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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ein Wochenende nach Disneyland. Ohne Partner. Nur wir lieben Kollegen. Damit wir uns auch privat besser kennenlernen. Mit Partner wäre meinem Chef sicher auch zu teuer gewesen. Großzügigkeit ist nicht gerade seine Stärke. Sprüche wie: »Wer den Pfennig nicht ehrt … « gehören zu seinem Standardrepertoire. Disneyland Paris war eines ›der‹ Erlebnisse für mich in den letzten Jahren. Streberausflug haben die, die nicht mitdurften, unseren kleinen Wochenendtrip genannt. Natürlich nichts als purer Neid. Aber seit diesem Trip bemühe ich mich, nur ja nicht mehr zu den Ausgezeichneten der Firma zu gehören. Nicht nur, daß ich mit der Brischek aus der Honorarabteilung ein Zimmer teilen mußte; der Gratz vom Einkauf hat uns nach der großen Parade und dem mindestens so großen Umtrunk noch galant vors Zimmer gekotzt, und beim Frühstück mit den Disneyfiguren, dem sogenannten Highlight des ganzen Ausflugs, hat uns ein gieriges Kerlchen im Plutokostüm ständig an den Hintern gelangt. Als ich ihm beim dritten Mal richtig ein paar gelangt habe, haben mich die anwesenden Kinder aus mindestens 7 Nationen durch Schreien, Spucken und Mit-dem-Finger-Zeigen an den Pranger gestellt, als wäre ich eine miese Tierschänderin. Unsere Hotelzimmer, Kategorie 3, im Cowboylook gehalten, mögen für Kinder bis 51/2 eine gewisse Faszination ausüben, für Erwachsene sind Doppelstockbetten per se kein Abenteuerurlaub mehr. Vor allem nicht, wenn die Brischek oben schläft und nachts, wahrscheinlich wegen beginnender Inkontinenz, etwa zehnmal rausmuß. Jedesmal dachte ich, ein Erdbeben ist im Anmarsch. Bis sich gute 95 Kilo aus einem Etagenbett gewälzt haben, das dauert. Ich bin noch heute froh, daß der Lattenrost gehalten hat. Ein Alptraum war das. Und ob es Spaß macht, mit Leuten, mit denen man normalerweise freiwillig nicht U-Bahn fährt, stundenlang an einer fiesen Achterbahn anzustehen und dann, bei der gemeinsamen Fahrt, den Angstschweiß vom schleimigen Burkhard, dem pickeligen Azubi, zu riechen, ist eine weitere Sache, die gegen jegliche Ausflüge spricht. Auch vom Shoppingwert her war das Ganze ein denkwürdiges Ereignis. Irre lustig fand Laschik vom Import/Export die Idee, daß wir alle, damit wir uns nicht verlieren, diese niedlichen Mickeyohren aufsetzen. Schwarze Plastikdinger auf einen ebensolchen Haarreif montiert. Die Fotos, 10 Erwachsene mit Mickeyöhrchen, bei den Frauen noch mit Schleifchen verziert, Modell Minnie, lassen mir noch heute die Schamesröte ins Gesicht steigen. Apropos Schamesröte und steigen: Wer mir da ins Etagenbettchen gekrabbelt ist, daran möchte ich heute nicht einmal mehr denken. Ein Mann, den ich in normalem Zustand nicht mal genauer anschauen würde. Von allem anderen gar nicht zu sprechen. Gott sei Dank war ich so jenseits von allem, daß ich mich an den Akt an sich kaum mehr erinnern kann. Daß er ein Jahr später die Firma verlassen hat, war ein wirklicher Glücksfall.
    Seit diesem netten Wochenenderlebnis kann ich kein Mickymausheft mehr lesen, ohne fast die Krise zu kriegen.
    »Geht’s Ihnen nicht gut«, werde ich gefragt. Ein Weißkittel, den ich nicht kenne, guckt mich besorgt an. »Wie es einem so nach Entbindungen geht«, gebe ich leicht pikiert zurück. »Wie war noch gleich Ihr Name?« schiebe ich hinterher. Selbst bei Kassenpatienten könnten sich die Damen und Herren Mediziner doch vorstellen. Gutes Benehmen läßt sich zwar nicht abrechnen, kostet sie aber auch nichts. Mit süffisantem Grinsen stellt sich der Kerl vor. »Marek, mein Name, und die jungen Damen und Herren hinter mir sind einige Studenten, die ihre ersten Untersuchungen hier machen sollen.« Ich bin baff. Nie mehr Kassenpatientin. Egal wobei. Soll ich hier tatsächlich wie ein wehrloses Häschen vorgeführt werden? Von unbeholfenen Studenten, die grade mal wissen, wo oben und unten ist, betatscht werden? »Na warte, Marek«, denke ich mir. Das schlimmste ist, daß mir eine dieser ergebenen Kreaturen hinter dem Halbgott Marek verdammt bekannt vorkommt.
    »Mischi, bist du’s?« rutscht es mir raus. Mischi aus meiner Parallelklasse. Der uns immer damit imponieren wollte, daß er Ameisen zertreten und Spinnen die Beine ausgerissen hat. So einer ist jetzt anscheinend Arzt. Phantastisch. Er ist es, eindeutig. So, wie er jetzt zu mir runterstrahlt. Mischi. Michael Peinen, dessen Eltern diese Neureichenmetzgerei hatten. Die aussah wie eine Fleischboutique. Die für jede Klassenparty Hunderte von Frikadellen

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