegen. Und zu genießen. Habe in meiner Verzweiflung schon angefangen, die Querlinien in der Tapete zu zählen. Zwei Spinnweben in der Schrankecke entdeckt. Mit anderen Worten, Volkmar war echt nicht der Bringer. Aber bemüht.
Da ist Christoph schon ein anderes Kaliber. Wirklich. Bei der anschließenden gemeinsamen Dusche starte ich einen neuerlichen Versuch. Christoph ist willig, allerdings mehr mental. Körperlich geht nichts mehr. Fertig. Er grinst: »Mein Willi will nicht mehr, du hast ihn geschafft.« Warum nur nennen Männer ihr Teil Willi oder Henry oder großen Bruder oder kleinen Schlingel oder bestes Stück? Um sich richtig lächerlich zu machen? Oder um ihr gutes, unverkrampftes Verhältnis zu ihrem Pimmelchen zu zeigen? Um uns wissen zu lassen, daß »er« zum Wichtigsten in ihrem Leben gehört? Als wäre uns erfahrenen Frauen über 30 das nicht längst klar.
Schüchtern fragt er an, ob er vielleicht bei mir übernachten darf. Ein gutes Zeichen. Wenn sie nach der ersten Nummer nichts mehr wollen als heim, dann ist das für eine langjährige Beziehung nicht sehr vielversprechend.
Obwohl so ein Morgen nach der ersten gemeinsamen Nacht auch was Komisches hat. Sabine kann es überhaupt nicht ab, wenn ihre Lover bei ihr
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